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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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Jahre alt. Doch nun trennten sich ihre Wege und später auch ihre Ansichten. Ludwig Landau begann ein Jurastudium, das bedeutete einige Jahre harte Arbeit, Not und Hunger dazu, denn sein Vater, ein mittlerer Beamter, war schließlich doch noch zum Landsturm eingezogen und kurz vor Kriegsende schwer verwundet worden. Davon erholte er sich nie, ein Jahr später starb er. Ludwigs Mutter lebte von ihrer bescheidenen Pension, finanziell helfen konnte sie ihm nicht, gerade daß er bei ihr essen und wohnen konnte, solange er in München studierte.
    Die schweren Jahre schadeten ihm nicht, ganz im Gegenteil, sie machten ihn erwachsen und prägten seinen Charakter. Er war ein großer, kräftiger Bayer mit einem glasklaren Verstand und mit einem wahrhaft lebensfrohen Gemüt. Ein gläubiger Katholik dazu. Trotz aller Entbehrungen kam er glatt durch sein Studium, bestand das erste juristische Staatsexamen mit Glanz, verbrachte seine Referendarzeit in Passau, seine Assessorenzeit in Traunstein. Hier fand er seine großartige Juschi, eine Tochter aus gut betuchtem Hause, heiratete und begann seine Laufbahn als Richter.
    Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde seine Karriere unterbrochen. Zum erstenmal in seinem Leben wurde Dr. Ludwig Landau halsstarrig. Diesem Regime konnte und wollte er sich nicht anpassen. Er ließ sich 1936 in Traunstein als Anwalt nieder und kam ohne großen Schaden durch die schlimme Zeit, auch hier voll unterstützt von seiner Frau. Nach dem Krieg machte sich seine Haltung natürlich bezahlt; er brachte es zum Oberlandesgerichtspräsidenten, ein hoch angesehener und allseits beliebter Mann.
    Seit drei Jahren lebte er im Ruhestand.
    In der Nazizeit hatte sich eine gewisse Distanz zwischen den Freunden ergeben, jedoch zu einer wirklichen Entfremdung war es nie gekommen.
    »Wirst schon sehen, wie das nausgeht«, lauteten Ludwigs Worte, wenn sie sich einmal trafen, was relativ selten geschah. Nicht daß Ferdinand je ein begeisterter Nazi gewesen wäre, das hätte seiner Herkunft so wenig entsprochen wie seiner Wesensart. Aber er stammte nun einmal aus einer Offiziersfamilie, der Vater preußischer Offizier, die Mutter aus österreichischem Offiziersadel, ein anderes Leben konnte sich der Leutnant Stettenburg auch nach 1918 nicht vorstellen. Es war auch eine schwere Zeit für ihn, eine Zeit bitterster Not, jeder Versuch, auf irgendeine zivile Art Geld zu verdienen, scheiterte kläglich. Schließlich übernahm ihn die Reichswehr, und von seinem Standpunkt aus konnte er später den Aufbau der Wehrmacht unter den Nationalsozialisten nur begrüßen. Er war Offizier der Wehrmacht, Offizier Adolf Hitlers, kein gläubiger Anhänger der Partei, jedoch stand er ihr und Hitler loyal gegenüber. Er machte den Frankreich-Feldzug mit, kämpfte dann in Rußland, er war niemals ein Etappenhengst, immer ein Frontoffizier. Er avancierte planmäßig, doch daß er den Krieg nicht als General, sondern als Oberst beendete, hatte seinen Grund darin, daß er dem Führer beziehungsweise einem Befehl von oben den Gehorsam verweigert hatte. Einmal, aber standhaft bis zur Selbstaufgabe. Das beendete seine Karriere.
    Bei Stalingrad war er verwundet worden, zu seinem Glück noch ehe der Kessel geschlossen war; er wurde ausgeflogen, obwohl man ihn als Todeskandidaten ansah. Es war ein Kopfschuß, der ihn beinahe ums Leben brachte. An den Kopfschmerzen, einer Folge dieser Verwundung, litt er bis zum heutigen Tag.
    Als er aus dem Lazarett entlassen war, seinen Erholungsurlaub hinter sich hatte, gab man ihm in Polen die Kommandantur in einer kleinen Stadt, ein verhältnismäßig ruhiger Posten zu jener Zeit. Doch hier kam er nun erstmals persönlich mit dem Elend der polnischen Bevölkerung, mit dem grauenvollen Schicksal der Juden in Berührung. Als man von ihm verlangte, daß er den Bürgermeister der Stadt erschießen lassen sollte, weil man bei ihm versteckte Juden gefunden hatte, kam es zu jener einzigen Gehorsamsverweigerung seines soldatischen Lebens. Er meldete sich sofort zurück zur Front. Dem Bürgermeister und seinen Freunden hatte er das Leben nicht retten können, das nicht, aber auf sein Kommando hin waren die unglücklichen Menschen nicht getötet worden.
    Er entging der russischen Gefangenschaft, doch die Amerikaner brachten ihn in ein Lager, in dem er lange Zeit verbringen mußte. Greueltaten, Kriegsverbrechen irgendwelcher Art konnte man ihm nicht nachweisen, und er war zu stolz, jenes Ereignis in Polen zu seiner

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