Die Juweleninsel
guten Kombinationsgabe,« meinte der Anwalt.
»Oh,« meinte der Schmied, »der Herr Lieutenant ist pereits als Junge ein gescheidter Kerl gewesen!«
»Immer klug,« bestätigte die Lange.
»Sehr klug,« nickte die Kleine.
»Außerordentlich klug,« behauptete die Dicke.
»Was that er nun?« frug der Beamte.
»Während man ihn zur Mühle schleppte, hatte er vorsichtiger Weise die Schritte gezählt. Er hatte ferner gemerkt, daß man ihn sehr steil abwärts trug. Er kehrte zurück und entdeckte in Folge dessen den Ort, an welchem er verborgen gewesen war. Eine weitere Kombination ließ ihn die Personen errathen, mit denen er es zu thun gehabt hatte. Er wollte sich überzeugen, ob er sich nicht irre und eilte nach der Wohnung der beiden Männer. Da sie einen bessern Weg, einen Umweg eingeschlagen hatten, so gelang es ihm, eher anzulangen als sie. Er belauschte sie und wurde dabei vollständig von allem Beabsichtigten und Geschehenen unterrichtet. Zugleich hörte er, daß Geißler, der wirkliche Mörder, sich wieder umkleiden und sofort nach der Residenz zurückkehren werde. Um nicht gesehen zu werden, wollte er den Weg durch den Wald, an dem Blitzkreuze vorüber, einschlagen. Der Lieutenant beschloß, ihn dort zu erwarten und fest zu nehmen.«
»Ein schwieriges Unternehmen,« meinte der Anwalt. »Warum holte er sich nicht Hilfe?«
»Man hielt ihn für den Thäter, man hätte ihn festgenommen, ihm nicht geglaubt. Uebrigens ist Kurt sehr stark und, was ich noch zu erwähnen habe, er traf auf mich.«
»Auf Sie? Wo befanden Sie sich, Herr Baron?«
»Ich stand hier im Garten, als der Gensd’arm eintrat um ihn zu arretiren. Ich hörte jedes darauf bezügliche Wort, und da ich an die Schuld meines Freundes unmöglich glauben konnte, so eilte ich ihn aufzusuchen.«
»Sie wußten wo er sich befand?«
»So ungefähr. Ich traf ihn wirklich, wie ich bereits erklärte. Er erzählte mir in Eile das Nöthige, und dann suchten wir das Blitzkreuz auf um den Thäter festzunehmen.«
»Kam er?«
»Ja.«
»Sie nahmen ihn gefangen?«
»Natürlich!«
»Wohin brachten Sie ihn?«
»Hierher.«
»Ich sehe ihn doch nicht. Wo befindet er sich?«
»In der Nähe der Mühle, unter der Bewachung des Lieutenants.«
»Schnell! Holen wir ihn herbei!«
»Halt, Herr Staatsanwalt! Noch sind wir nicht so weit.«
»Was noch?«
»Ich wünsche, daß der Gefangene zunächst nur von uns, nicht aber von Leuten gesehen werde, deren Plauderhaftigkeit uns das Ergebniß der noch weiter vorzunehmenden Recherchen vereiteln könnte. Der eigentliche Thäter, der Anstifter des Mordes ist nämlich eine sehr hochgestellte Persönlichkeit.«
»Wer ist es?«
»Sie sind hier in der Stadt angestellt?«
»Ja, beim hiesigen Bezirksgerichte.«
»Der Name Franz Geißler wurde genannt. Kennen Sie den Mann?«
»Es gibt wohl mehrere Geißler hier, einen Schuhmacher, einen Weber, einen Kaufmann Geißler. Auch der Schloßvogt heißt so.«
»Nun, der Gefangene ist der Neffe des Schloßvogtes, er hat den Schenkwirth erschossen und in Gemeinschaft mit seinem Onkel den Lieutenant gefangen und verborgen gehalten.«
Der Beamte sprang empor. Auf seinem Gesichte war die höchste Ueberraschung zu lesen. Seine Augen standen weit auf, und sein Mund hatte sich geöffnet.
»Ist es möglich! Höre ich recht? Der Schloßvogt?«
»Er und kein Anderer.«
»Er, der Schloßvogt hat den Mord angestellt?«
»Nein.«
»Ich verstehe Sie nicht. Wer sonst?«
»Er half ihn mit ausführen. Der Ansteller war ein noch Höherer.«
»Ein noch Höherer! Mein Himmel! Sie meinen doch nicht etwa – –«
»Wen? Herr Staatsanwalt, wen wollten Sie jetzt nennen?«
»Nennen Sie ihn selbst!«
»Nun wohl. Herr Anwalt, der Sie die Gerechtigkeit des Gesetzes, die öffentliche Anklage zu vertreten haben, ich klage den Prinzen Hugo von Süderland, welcher gegenwärtig auf Burg Himmelstein anwesend ist, der Anstiftung des Mordes an. Ich klage den Diener des Prinzen, Franz Geißler, des wohlüberlegten Mordes an; er hat ihn von dem Prinzen bezahlt erhalten und trägt das Blutgeld in seiner Tasche bei sich. Ich klage den Schloßvogt Geißler der Beihilfe zum Morde an; auch er ist bezahlt worden. Die Anklage wegen gewaltsamer und ungesetzlicher Freiheitsberaubung mag der Marinelieutenant Kurt Schubert selbst erheben. Er ist im Stande, Ihnen die unumstößlichsten Beweise beizubringen.«
Diese Worte machten auf alle Anwesenden einen unbeschreiblichen Eindruck. Am meisten erschrocken aber war der
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