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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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etwas drinstand. Er ging übrigens die acht Kilometer immer noch zu Fuß, hin und zurück, wenn nicht gerade mal das Postauto zu ihnen herauskam. Manchmal nahm ihn auch die Algerierin in ihrem kleinen Auto mit, wenn sie zum Einkaufen fuhr. Allein das war ein Grund, sich mit ihr gut zu stellen. Chariot hatte auch ihren Freund schon gesehen, oder wer immer der hübsche junge Mann war, der sie manchmal besuchte. Zur Ferme kam er selten, aber sie trafen sich öfter in Lassange, wie Chariot in der Bar erfuhr, wo die beiden gelegentlich saßen. Von dort aus telefonierte die Algerierin auch mit ihrem Freund, und wenn sie telefoniert hatte, dann kam er immer kurz danach. Das berichtete der Patron. Übrigens kam er in einem sehr schönen, großen Auto, und wenn sie mit ihm fortfuhr, blieb ihr kleines Auto auf dem Platz vor der Bar stehen. Sie blieb nie lange fort, schließlich mußten die Tiere versorgt werden, in der Hinsicht war sie zuverlässig. Als sie einmal länger fortgewesen war, fast ein halbes Jahr lang, hatte Chariot die Ziegen und die Hühner versorgt.
    Natürlich wußten sie in Lassange, wer sie war und wo sie wohnte, genau wie sie wußten, was sich in der Ferme alles abgespielt hatte. Während des Krieges ein Versteck für den Maquis, und Ende der fünfziger Jahre ein Versteck für die OAS, und wenn man sich vorstellte, daß da oben vielleicht die Attentate auf General de Gaulle vorbereitet worden waren, dann wurde es den Leuten in Lassange mulmig zumute. Sie mochten den General im großen und ganzen sehr gern, nur daß er ihnen die pieds noirs ins Land gebracht hatte, in den Nacken gesetzt hatte wie Läuse, so nannte es der Boulanger, das konnten sie dem General schwer verzeihen.
    Keiner im Land mochte die Algerienflüchtlinge, die für sie keine richtigen Franzosen waren und dazu ungeheure Ansprüche stellten, weil man ihnen die Heimat genommen hatte, woran, davon waren sie überzeugt, de Gaulle schuld war, den sie haßten.
    »Er ist nicht schuld«, sagte der Patron der Bar von Lassange. »Es ist doch überall heute so in den Kolonien. Was war denn in Indochina, hein? Haben sie da nicht genügend von unseren Jungs umgebracht? Und ganz vergebens. Elend verreckt sind sie, und jetzt führen die Amerikaner dort Krieg. Wird genauso ausgehen. Und wenn sie zehnmal sagen, Algerien war keine Kolonie, sondern ein Stück Frankreich, so ist es eben doch Afrika, und die Leute, die dort hingehören, sind Araber. Einen anderen Glauben haben sie auch. Also! Konnte auf die Dauer nicht gutgehen.«
    Die Greuel des algerischen Bürgerkrieges lagen noch nicht so lange zurück, daß man sie vergessen hätte. De Gaulle hatte den Krieg beendet. Und seitdem hatte man die pieds noirs im Land. Die colons, wie sie sich drüben stolz genannt hatten. Drüben, so sagten sie. Es war eben doch ein ganzes Stück über das Mittelmeer hinweg, ziemlich weit entfernt auf afrikanischem Boden lag dieses Land, das über hundert Jahre ein Teil Frankreichs gewesen war.
    In Lassange waren die Algerienflüchtlinge kein Problem, hier war es zu still, zu bescheiden, zu armselig, hier wollten sie gar nicht leben. Hier hatten sie nur die eine, draußen in der Ferme, diese schöne Stolze mit den funkelnden Augen. Drunten an der Küste hatten sie dagegen Probleme genug mit den pieds noirs, wie man hier und da hörte. Gut, daß Lassange so ein harmloser Ort war, nicht besonders hübsch, ohne irgendwelche Sehenswürdigkeiten. So blieb man auch weitgehend verschont von Touristen.

Dido
    Danio kam lange nach Mitternacht. Es war eine heiße, schwüle, tiefdunkle Nacht, kein Luftzug regte sich, sogar die Zikaden waren verstummt. Im Westen zuckten Blitze über die Berge. Dido konnte nicht schlafen, keiner konnte schlafen in solch einer Nacht. Eine Weile lag sie nackt auf ihrem breiten niedrigen Bett, dann stand sie wieder auf, zog ein kniekurzes Strandkleid aus rotem Leinen an, aß zuerst zwei von den Pfirsichen, die sie aus Cannes mitgebracht hatte, dann öffnete sie eine Flasche Wein. Sie warf sich bäuchlings auf das Lager in ihrem Wohnraum und streute die illustrierten Blätter und die Modehefte um sich, die sie gleichfalls mitgebracht hatte. Die Ungewißheit erschien ihr unerträglich, wie schon den ganzen Tag zuvor. Wo war Danio, was war geschehen, warum kam er nicht?
    War sie wieder da? War er allein in der rosenfarbenen Villa in Cap d'Antibes?
    Sie war schon früh am Morgen nach Cannes gefahren, weil sie es in ihrer Einsamkeit nicht mehr aushielt. Zuerst

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