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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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hefteten und Buckley und Brigance und allen anderen Leuten folgten, die vielleicht etwas wußten. Sie beobachteten, wie die Journalisten am rückwärtigen Eingang des Gerichtsgebäudes auf den Angeklagten warteten, der – umgeben von Cops – ihre idiotischen Fragen ignorierte. Sie beobachteten mit wachsendem Abscheu, wie die Reporter ihre Kameras und Fotoapparate auf die Kluxer und wütenden Schwarzen richteten, immer auf der Suche nach den radikalsten Elementen, die sie anschließend als repräsentativ bezeichneten.
    Alles in allem – sie sahen dem Medienrummel zu und haßten ihn.
    »Was hat es mit dem orangefarbenen Zeug in ihrem Gesicht auf sich?« fragte Tim Nunley und blickte zu einer Reporterin, die am Fenster saß. Jack Jones schob sich eine Kartoffel in den Mund, kaute und musterte die Frau.
    »Ich glaube, man benutzt so etwas für die Kameras. Dadurch sieht ihr Gesicht im Fernsehen weiß aus.«
    »Aber es ist doch schon blaß genug.«
    »Ja, ich weiß. Aber auf der Mattscheibe sieht es nur weiß aus, wenn's vorher mit orangefarbener Creme eingeschmiert wird.«
    Nunley blieb skeptisch. »Und was benutzen Nigger bei Fernsehauftritten?« fragte er.
    Darauf wußte niemand eine Antwort.
    »Haben Sie die Reporterin gestern abend in den Nachrichten gesehen?« erkundigte sich Jack Jones.
    »Nein. Für welchen Sender arbeitet sie?«
    »Für Kanal Vier aus Memphis. Gestern abend hat sie Cobbs Mutter interviewt, und natürlich ließ sie nicht locker, bis die alte Dame einen Nervenzusammenbruch erlitt. Man zeigte die Tränen in Großaufnahme. Es war abscheulich. Am Abend zuvor ließ sie einen Kluxer aus Ohio davon erzählen, was wir hier in Mississippi brauchen. Sie ist die Schlimmste von allen.«
    Am Donnerstagnachmittag beendete Buckley die Beweisführung gegen den Angeklagten. Nach der Mittagspause rief er Murphy in den Zeugenstand, und die anstrengende, nervenaufreibende Aussage des Hausmeisters dauerte fast eine Stunde, weil er ständig stotterte.
    »Beruhigen Sie sich, Mr. Murphy«, sagte Buckley immer wieder.
    Dann seufzte der arme Mann und trank einen Schluck Wasser. So oft wie möglich gab er stumm Auskunft, indem er nur nickte oder den Kopf schüttelte, doch es fiel der Protokollführerin schwer, alle wortlosen Antworten aufzuzeichnen – sie saß mit dem Rücken zur Geschworenenbank und mußte sich häufig umdrehen.
    »Das habe ich nicht mitbekommen«, sagte sie, und dann trachtete Murphy danach, den einen oder anderen Satz zu formulieren, wobei er über Konsonanten wie »P« und »T« stolperte. Er stieß ein Wort hervor, und der Rest verlor sich in einem völlig unverständlichen Stottern.
    »Was hat er gesagt?« fragte sie hilflos, wenn der Hausmeister schwieg. Buckley seufzte. Die Geschworenen rutschten nervös hin und her. Viele Zuschauer kauten an den Fingernä geln.
    »Würden Sie das bitte wiederholen?« wandte sich Rufus an den Zeugen und spürte dabei, wie sein Vorrat an Geduld immer mehr zusammenschmolz.
    »Es t-t-t-t-t-t-tut mir leid«, entschuldigte sich Murphy. Es war wirklich eine Qual.
    Nach und nach stellte sich heraus, daß er in der Nähe des Hinterausgangs eine Coke getrunken hatte, als Cobb und Willard erschossen wurden. Er hatte einen Schwarzen bemerkt, der die Tür der etwa fünf Meter entfernten Abstellkammer öffnete und in den Korridor spähte, doch zu jenem Zeitpunkt dachte er sich nicht viel dabei. Als die beiden mit Handschellen gefesselten Männer nach unten geführt wurden, sprang der Schwarze plötzlich aus seinem Versteck hervor, eröffnete das Feuer und lachte. Nach einigen Salven warf er die Waffe fort und floh. Ja, er erkannte ihn wieder: Carl Lee Hailey, der nun am Tisch der Verteidigung saß.
    Noose rieb Löcher in die Gläser seiner Brille, während er Murphy zuhörte. Als sich Buckley setzte, sah der Richter zu Jake. »Kreuzverhör?« fragte er, und Verzweiflung vibrierte in seiner Stimme.
    Jake stand mit dem Block in der Hand auf. Die Protokollführerin starrte ihn an. Harry Rex zischte etwas. Ellen schloß die Augen. Die Geschworenen versteiften sich auf ihren Plätzen und warfen dem Verteidiger durchdringende Blicke zu.
    »Bitte nicht«, hauchte Carl Lee.
    »Nein, Euer Ehren, wir haben keine Fragen.«
    »Danke, Mr. Brigance«, sagte Noose und ließ den angehaltenen Atem entweichen.
    Der nächste Zeuge war Officer Rady, der als Ermittler für den Sheriff arbeitete. Er teilte der Jury mit, daß er in der Abstellkammer eine Cola-Dose der Marke Royal Crown gefunden

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