Die Juweleninsel
welchem?«
»Von Ahabar, droben in den Bergen des Himalaya, wo wir den Stier besuchten.«
»Und wo sind wir her?«
»Wir sind Laskaren 36 und haben keine andere Heimath als die hohe See.«
»Ah! Warum?«
»Dann wird es uns gelingen, mit der Begum und ihren Schätzen in See zu gehen, wenn wir unsern Zweck nicht bereits vorher auf dem Ganges erreichen konnten.«
»Du bist schlau. Wie gut ist es, daß wir bereits einmal zur See gewesen sind!«
»Wir müssen Alles thun, um jeden Verdacht zu vermeiden, und uns ganz besonders das Vertrauen der Begum und Derer zu erwerben, die bei ihr sind.«
»Aber wann gehen wir zu Schiffe?«
»Heute noch nicht. Ich kenne den Lauf des Flusses sehr genau. Er macht hier viele und bedeutende Krümmungen, und wenn wir von hier aus den Landweg einschlagen, so sind wir dem Schiffe morgen früh eine Strecke zuvorgekommen.«
»Aber dieser Phansegar, welcher Dich kennt und Dir gedroht hat?«
»Was ist mit ihm?«
»Er wird Dich sofort erkennen, so bald wir das Fahrzeug betreten werden.«
»Er wird sich nicht auf demselben befinden.«
»Wie willst Du das so genau wissen?«
»Er hat mir gedroht, daß ich binnen dreien Tagen sein Messer gekostet haben werde, er muß sich also während dieser Zeit in der Gegend von Augh befinden und kann unmöglich mit dem Schiffe der Prinzessin weiterfahren wollen.«
»Das ist richtig. Aber wirst Du das Fahrzeug auch richtig wieder erkennen?«
»Der Nebel ist dicht; ich habe es mir aber trotzdem so genau betrachtet, daß ich mich nicht irren würde, selbst wenn ich den Namen nicht gelesen hätte.«
»Wie lautet er?«
»Die Badaya.« 37
»Und was thun wir jetzt?«
»Wir treten unsern Weg an, ohne uns weiter um das Schiff, das Floß und die Phansegars zu bekümmern. Hier erwartet uns nur Unheil, wenn wir gesehen werden, und je weiter wir fort sind, desto näher sind wir am Ziele.«
»Doch unsere Schwimmtöpfe?«
»Dürfen wir weder liegen noch fortschwimmen lassen, da sie uns dann leicht verrathen könnten. Wir nehmen sie eine Strecke mit in das Land hinein und werfen sie dann von uns. Lege jetzt nun Deine Kleider an!«
Kaldi gehorchte, und dann begannen sie ihre Wanderung.
Sie kamen durch zahlreiche Dörfer, welche je entfernter von Augh, desto weiter vom Kriegsschauplatze lagen und ein ruhiges Leben zeigten. Die beiden Pilger erhielten überall einen Trunk Wasser und eine Handvoll Reis, und ein reicher Brahmane gab ihnen sogar neue Sandalen an die Füße, als er entdeckte, daß Lidrah musikalisch war und zur Raflah 38 zu singen verstehe.
Als sich dieser erste Tag zum Abende neigte, machten sie Halt auf einer Anhöhe, wo sie unter dem Schutze dicht belaubter Bäume sich ein Nachtlager herrichteten. Die Dunkelheit brach herein, und schon wollten sie die Ruhe suchen, als plötzlich gerade vor ihnen ein Feuer aufleuchtete, welches die Nähe von Menschen bekundete.
»Schau!« meinte Kaldi. »Was muß dies für ein Feuer sein?«
»Ein Wachtfeuer nicht, denn hier gibt es keine Krieger und auch keine Jäger.«
»Es sieht beinahe wie ein Schiffsfeuer aus.«
»Warum?«
»Weil es vom Nebel umgeben ist.«
»Wirklich!«
»Es muß ein Flüßchen in der Nähe sein.«
»Oder gar der Ganges.«
»Den hätten wir bemerkt.«
»Es war bereits ziemlich düster, als wir hier anlangten, und der Hügel kann so vor dem Wasser liegen, daß man den Fluß gar nicht sehen kann.«
»Wir wollten ihn aber doch erst morgen erreichen.«
»Ich glaube, daß wir uns zu weit nach Mittag hielten. Uebrigens, wo ein Feuer ist, da sind auch Leute, und da ist es mir lieber als hier in der Einsamkeit. Wir wollen uns erheben und sehen, wer dort zu finden ist. Komm!«
Sie standen wieder auf und schritten auf das Feuer zu.
Je mehr sie sich demselben näherten, desto größer und heller wurde es, und endlich erkannten sie in seinem flackernden Scheine die breite glänzende Fläche des Ganges, an dessen diesseitigem Ufer ein Fahrzeug vor Anker lag.
Jetzt blieb Lidrah überrascht halten.
»Kaldi, wir sind wirklich zu weit nach Mittag gegangen, viel zu weit.«
»Woraus erkennst Du das?«
»Weil wir sonst dieses Schiff nicht hier an dieser Stelle treffen könnten.«
»Welches ist es?«
»Die Badaya.«
»Wirklich?«
»Wirklich! Ich erkenne den Bau sehr genau, und siehst Du an der Seite seines Schnabels die weibliche Figur, welche tanzend den Schleier schwingt? Das Licht des Feuers fällt hell darauf. Es ist kein anderes Fahrzeug als die Badaya.«
»Desto besser. So
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