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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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gleich, wie sie auf den Brief reagiert. Sie kann ja nicht einfach dahinfahren nach …«, Juschi schob die Brille wieder auf die Nase. »Klingt nach einer feinen Adresse, nicht? Mas Maurice, Cap d'Antibes. In Antibes waren wir auch schon mal, auf der Durchfahrt, weißt noch? Wie wir mal die ganze Riviera entlanggefahren sind? Ist mindestens schon zehn Jahre her.«
    Ludwig Landau machte sich nicht allzuviel aus dem Mittelmeer. Er ging am liebsten in die Berge, in die bayerischen, oder nach Österreich, die Schweiz durfte es auch sein, er war beteiligt an einem Jagdrevier in Niederbayern, und dort hielt er sich am liebsten auf. Sie hatten sich alles angesehen, was ein halbwegs gebildeter Mensch gesehen haben mußte, die Toscana, Rom, Capri, Burgund, die Riviera, und nun taten sie nur noch, was ihnen Spaß machte.
    Dafür gondelten die Kinder pausenlos in der Welt herum; Clemens, der Journalist, sowieso von Berufs wegen, Angela weilte mit Mann und den beiden Kindern zur Zeit an der Adria, nur Johannes war dieses Jahr dageblieben, das Baby war noch zu klein. Außerdem war seine große Leidenschaft das Skilaufen, er ging, wenn es möglich war, meist im Winter in Urlaub.
    Tochter Angela und Mann sowie die beiden Kinder, zwei und vier Jahre alt, ein Bub und ein Mädchen, sollten in der nächsten Woche aus Italien zurückkommen und dann, wie immer in diesem Fall, einige Tage bei den Eltern verbringen. Damit sie sich, wie Juschi sagte, von den Ferien erholen konnten.
    Sie war absolut nicht einverstanden mit ihrer Tochter, daß sie die kleinen Kinder in den heißen Sommermonaten so weit verschleppte, die lange Autofahrt, die Hitze, die vielen Menschen an der Adria, wovon man ja immer las und hörte. Vielleicht war bis dahin auch Clemens zurück, der nach Paris geflogen war, um zu schauen, ob von Barrikaden, gefällten Bäumen und zertrümmerten Fassaden noch etwas zu finden sei. Den Höhepunkt der Unruhen, im Mai und Juni, hatte er verpaßt, da war er noch in Vietnam.
    Alles in allem hoffte Juschi, ihre Kinder und – soweit vorhanden – Enkelkinder wieder einmal für ein paar Tage auf einem Fleck versammelt zu haben. Dies war der erste Grund, warum sie die geplante Reise zu Virginia erst einmal verschob.
    Der zweite Grund war der, daß Angelas Sohn, der Zweijährige, heftig erkrankt war auf der Rückfahrt, irgendeine Infektion: mit hohem Fieber kam er im Hause Landau an.
    »Sixt es«, sagte Juschi erbost zu ihrer Tochter, »ich hab's dir gleich gesagt, man fährt mit so kleinen Kindern nicht in der Welt umeinand.«
    Der Kleine blieb bei Landaus, bis er sich wieder erholt hatte, was bei Juschis Pflege bald geschah, aber es dauerte immerhin zwei Wochen, bis sie ihn nach Nürnberg bringen konnte. Da blieb sie dann noch ein paar Tage, und als sie zurückkam, war Clemens da und hatte eine Pariser Freundin mitgebracht, der er partout München zeigen wollte, aber gleich darauf sollte er für eine Illustrierte nach New York fliegen, also mußte Juschi den Cicerone spielen, was sie nicht ungern tat, sie sprach ganz gut französisch, ein bißchen eingerostet natürlich, eine gute Gelegenheit, es aufzupolieren.
    So vergingen vier Wochen, bis sie sich endlich auf die geplante Reise zu Virginia begab. Denn vergessen hatte sie ihr Vorhaben natürlich nicht. Sie vergaß nie etwas, was sie sich vorgenommen hatte. Als sie dann dort war im Kloster und erfuhr, was mit Virginia geschehen war, bedauerte sie die Verzögerung aus tiefstem Herzen.
    Juschi Landau und die Frau Oberin verstanden sich auf Anhieb. Nun wurden endlich die fehlenden Teile des Puzzles zusammengesetzt.
    »Ein ganz klarer Fall«, meinte Juschi. »Virginia ist von ihrer eigenen Mutter entführt worden.«
    »Aber es war ein Mann, mit dem sie fuhr.«
    »Den hat sie halt geschickt.«
    »Ich begreife nur eins nicht«, sagte die Oberin, »warum diese Mutter, wenn es sie also gibt, nicht selbst hergekommen ist?«
    »Hätten Sie ihr denn geglaubt, wenn sie gekommen wär und gesagt hätte, sie sei Virginias Mutter?«
    »Ich hätte natürlich bei Herrn Stettenburg-von Maray zurückgefragt.«
    »Sehen Sie! Das hat sie sich gedacht.«
    Das erschütterte Juschi am meisten: daß Virginia all ihr Leben lang im Glauben gelebt hatte, ihre Mutter sei tot. Und wieder einmal bedauerte Juschi zutiefst, daß sie mit dem toten Ferdl nicht mehr reden konnte. Sie hätte ihm gern, und zwar recht deutlich, ihre Meinung gesagt.
    »Virginia muß ja total verwirrt gewesen sein, als sie hörte, sie hat

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