Die Juwelen des Scheichs
vielleicht einfach sein Militär losgeschickt, um die Angelegenheit zu regeln? Hatte er aus reiner Überheblichkeit geglaubt, sein Weg wäre der richtige?
Er schob die bittersüße Erinnerung an seinen Vater beiseite – einen Mann, dem alle wegen seiner Weisheit und Fairness liebevolle Bewunderung geschenkt hatten. Wie gehetzt raste er stattdessen durch den Flur, ohne sich um Jamal zu scheren, der, obwohl jung und fit, keuchend hinter ihm herlief.
Die Frauen saßen unten im Salon und tranken Tee. Als er den verschwenderisch eingerichteten Raum mit den langen, goldfarbenen Sofas und den alten Möbeln betrat, schenkte er seiner Schwester absichtlich keine Beachtung. Sein Blick ruhte vielmehr auf der schlanken, hellhaarigen Frau, die neben Farida saß.
Aus Ginas sonst so straffen Haarknoten hatten sich einzelne Strähnen gelöst. Sie umrahmten ihr zartes, schönes Gesicht und gaben ihr den gleichen Ausdruck von Verletzlichkeit, den er schon bei ihrem ersten Treffen in Husseins Garten bemerkt hatte. Ihm blieb die Luft weg.
Das unauffällige schwarze Gewand schien dagegen gar nicht zu ihrer strahlenden Schönheit zu passen. Vermutlich gehörte es seiner Schwester. Am liebsten wäre er sofort zu Gina gegangen, doch er verkniff sich den Wunsch, weil Farida und Hafiz anwesend waren.
„Was war das für ein Angriff auf Dr. Collins, von dem ich eben gehört habe?“, verlangte er zu wissen, ohne seine Empörung zu verbergen.
Der Diener und Farida zuckten zusammen. „Es ging alles so schnell, Zahir. Wir konnten nichts tun …“, begann Farida.
„Ihr konntet nichts tun?“, unterbrach er sie zornig. In diesem Moment war es ihm egal, dass seine Schwester verzweifelt aussah. „Warum hast du keinen Bodyguard mitgenommen? Oder besser gesagt zwei, für jede einen? Hast du schon vergessen, was mir gestern passiert ist? Was hat dich denn überhaupt geritten, auf den Markt zu gehen? Du kannst jederzeit einen der Diener hinschicken, wenn du etwas Besonderes haben willst!“
„Tut mir leid, Königliche Hoheit, aber ich werde nicht zulassen, dass Ihre Schwester für etwas verantwortlich gemacht wird, was niemand voraussehen konnte.“
Zitternd stand Gina auf und sah ihn mit durchdringendem Blick an. „So schön es hier auch ist, wollten wir beide auch einmal etwas anderes sehen. Als Farida einen Ausflug zum Markt vorgeschlagen hat, war ich sofort begeistert. Also bin ich genauso schuld an dem Ganzen.“
„Hat der Angreifer Sie verletzt?“ Dass seine Stimme stockend klang, war ihm in diesem Moment egal. Es war die Hölle für ihn, so zu tun, als würde seine Sorge nur einem geachteten Gast gelten, obwohl er Gina am liebsten in seine Arme gezogen hätte, um sich selbst zu versichern, dass sie nicht verletzt war.
„Der Mann hat Gina von hinten gegriffen und sie vom Stuhl gerissen. Er wollte sie bestimmt entführen, aber glücklicherweise hat sie schnell reagiert und ihn gebissen. Da hat er sie fluchend losgelassen“, erklärte Farida mit einer leichten Röte auf den Wangen.
„Sie hat ihn gebissen?“ Was hatte diese Frau denn noch alles zu bieten? Die Arme in die Hüften gestemmt, starrte Zahir sie an.
„Es war eine rein instinktive Reaktion. Ich bin keine Heldin, ganz sicher nicht“, wehrte Gina ab.
„Die Polizisten haben ein scharfes Messer unter dem Kaftan des Mannes gefunden“, fuhr Farida fort und warf Gina einen entschuldigenden Blick zu.
Zahir malte sich die schrecklichsten Szenarien im Geiste aus. „Und die Polizisten haben dich nach Einzelheiten über den Angriff auf Dr. Collins befragt?“ Selbst in seinen Ohren klang seine Stimme seltsam geisterhaft.
„Ja, sie werden bald hier sein, um sich mit dir zu besprechen. Glaubst du, dass die Rebellen etwas damit zu tun haben?“
„Zweifellos.“ Sein besorgter Blick wanderte zurück zu Gina. Ihre Haut hatte die ungesunde Farbe von Hafermehl. Plötzlich wurde ihm voller Angst bewusst, dass sie Mühe hatte, sich aufrecht zu halten.
„Gina!“ Er stürzte vor und fing ihren schlanken Körper in seinen Armen auf, bevor sie auf den Marmorboden fallen konnte.
8. KAPITEL
Als Zahir mit dem Fuß die Tür zu Ginas Schlafzimmer aufstieß und sie zu dem großen Bett trug, merkte er, dass er Gefolge hatte: seine Schwester, zwei Diener und schließlich sein Leibarzt Dr. Saffar. Nach Ginas Zusammenbruch hatte Zahir sofort Jamal zu ihm geschickt.
Vorsichtig legte er seine kostbare Last auf dem Bett ab und zog ihr selbst die Schuhe aus. Dann setzte er sich auf die
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