Die Juweleninsel
zum Schweigen zu bringen.«
»Ich will aber frei sein. Ich werde rufen, bis man mich hört!«
»Schön! Dann werden wir unsere Maßregeln darnach zu treffen haben.«
Er zog ihm das Taschentuch aus der Tasche, formte einen Knebel daraus und steckte ihm denselben in den Mund.
»So! Wie Du mir, so ich Dir. Erst hast Du dem Lieutenant einen Knebel gegeben, jetzt bekommst auch Du einen. Dieser Mann hier ist der Lieutenant. Jetzt merkst Du wohl, warum wir so sorgsam für Dich sind.«
Es war nur ein leises Stöhnen, mit welchem der Mörder antworten konnte. Er hatte zwar keine Ahnung des Zusammenhanges, aber er mußte sich sagen, daß er sich in einer nicht geringen Gefahr befinde. Er versuchte, seine Glieder zu bewegen, doch hatte diese Bemühung keine andere Folge, als daß er mit festen Ruthen noch strenger angeschnürt wurde.
»Ist der Weg nach der Mühle beschwerlich?« frug Walmy Kurt.
»Nein, wenn wir nach der Straße gehen.«
»Ist es nicht besser, dies zu vermeiden?«
»Auch ich halte es für vortheilhafter, wenn wir die Mühle erreichen können, ohne jemand zu begegnen. Der Vogt könnte vorzeitig erfahren, was geschehen ist, und dies müssen wir ja zu vermeiden suchen.«
»So ist die Frage, ob Du glaubst, unbemerkt die Mühle erreichen zu können?«
»Es ist möglich, wenn auch etwas beschwerlich.«
»Das darf uns nicht abhalten. Gehst Du voran?«
»Natürlich.«
»So fasse an. Vorwärts!«
Sie nahmen die Bahre auf und schritten vorwärts. Es war allerdings eine schlimme Aufgabe, welche sie zu lösen hatten. Sie mußten bald den gebahnten Pfad verlassen und quer durch den Wald dringen. Dann ging es über steile Felsen hinab auf sumpfige Wiesen, über Hecken und Gräben hinweg um die Stadt herum, denn sie mußten die Mühle von der Seite erreichen, welche der Stadt entgegengesetzt lag. Auch die Höllenschlucht umgingen sie und nun endlich hatten sie bis zur Mühle wieder einen gutgebahnten Pfad.
Franz Geißler hielt die Augen geöffnet. Er erkannte, daß die Gefahr sich von Augenblick zu Augenblick für ihn vergrößerte. Seine Fesseln trotzten jeder Anstrengung. Gab es keine Hilfe, keine Rettung für ihn? Er trug das Geld bei sich, welches er von dem Prinzen erhalten hatte. Wenn er es den beiden Trägern anbot? Aber er konnte ja nicht reden! Er begann zu wimmern. Walmy setzte die Bahre nieder.
»Was gibt es?« frug er.
Ein Stöhnen war die Antwort, aus dessen Tone sie hören konnten, daß der Gefangene reden wolle.
»Ah, Du willst uns etwas sagen? Das hat Zeit bis nachher, alter Freund. Für jetzt sind wir nicht im Geringsten neugierig. Vorwärts, Kurt!«
Nach kurzer Zeit erreichten sie die Mühle, deren Lichter ihnen hell entgegen glänzten. Sie setzten die Bahre abermals nieder.
»Bleibe hier,« meinte Walmy; »ich werde vorher rekognosziren.«
Er schlich sich leise und vorsichtig auf die hintere Seite des Mühlgartens zu, stieg dort über den Zaun und blieb dann zunächst horchend stehen, um sich zu vergewissern, daß sich Niemand in dem Garten befinde. Da vernahm er rechts von sich, außerhalb des Zaunes, ein leichtes Räuspern, und kurze Zeit später links von sich und außerhalb des Zaunes leise Schritte. Man hatte also Wachen ausgestellt, um jedes Nahenden sofort sicher zu sein.
Er legte sich auf den Boden nieder und kroch vorwärts. Nach dem Garten gingen fünf Fenster des Parterres; drei von denselben gehörten zur Wohn-und zwei zur Schlafstube. Die letzteren beiden waren geöffnet. Als Walmy nahe genug herangekommen war, konnte er die hellerleuchtete Wohnung, deren Fenster noch durch keinen Laden verschlossen waren, genau überblicken. Es befanden sich darin die Müllersleute, die beiden Mylungen, der Bowie-Pater, Holmers und sämmtliches Gesinde; sie wurden von zwei in Civil gekleideten Polizisten bewacht.
In diesem Augenblicke vernahm Walmy das nahende Rollen von Wagenrädern. Der oder die Wagen hielten vor der Thür der Mühle, und eine laute kräftige Stimme frug: »Ist dieses Gebäude hier die Höllenmühle?«
»Ja,« ertönte die Antwort.
»Ist der Müller zu Hause?«
»Ja. Wer sind Sie?«
»Das wird sich finden.«
»Allerdings, und zwar sofort!«
»Was – –? Das ist ja ein beinahe amtlicher Ton!«
»Ich frage, wer Sie sind!«
»Papperlapapp!« erklang es lachend, und dann fuhr dieselbe Stimme fort: »Steigt aus und kommt herein.«
Der zweite Sprecher fügte hinzu:
»Und zwar alle, auch die Kutscher! Ich werde die Wagen einstweilen in Aufsicht nehmen.«
»Das
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