Die Juweleninsel
hatte.
»Wo mag er sein?« hörte er Franz unter sich fragen.
»Es hat ihn etwas abgehalten, aber er wird sicherlich bald kommen.«
Aus dieser Antwort des Vogtes erkannte Kurt, daß der Prinz noch nicht zugegen sei. Es war ihm also von der Unterhaltung, welche er zu belauschen beabsichtigte, noch kein Wort entgangen.
»Weißt Du, was sehr nöthig ist?« frug der Neffe.
»Was?«
»Daß Du morgen mit dem Frühesten nach dem Steinbruche gehest.«
»Warum?«
»Um meinen verlorenen Stiefelabsatz zu holen. Man weiß nie was passirt. Er könnte mich verrathen.«
»Ich denke, Du weißt nicht genau, wo Du ihn verloren hast!«
»Das ist richtig, aber ich meine, ich hätte es bemerken müssen, wenn er mir bereits vorher unterwegs verloren gegangen wäre.«
»Ich werde suchen, obgleich ich nicht annehmen mag, daß uns so ein altes Stück Leder verrathen wird. Hm, es gibt mir doch verteufelten Spaß, wenn ich daran denke, daß sie den Burschen jetzt festgenommen haben werden.«
»Sie haben ihn, falls er sogleich zur Mühle gegangen ist.«
»Wohin anders! Weißt Du genau, daß man ihn dort suchen wird?«
»Sicher!«
»So ist er vollständig unschädlich.«
»Vollständig?« klang es zweifelnd.
»Ja. Du hast ja gesagt, daß Du der Marinelieutenant Kurt Schubert seist, ehe Du den Wirth niederschossest, Du hast ihm den Revolver in die Tasche gesteckt, er kann sein Alibi nicht beweisen, rechne dazu die außerordentliche Aehnlichkeit zwischen Dir und ihm und die Gleichheit des Anzuges, so wirst Du einsehen, daß ihm kein Leugnen helfen kann. Er muß als Mörder verurtheilt werden.«
»Er ist Ausländer!«
»Laß nur den Prinzen sorgen!«
»Horch, da kommt er!«
Es ließen sich Schritte vernehmen, welche sich näherten; der Prinz erschien, und die beiden Wartenden erhoben sich von ihren Plätzen.
»Seid Ihr zurück?« frug er.
»Ja, Hoheit,« antwortete der Vogt.
»Wie ging es?«
»Sehr gut.«
»So erzählt. Zunächst Du, Franz!«
»Ich ging hinunter zum Platz,« begann dieser, »und trat in eine Schenkbude, in welcher der Wirth mit noch zwei Andern Skat spielte – –«
»Ein hiesiger Wirth?«
»Nein. Es war einer von Denjenigen, welche die Jahrmärkte und das Vogelschießen zu beziehen pflegen.«
»Waren noch andere Gäste da?«
»Nein. Ich wurde eingeladen mitzuspielen, und ich that dies. Nach einiger Zeit stellte ich mich berauscht, stach falsch ab, fing Streit an und schoß den Wirth nieder.«
»Du entkamst schwer oder leicht!«
»Sehr leicht. Ich rannte scheinbar nach der Höllenmühle zu, bog aber dann nach dem Steinbruche ein.«
»Wer waren die beiden andern Spieler?«
»Zwei Beamte aus der Kreisstadt, welche gekommen waren, sich die Prozession mit anzusehen.«
»Hm, das ist nicht gut.«
»Warum?«
»Es waren lauter Fremde, man wird also keinen Verdacht auf Schubert haben.«
»Ich habe vor Beginn des Spieles erwähnt, daß ich der Marinelieutenant Kurt Schubert bin und meine Wohnung in der Höllenmühle habe.«
»Das ist gut. Man wird ihn jedenfalls dort suchen. Erzähle weiter!«
»Ich bog also nach dem Steinbruche ein. Dort fand ich den Onkel.«
»Der Gefangene war noch da?«
»Versteht sich! Wir schafften ihn bis nahe an die Höllenmühle.«
»Er hat doch nicht merken können, wo er gesteckt hat?«
»Bewahre! Man würde selbst am Tage nicht vermuthen, daß in der hintersten Ecke des Steinbruches hinter den Brombeerranken sich eine Höhle befindet. Er war so gefesselt, daß er sich nicht zu rühren vermochte, und übrigens waren ihm, den Knebel im Munde abgerechnet, die Augen so verbunden, daß es ihm ganz unmöglich gewesen ist etwas zu sehen.«
»Aber Ihr habt ihm den Knebel und die Binde abnehmen müssen, da ist es leicht möglich, daß er Euch bemerkt und erkannt hat.«
»Keine Sorge, Hoheit! Wir waren so schnell fort, daß er gar keine Zeit gehabt hat, nur einen Strich von uns zu bemerken.«
»Ich hoffe es. Man wird ihn unschädlich machen. Du aber mußt sofort abreisen. Bist Du gewiß, daß außer dem Knecht Jakob Dich Niemand hier gesehen hat?«
»Sicher.«
»So will ich Dir Dein Geld auszahlen. Hier, nimm dieses Päckchen, damit Du sofort gehen kannst. Welchen Weg wirst Du einschlagen?«
»Ich darf mich natürlich nicht sehen lassen. Ich werde durch den Wald bis zum Blitzkreuze gehen, dann wende ich mich rechts nach Wildenstein zu, wo ich, wenn ich mich sicher sehe, den Zug besteigen kann.«
»So gehe gleich!«
»Hoheit erlauben, daß ich mich erst
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