Die Juwelen des Scheichs
Farida.
„Es freut mich, hier noch eine andere junge Frau zu sehen, besonders eine aus England. Zahir und ich haben dort studiert. Wussten Sie das?“
Verblüfft schüttelte Gina den Kopf. „Nein. Wo haben Sie denn studiert?“
„Beide in Oxford. Mein Bruder Politik und Wirtschaft. Und ich Englisch und moderne Sprachen.“
„Dann müssen Sie beide sehr intelligent sein. Meine Noten haben für Oxford leider nicht ausgereicht.“
„Zahirs Verstand ist scharf wie ein Rapier. Meiner arbeitet ein bisschen langsamer, aber ich erreiche auch mein Ziel.“ Sie lächelte. „Ich war immer der Bücherwurm in der Familie, schon lange bevor ich nach Oxford ging. Als ich dann Azhar kennenlernte, hat sich alles geändert …“ Ihre Stimme verlor sich, und ihre Miene wirkte wieder abwesend.
Ginas Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Zahir hatte ihr von Azhars tödlichem Unfall erzählt. Farida war noch so jung … viel zu jung, um schon Witwe zu sein.
Ohne sich dessen bewusst zu sein, setzte sie sich neben die junge Frau auf die Bank. „Azhar war Ihr Mann?“, fragte sie leise.
Traurig nickte Farida. „Er war meine große Liebe. Seit er nicht mehr da ist, fühle ich mich völlig verloren. Ich weiß gar nicht mehr, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Und ich habe das Gefühl, dass ich niemandem mehr etwas zu bieten habe, selbst meinem Bruder nicht, den ich seit jeher bewundert habe. Alles scheint so sinnlos.“
„Als meine Mutter vor einigen Jahren starb, hat mein Vater das gleiche Gefühl gehabt. Um mit seiner Trauer fertig zu werden, hat er sich zu Hause ganz in seiner Arbeit vergraben. Erst kürzlich hat er mir gestanden, wie sehr ihn das alles mitgenommen hat. Vorher habe ich die Ehe meiner Eltern immer für eine Verbindung zweier gleichgesinnter Geister gehalten, bei der das Herz keine Rolle spielte. Aber jetzt weiß ich, dass es nicht stimmt.“
Farida sah Gina lange an, bevor sie wieder sprach. „Ich glaube, die Liebe ist das Wichtigste, ohne sie kann keine Verbindung lange halten.“
„Und ich glaube, dass wahre Liebe niemals sterben kann. Wo auch immer Ihr geliebter Azhar nun ist, er passt auf Sie auf und will nur das Beste für Sie. Ich glaube fest daran, dass es sein Wunsch ist, Sie würden Ihr Leben genießen.“
Überrascht sah Gina zu, wie Farida eine Hand über ihre legte. „Danke, Gina. Ich darf Sie doch so nennen? Ihre Worte sind sehr wichtig für mich und helfen mir, heute Nacht ein bisschen besser zu schlafen. Wie lange bleiben Sie denn in Kabuyadir?“
Errötend verscheuchte Gina ein Insekt, das um ihr Ohr flog. „Ich weiß nicht genau. Es hängt davon ab, wie lange ich für meine Arbeit brauche. Übrigens bin ich mit einem Kollegen hier, Dr. Rivers.“
„Ich hoffe zumindest, dass es lange dauert.“ Farida lächelte. „Denn ich habe das Gefühl, dass ich gerade eine neue Freundin gefunden habe.“
Zutiefst gerührt spürte Gina Tränen in den Augen. „Das Gefühl habe ich auch …“, entgegnete sie leise.
Gina war schon fast eingeschlafen, als sie ein lautes Hämmern an ihrer Tür hörte. Sie hatte sich noch nicht ausgezogen, weil Zahir ihr gesagt hatte, sie solle sich nach seiner Rückkehr bereithalten.
Erleichtert warf sie die seidene Tagesdecke zur Seite, stand hastig auf und öffnete die Tür.
„Dr. Collins – Seine Königliche Hoheit möchte Sie umgehend in seinen Gemächern sehen.“ Auf Jamals Stirn perlte Schweiß, als wäre er den ganzen Weg zu ihrem Zimmer gerannt.
Benommen vor Schreck hielt Gina sich am Türrahmen fest. „Ist etwas passiert. Ist er verletzt?“
Ungeduldig wedelte Jamal mit der Hand in der Luft herum. „Keine Fragen. Kommen Sie einfach mit.“
Ohne noch einmal zum Bett zu gehen und die mit Pailletten besetzten Pantoffeln anzuziehen, schloss Gina die Tür hinter sich und folgte dem Diener barfuß über den kühlen Marmorboden.
5. KAPITEL
Von dem weitläufigen Schlafzimmer, in das Jamal sie schob, nahm Gina kaum etwas war. Ihre ganze Aufmerksamkeit richtete sich auf den muskulösen Mann, der auf dem ausladenden Bett lag. Seine bronzefarbene Brust war nackt, abgesehen von einem weißen Verband um seine Rippen. Ein Mann mit Brille und gepflegtem schwarzem Bart, offensichtlich der Hofarzt, kümmerte sich um ihn.
Sie schnappte nach Luft, als sie den großen Blutfleck auf dem Verband sah, der um seinen Oberarm gewickelt war. Der Arzt zog gerade die Nadel einer Spritze aus Zahirs unverletztem Arm. Beide Männer drehten sich jäh um, als Jamal die
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