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Die jungen Rebellen

Titel: Die jungen Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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und von dem Schauspieler, die deiner nicht würdig waren. Natürlich habe ich dich geliebt … Aber das war nicht dasselbe, Tibor, wie das, wovon Havas gesprochen hat, jetzt weiß ich, daß es nicht das war. Ich habe für dich gebetet, habe einen ganz besonderen Vertrauten, den Mandarin, den du nicht kennst, unbeteiligt und gerecht…, zu ihm habe ich gebetet, daß du immer schön bleiben sollst, so leicht und elegant, und daß du dich retten kannst aus dieser Schweinerei, die unsere Väter und Brüder jetzt anrichten. Und ich habe gebetet, daß du immer so vornehm und liebenswert bleibst, daß nichts Störendes und Kompliziertes an dir sein soll, daß du rot werden kannst, wenn dich jemand anspricht. Das Gefühl, daß ich dich liebe, war verworren und schmerzlich und erniedrigend, aber ich hatte keinerlei Hintergedanken, keinen. Glaubst du mir? Und jetzt, nach all dem, weiß ich nicht einmal mehr, ob es auf dem tiefsten Grund, dort, wo hinab ich nicht blicken kann, wirklich so einfach und rein und uneigennützig war, wie ich glaube. Aber ich wußte von nichts, Tibor, glaub mir. Wir mußten zusammenkommen, weil uns etwas zueinander hingezogen hat, und du warst für mich der Inbegriff von Freundschaft und Schönheit, das Ideal, wenn du so willst, aber du brauchst keine Angst zu haben, nie hab ich so an dich gedacht. Vielleicht habe ich gern dein Haar berührt, aber das war schon alles. Nein, nein, nein!« schreit er und setzt sich auf. »Ach, Tibor, was war das? Warum geschieht uns das? Sieh dich um, dieses Zimmer, die Dinge, die wir gestohlen, und alles, was wir hier gesprochen und gespielt haben, siehst du denn nicht, was das Ganze war?« Er spricht leidenschaftlich, fiebrig, preßt seine Hände gegen das schmale Gesicht. »Man konnte die Erwachsenen nicht ertragen, wie sie gelogen, uns gequält haben, und wie sie vor uns alles verheimlichten und verbargen, als ob sie ein Recht dazu hätten, als ob ihre Welt die Welt der Güte, der Reife und des Wissens wäre, und Lajos haben sie fortgeschleppt und ihm einen Arm abgeschnitten, ich weiß gar nicht, an welchem Ort, und uns haben sie mit Fremdsprachen gequält, mit höherer Mathematik und mit Moralvorschriften, indessen wetzten sie schon die Messer … Du wirst morgen einrücken, Tibor, ich aber mag nicht mit denen gehen, ich brauche die Welt der Havas und der Kikindays nicht, auch nicht die Welt deines Vaters … Lieber will ich sterben. Wir haben rebelliert, Tibor, glaubten nicht an ihre Gesetze, deshalb das Ganze. Nur deshalb das Spiel und die Lüge und das Arabesque. Wir mußten flüchten, irgendwohin, irgendwo mußten wir Rache üben an ihnen, deshalb mußte dieses Zimmer sein, der Reitsattel und der Globus! Ich habe dich gern, aber ich weiß jetzt auch, daß es etwas anderes ist als das, wovon Havas geredet hat. Ich bin dein Freund, weil du etwas hast, was ich nie haben werde … diese Leichtigkeit, du bewegst dich, sprichst anders … Ich weiß es nicht. Und wie schön alles war, das Arabesque, das Geheimnis, alles … Aber einer hat falschgespielt, darauf kommt es an. Verstehst du? Einer hat betrogen, und jetzt ist das Ganze schmutzig. Ist dir auch so übel? Ich halte das nicht aus …«
    Er beugt seinen Kopf über das Bettende, als ob er sich erbrechen müßte. Ohne anzuklopfen, wird die Tür geöffnet. Ernő und Béla treten ein, sie verriegeln die Tür mit einer schnellen Bewegung hinter sich.
    Béla ist schon beschwipst. »Wegen des Regens«, sagt er mit schwerer Zunge, »haben sich unsere Oberen und Vorgesetzten schon früh betrunken.«
     
    ~
     
    Ernő lehnt sich an die verriegelte Tür. »Wart ihr bei Havas?« fragt er. Er trägt seinen Zwicker nicht, die Hände läßt er in den Taschen. Seine Stimme klingt scharf, aggressiv, fast kreischend. Tibor macht einen Schritt auf ihn zu.
    »Du bleibst dort«, sagt Ernő im Befehlston und hält ihm den ausgestreckten Arm entgegen. »Auch du«, befiehlt er Béla, der ratlos um sich schaut. »Rühr dich nicht vom Bett«, herrscht er Ábel an. »Laßt hören. Bitte, du kannst sprechen. Was hat er gesagt? Alles?« Und als Tibor sich rührt: »Ich sagte doch, du bleibst, wo du bist. Wenn ich angegriffen werde, verteidige ich mich. Die Strafen habe ich jetzt satt. Einmal mußte es sein. Ich warte schon ein ganzes Jahr darauf. Auch deine Überlegenheit habe ich satt, Prockauer.«
    Er zieht seine Hand halb aus der Hosentasche, schiebt sie aber sofort wieder zurück. »Also, Prockauer, rede!«
    Seine Stimme klingt wie

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