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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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gewesen ist, eigentlich kann ich es mir selber nicht genau erklären, denn zumindest in den letzten zehn Jahren hätte ich mich um Dich kümmern sollen. Ich will nicht viel unnütz drüber schreiben, vielleicht kann ich Dir manches erklären, wenn wir uns sehen. Darum möchte ich Dich bitten, daß Du mich bald einmal besuchst. Oder Du schreibst mir einfach, wann und wo wir uns treffen können. Sollte Dich dieser Brief rechtzeitig zu Deinem Geburtstag erreichen, so möchte ich Dir auch noch herzlich gratulieren.‹
    Die Unterschrift lautete Anita Henriques, und in Klammern dahinter stand: Deine Mutter.
    Juschi rümpfte die Nase.
    »Viel Hirn hat diese Anita wohl nie im Kopf gehabt. Ist immer dasselbe Kreuz mit schönen Frauen. So einen Brief zu schreiben an eine Tochter, die man das letztemal gesehen hat, als sie ein Baby war. An eine Tochter also, die ihrerseits von der Mutter überhaupt keine Vorstellung haben kann. Nicht das geringste bissl Ahnung von dieser Mutter. Meinst denn, daß der Ferdl ihr viel erzählt hat von Anita?«
    »Du kannst Gift darauf nehmen, daß er das nicht getan hat.«
    »Denk ich mir auch. Aber wie ist das alles zustande gekommen, das möcht ich gern wissen. Wieso hat er den Brief in der Tasche, wenn er grad von Virginia kommt? Und wie kommt er überhaupt zu dem Brief? Hast du denn gewußt, daß die zwei Verbindung haben, der Ferdl und die Anita?«
    »Nix weiß ich. Und wie du grad gesagt hast, fragen können wir ihn nicht mehr.«
    »Hättn wir doch die Goaß da fragen sollen?«
    »Wen bitte, meinst du?« fragte Ludwig streng.
    »Weißt eh, wen ich mein. Seine Frau, die Mechthild oder wie's heißt. Die Schau, die's gemacht hat aus der Beerdigung. Rechts und links hat's sich auf ihre Buben gestützt, in Schwarz von Kopf bis Fuß. Glaubt doch eh kein Mensch, daß sie den Ferdl gern gehabt hat.«
    »Juschi, sei nicht so selbstgerecht. Wir wissen wenig über diese Ehe. So gut wie gar nichts.«
    »Sixt es. Und das sagt schon alles. Wenn zwei Menschen gut miteinander leben, dann reden sie auch voneinander. Hab ich recht oder net? Ich red immer von dir.«
    Ludwig seufzte.
    »Du vielleicht nicht von mir?« fragte sie kriegerisch.
    »Gelegentlich. Wenn es sich nicht umgehen läßt.«
    Sie lächelte friedlich, wedelte mit dem Brief vor seiner Nase herum und sagte: »Mich kannst net ärgern. Du net.«
    »Das dacht ich mir eh.«
    »Jetzt red von dem Brief. Das ist ein blöder Brief, darüber sind wir uns einig. Andererseits, ich seh's ja ein, es ist schwierig, in so einem Fall einen Brief zu schreiben. Aber was ich wissen möcht – warum hat er dir den Brief gegeben?«
    »Ich kann mir das ganz leicht erklären. Er hat den Brief von Anita erhalten und sollte ihn Virginia geben. Und das hat er nicht getan.«
    »Ah, so meinst du das! Und warum hat er ihn ihr nicht gegeben?«
    »Du kennst den Ferdl. Du kennst das ganze Drama mit Anita. Er war nun mal nicht der Mensch, der vergibt und vergißt.«
    »Und weißt, warum? Weil halt seine zweite Ehe auch unglücklich war, sag ich ja grad. Wenn er nämlich glücklich gewesen wär mit der Goaß da droben, dann hätt er die Anita vergessen können. Und wär damit fertig geworden. Ach, der arme Ferdl!«
    »Es hat ihn bedrückt, daß er dem Mädchen den Brief nicht ausgehändigt hat. Drum hat er mich rufen lassen. Wahrscheinlich hätt er schon gern am Abend, als er hier war, darüber gesprochen. Nur konnt er da wieder einmal nicht über seinen Schatten springen. Muß er erst auf den Tod daliegen, bis er's kann.«
    »Also er war dort«, kam Juschi zur Sache, »hat Virginia den Brief nicht gegeben, dann hat ihn das Gewissen gedrückt, und er hat ihn dir gegeben. Damit du ihn ihr gibst?«
    »So ist es wohl gemeint. Eins kann man wohl aus dem Vorgang schließen, daß Anita nicht weiß, wo sich ihre Tochter befindet. Sonst hätte sie wohl direkt an das Kloster geschrieben. Und sie hat auch bisher nie Verbindung zu ihrer Tochter gehabt oder gesucht.«
    »Gesucht vielleicht schon. Warum hätt er sonst den Brief gehabt?«
    Sie waren sich beide einig darüber, daß es Unsinn sei, den Brief einfach in ein zweites Couvert zu stecken und an Virginia zu schicken. Vom Tod ihres vermeintlichen Vaters würde sie ja inzwischen erfahren haben, und nun durfte man sie nicht noch mit einem Brief überfallen, dessen Herkunft und Umweg sich so schwer erklären ließ.
    »Ich mach das, ich fahr hin und red mit ihr. Sobald die Kinder weg sind. Ich wollt sowieso hinfahren. Und da seh ich

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