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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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schwitzenden Männer, diese dicken Frauen. Was für gräßliche Leute! Wer kam auch schon um diese Jahreszeit an diese Küste.
    Es war heiß und drückend, vom Meer kam nicht die kleinste Brise, kein Segel war auf dem Wasser zu sehen.
    Besser, sie fuhr wieder hinauf. Droben bei ihr am Berg ließ es sich freier atmen.
    Nicht an diesem Abend, nicht in dieser Nacht. Wenn das Gewitter näherkam und Regen mitbrachte, würde es besser sein.
    Sie ging mehrmals vor die Tür, um nach den Blitzen zu sehen, zu lauschen, ob schon Donner zu hören war. Kam das Gewitter ohne Regen, wurde es gefährlich. Wenn der Blitz einschlug, brannte der Wald, brannte der Maquis, es war lange trocken gewesen. Sie hatte immer Angst davor, daß sie eines Tages hier oben von Flammen eingeschlossen sein würde.
    Danio hatte sie ausgelacht, als sie einmal davon sprach. »Du und Angst? Du hast vor nichts und niemand Angst. Und nach Lassange kommst du immer noch mit dem Wagen hinunter.«
    Nicht, wenn das Feuer zwischen der Ferme und Lassange ausbrechen würde.
    Sie hob mit beiden Händen das Haar aus dem Nacken. Es würde regnen in dieser Nacht. Der Lavendel duftete so betäubend, wie er es nur vor Regen tat.
    Und da! Es blitzte schon viel näher, sie hörte fernen Donner. Das Gewitter war über die Rhône gezogen, dann kam es auch hierher. An Schlaf war nicht zu denken, auch wenn es schon drei Uhr war. Sie würde eine zweite Flasche Wein trinken.
    Nicht lange danach kam er.
    Und brachte das Mädchen mit.

Gewitternacht
    Sie hatte den Wagen nicht gehört, er mußte lautlos den steinigen Pfad heraufgeschlichen sein. Die Tür ging auf, da stand Danio, schweißglänzend die Stirn, grau unter der Bräune, total erschöpft.
    »Chéri!« rief sie erschrocken, sprang auf und lief zu ihm. »Wie siehst du aus? Was ist geschehen?«
    Er umschloß sie mit beiden Armen und legte das Gesicht in ihre Halsbeuge. Sie merkte, daß er zitterte.
    »Danio! Was ist los? Hast du einen Unfall gehabt?«
    Nun richtete er sich gerade auf, richtete den Blick zur Decke. »Madonna mia! Grazie a Lei! Grazie!«
    Dann faßte er ihre Hand und zog sie zum Haus heraus. »Schau, was ich mitgebracht habe.« Es war stockdunkel draußen, man sah kaum den Wagen, alle Lichter waren ausgeschaltet. Durch das Dorf war er ohne Licht gefahren, das letzte Stück herauf nur mit dem Standlicht.
    »Ich hätte keinen Kilometer mehr fahren können«, sagte er. »Da schau!«
    Er öffnete den Wagenschlag, griff hinein und knipste für einen Augenblick die Innenbeleuchtung an.
    Auf dem Beifahrersitz, ganz zusammengesunken, saß eine schmale Gestalt; Dido sah ein totenblasses Gesicht, blondes Haar, sie wußte sofort, wer das war.
    »Ist sie tot?« fragte sie mit hoher schriller Stimme.
    Danio fuhr gereizt herum. »Warum sollte sie tot sein? Sie ist nur genauso erledigt wie ich, wir sitzen seit heute nachmittag drei Uhr in diesem Karren.«
    Er streckte die Hand aus und berührte das Mädchen sanft an der Schulter.
    »Mia poveretta!« sagte er zärtlich. Und dann auf deutsch: »Komm, steig aus! Wir sind da.«
    Er beugte sich zu ihr, zog sie vorsichtig aus dem Wagen, hielt sie fest, denn sie taumelte, als sie auf den Füßen stand.
    »Du mußt uns vor allen Dingen etwas zu trinken geben«, sagte er zu Dido. »Ich habe nur zweimal unterwegs Kaffee für uns besorgt. Ich wagte nicht, in eine Raststätte hineinzugehen. Nur zur Toilette mußte ich sie natürlich auch mal gehen lassen, aber ich paßte genau auf, daß sie nicht entwischte.«
    »Du … du hast sie entführt?«
    »Sie ist freiwillig mitgekommen. Aber sie wußte nicht, wohin ich fuhr.«
    Obwohl sie in Französisch ganz gut gewesen war, verstand Virginia kein Wort von den rasch gewechselten Sätzen. Sie war auch viel zu müde, um zuzuhören. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand, zwischen Ventimiglia und Menton hatte sie geschlafen, der Grenzbeamte hatte einen flüchtigen Blick auf sie geworfen, den Paß, den Danio ihm reichte, wollte er gar nicht sehen. Österreich hatten sie über Tarvisio verlassen, da war es noch heller Tag, aber es war Reisezeit, ein Wagen hinter dem anderen, man winkte ihn durch mit seinem Alfa Romeo mit der Mailänder Nummer.
    Auf italienischem Boden angelangt, atmete er auf. Die kurvenreiche Straße in die Ebene hinunter erforderte seine ganze Aufmerksamkeit, doch von Udine an konnte er endlich voll aufdrehen.
    »Wo fahren wir eigentlich hin?« hatte Virginia einmal gefragt, »wir sind doch in Italien.«
    »Wir fahren zu

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