Die Jury
stand. Er wohnte an der Bennington Street. Die Anrufer wiesen auf ihre Absicht hin, am Montag im Gericht zugegen zu sein, um Ankläger und Richter zu beobachten.
Um halb eins am Montag wurde Childers in Bullards Büro gerufen, und dort wartete auch Sheriff Walls. Der nervöse Richter stapfte im Zimmer umher.
»Wie hoch soll die Kaution sein?« fuhr er Rocky an. »Keine Ahnung. Ich habe noch nicht darüber nachgedacht.«
»Glauben Sie nicht, daß es langsam Zeit wird, darüber nachzudenken?« Bullard ging hinter seinem Schreibtisch auf und ab und schritt dann zum Fenster. Aber auch dort fand er keine Ruhe und drehte sich wieder um. Ozzie schwieg und versuchte, seine Erheiterung zu verbergen.
»Warum?« erwiderte Childers unschuldig. »Es ist Ihre Entscheidung. Sie sind der Richter.«
»Danke! Herzlichen Dank! Wieviel verlangen Sie?«
»Ich verlange immer mehr, als ich erwarte«, antwortete Rocky kühl und freute sich insgeheim über Bullards Nervosität. »Und wieviel erwarten Sie?«
»Keine Ahnung. Ich habe noch nicht darüber nachgedacht.« Der Hals des Richters verfärbte sich, und er starrte Ozzie an.
»Was meinen Sie, Sheriff?«
»Nun...«, entgegnete Walls vorsichtig und zog das Wort in die Länge. »Die Kaution sollte ziemlich hoch sein. Es wäre besser, wenn die beiden Angeklagten bis zum Termin im Gefängnis blieben, zu ihrer eigenen Sicherheit. Die Schwarzen sind ziemlich unruhig. Vielleicht stößt den Jungs was zu, wenn sie entlassen werden.«
»Wieviel Geld steht ihnen zur Verfügung?«
»Willard ist pleite. Cobbs finanzielle Situation kenne ich nicht. Drogendollars lassen sich nur schwer feststellen. Möglicherweise gelänge es ihm, zwanzig oder dreißig Riesen aufzubringen. Wie ich hörte, hat er einen bekannten Anwalt aus Memphis mit seiner Verteidigung beauftragt – der Typ müßte heute in Clanton eintreffen. Cobb ist also nicht völlig mittellos.«
»Verdammt, warum erfahre ich das erst jetzt? Wie heißt der Anwalt?«
»Bernard«, sagte Childers. »Peter K. Bernard. Er hat mich heute morgen angerufen.«
»Höre den Namen zum erstenmal«, brummte Bullard so hochmütig, als seien ihm alle Anwälte im Land bekannt. Der Richter blickte aus dem Fenster, als sich Ozzie Walls und Rocky Childers zuzwinkerten. Sicher wurde eine hohe Kaution festgesetzt – sehr zur Freude der Bürgen, die entzückt zusahen, wie verzweifelte Familien ihr Geld zusammenkratzten und Hypotheken aufnahmen, um Prämien in Höhe von zehn Prozent für die Bürgschaften zu bezahlen. Bestimmt setzte Bullard eine hohe Summe fest. Typisch für ihn. Man ging kein politisches Risiko ein, wenn man hohe Kautionen beschloß und dafür sorgte, daß Verbrecher im Gefängnis blieben. Die Schwarzen wußten das sicher zu schätzen, und diesem Punkt kam große Bedeutung zu, obgleich die Bevölkerung der County zu vierundsiebzig Prozent aus Weißen bestand. Der Richter war den Schwarzen einen Gefallen schuldig.
»Sagen wir hunderttausend für Willard und zweihundert für Cobb. Das sollte sie zufriedenstellen.«
»Wen?« fragte Ozzie.
»Äh, die Bürger. Die Bürger dort draußen. Sind Sie einverstanden?«
»Ja«, bestätigte Childers. »Aber müßte die Entscheidung nicht im Gerichtssaal fallen?« fügte er lächelnd hinzu.
»Die Angeklagten bekommen eine faire Verhandlung, und anschließend setzen wir die Kaution auf hundert und zweihundert Riesen fest.«
»Sie möchten vermutlich, daß ich jeweils dreihunderttausend verlange – damit Sie den Eindruck erwecken, fair zu sein, nicht wahr?« erkundigte sich Rocky.
»Es ist mir völlig gleich, was Sie verlangen!« donnerte der Richter.
»Damit dürfte wohl alles geklärt sein«, sagte Ozzie und ging zur Tür. »Rufen Sie mich als Zeugen auf?« wandte er sich an Childers.
»Nein, wir brauchen Sie nicht. Angesichts einer so fairen Verhandlung ist es gar nicht nötig, daß die Staatsanwaltschaft jemanden in den Zeugenstand ruft.«
Sheriff und Ankläger verließen das Büro. Bullard kochte innerlich, schloß die Tür ab, holte ein Glas hervor, füllte es zur Hälfte mit Wodka und trank es wütend leer. Mr. Pate wartete im Flur. Fünf Minuten später stürmte der Richter in den überfüllten Gerichtssaal.
»Bitte erheben Sie sich!« rief Mr. Pate.
»Setzen!« heulte Bullard, bevor jemand aufstehen konnte.
»Wo sind die Angeklagten? Wo?«
Cobb und Willard wurden aus dem Nebenzimmer hereingeführt und nahmen am Tisch der Verteidigung Platz.
Cobbs neuer Anwalt lächelte, als die
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