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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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vor den beiden Uniformierten zu sitzen.
    »Das verriet uns Mickymaus nicht.«
    »Weiß er darüber Bescheid?«
    »Er nannte keine Einzelheiten und sagte nur, daß es heute geschehen solle.«
    »Und welche Reaktion erwarten Sie von mir? Möchten Sie mir nahelegen, den Prozeß zu vergessen und mich irgendwo zu verstecken?«
    »Wann fahren Sie zum Büro?«
    »Wie spät ist es?«
    »Fast fünf.«
    »Ich dusche nur und ziehe mich an.«
    »Wir warten.«
    Um halb sechs begleiteten Ozzie und Nesbit den Anwalt in seine Praxis und schlossen die Tür ab. Um acht versammelte sich eine ganze Kompanie Soldaten auf dem Bürgersteig unterm Balkon, um Brigance in Empfang zu nehmen. Harry Rex und Ellen befanden sich bereits im ersten Stock des Gerichtsgebäudes und beobachteten alles. Der Sheriff und Nesbit blieben unmittelbar neben Jake, und die drei Männer duckten sich im Zentrum einer dichten Formation aus Nationalgardisten. Sie überquerten die Washington Street und näherten sich dem Gericht. Die Pressegeier witterten etwas und schlossen sich der Prozession an.
    Die alte, aufgegebene Mühle erhob sich neben den alten, aufgegebenen Gleisen am höchsten Hügel in Clanton, etwa zwei Blocks nordöstlich des Stadtplatzes. Eine vernachlässigte Asphalt- und Kiesstraße führte daran vorbei nach unten, passierte die Cedar Street, wurde breiter und endete schließlich an der Quincy Street am östlichen Rand des Platzes.
    Der Schütze hockte in einem leeren Silo und beobachtete den zwar weit entfernten, aber deutlich sichtbaren rückwärtigen Bereich des Gerichtsgebäudes. Er saß in der Dunkelheit und zielte durch eine kleine Öffnung, davon überzeugt, daß ihn niemand bemerkte. Whisky förderte seine Zuversicht und verlieh ihm eine sichere Hand. Von halb acht bis acht hatte er mehrmals angelegt und das Gerichtsgebäude anvisiert, nun sah er Aktivität vor dem Büro des Anwalts, der den Nigger vertrat.
    Neben dem Silo stand ein abbruchreifes Lagerhaus, und dort wartete ein Gefährte in einem Pickup. Der Motor lief, und der Mann am Steuer rauchte eine Zigarette nach der anderen. Er spitzte die Ohren und rechnete damit, jeden Augenblick das Krachen von Schüssen zu hören.
    Als die vielen Soldaten zum Gericht schritten, geriet der Schütze fast in Panik. Durch das Zielfernrohr konnte er kaum den Kopf des Nigger-Anwalts erkennen, der sich noch dazu ständig von einer Seite zur anderen bewegte. Ein Meer aus grünen Uniformen und Kampfanzügen umgab ihn; Reporter eilten hin und her. Na los, flüsterte der Whisky. Es wird Zeit, für Aufregung zu sorgen. Er versuchte, sich dem Rhythmus des schaukelnden Kopfs so gut wie möglich anzupassen und drückte ab, als das Opfer zur Hintertür des Gerichts kam.
    Der Gewehrschuß hallte laut durch die Stadt.
    Die eine Hälfte der Soldaten warf sich zu Boden, und die andere packte Jake und stieß ihn unter die Veranda. Ein Soldat schrie schmerzerfüllt auf. Die Journalisten und Kameraleute gingen in die Hocke, verzichteten jedoch nicht darauf, die Ereignisse in Bild und Ton festzuhalten. Der verletzte Soldat tastete nach seinem Hals und schrie erneut. Ein zweiter Schuß, dann ein dritter.
    »Er ist getroffen!« rief jemand. Die übrigen Nationalgardisten krochen auf allen vieren zu ihrem gefallenen Kameraden. Jake hastete durch die Hintertür und floh in die Sicherheit des Gerichtsgebäudes. Im Flur sank er zu Boden und schlug die Hände vors Gesicht. Ozzie stand neben ihm und beobachtete die Soldaten durchs Türfenster.
    Der Schütze sprang aus dem Silo, warf die Waffe in den Fond des Pickup und nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Der Mann am Steuer gab Gas, und die beiden Kluxer ließen Clanton hinter sich zurück. Man erwartete sie bei einer Beerdigung im Süden von Mississippi.
    »Er ist am Hals getroffen!« schrie jemand, während die Gardisten die Reporter verscheuchten. Starke Arme hoben den Verletzten hoch und trugen ihn zu einem Jeep.
    »Wen hat es erwischt?« fragte Jake, ohne die Hände von den Augen zu nehmen.
    »Einen Soldaten«, antwortete Ozzie. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    »Ich glaube schon.« Brigance faltete die Hände hinterm Kopf und starrte zu Boden. »Wo ist mein Aktenkoffer?«
    »Liegt irgendwo dort draußen. Wir holen ihn gleich.« Ozzie zog das Funkgerät vom Gürtel und übermittelte der Zentrale Anweisungen: Alle Deputys sollten so schnell wie möglich zum Gericht kommen.
    Als keine weiteren Schüsse fielen, ging Ozzie nach draußen und gesellte sich den nervösen Gardisten

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