Die Kälte Des Feuers
Crown Valley Parkway, das den Traditionen der guten Planung und Landschaftsgestaltung im südlichen Orange County entsprach. Die breiten Straßen wanden sich in weiten, anmutigen Kurven hin und her. Junge Palmen und Myrtengewächse säumten sie, und die Häuser waren im mediterranen Stil errichtet, mit roten beziehungsweise sand- und pfirsich-farbenen Dachschindeln. Aber selbst in diesem Bereich von Laguna Niguel, wo eine kleine Villa fast ebensoviel kostete wie ein luxuriöses Penthouse in Manhattan, hätte sich Ironheart etwas Besseres leisten können. Das Grundstück gehörte zu den kleinsten in der Nachbarschaft, war nur etwas mehr als tausend Quadratmeter groß. Cremeweißer Putz; große Flügelfenster ohne Verzierungen; ein grüner Rasen, jedoch kaum mehr als ein Fleck, Azaleen, Springkraut und zwei graziöse Königspalmen, die im morgendlichen Sonnenschein lange, seidene Schatten an die Wände projizierten.
Holly fuhr langsam an dem Haus vorbei und beobachtete es. Auf der Zufahrt stand kein Wagen, und die heruntergelassenen Jalousien verwehrten einen Blick durch die Fenster. Die Journalistin konnte nicht feststellen, ob Ironheart zu Hause war - es sei denn, sie ging zur Tür und klingelte. Sie würde nicht zögern, eine solche Entscheidung zu treffen, aber jetzt war es noch zu früh.
Am Ende des Blockes wendete sie und passierte das Haus noch einmal. Einerseits erweckte es einen attraktiven, gemütlichen Eindruck, doch andererseits erschien es ihr so schlicht. Es war kaum zu glauben, daß hinter jenen Mauern ein außergewöhnlicher Mann mit erstaunlichen Geheimnissen lebte.
Viola Morenos Reihenhaus befand sich in einer jener parkähnlichen Anlagen Irvines, die von der Irvine Company während der sechziger und siebziger Jahre geschaffen worden waren. Im Laufe der Zeit hatten sich die ursprünglichen Lücken in den jetzt hohen Hecken geschlossen; Eukalyptus- und Lorbeerbäume spendeten selbst an hellen, wolkenlosen Sommertagen angenehmen Schatten. Die Einrichtung des Hauses gab nicht etwa Stil den Vorrang, sondern Bequemlichkeit: ein üppig gepolstertes Sofa, weiche Sessel, Schemel für die Füße, alles in braunen oder beigefarbenen Tönen; Landschaftsgemälde, die beruhigend wirken, Auge und Geist nicht herausfordern sollten. Hier und dort bildeten Zeitschriften hohe Stapel, und überall gab es Regale mit Büchern. Als Holly eintrat, fühlte sie sich sofort wohl.
Violas herzlicher Empfang wurde der allgemeinen Atmosphäre gerecht. Sie war etwa fünfzig und mexikanisch-amerikanischer Abstammung. Ihre makellose Haut hatte die Farbe von leicht angelaufenem Kupfer, und die tintenschwarzen Augen blickten fröhlich. Man konnte sie nicht gerade als groß bezeichnen, und im Laufe der Jahre hatte sie Polster an den Hüften entwickelt, aber Holly sah auf den ersten Blick, wie hinreißend schön sie einst gewesen sein mußte - schön genug, daß sich Männer den Hals verrenkten, wenn sie ihr nachsahen. Selbst im reiferen Alter wirkte sie noch immer sehr attraktiv. Viola griff nach Hollys Hand, hakte sich bei ihr ein und führte sie durch das kleine Haus auf die Veranda als sei die Besucherin eine alte Freundin und keine Fremde, die sie am vergangenen Tag angerufen hatte.
Die Veranda erstreckte sich am Rand eines Gemeinschaftsgartens, und auf dem Tisch standen zwei Gläser neben einer Karaffe mit eisgekühlter Limonade. Die Baststühle waren mit dicken gelben Kissen gepolstert.
»Den größten Teil des Sommers verbringe ich hier draußen«, sagte Viola, als sie Platz nahmen. Es herrschte eine recht angenehme Temperatur, und die Luft war sauber und trocken. »Eine herrliche kleine Ecke der Welt, nicht wahr?«
Ein breites, flaches Tal trennte diese Hausreihe von der nächsten. Hohe Bäume spendeten Schatten; rotes und purpurnes Springkraut bildete einige dekorative Kreise. Zwei Eichhörnchen liefen über den sanft geneigten Hang und einen sich dahinschlängelnden Fußweg.
»Ja, Sie haben recht«, bestätigte Holly, als Viola Limonade einschenkte.
»Mein Mann und ich kauften das Haus, als die Bäume gerade erst gepflanzt worden waren und man den Grüngürtel anzulegen begann. Aber wir konnten uns vorstellen, wie es hier eines Tages aussehen würde, und wir brachten die notwendige Geduld auf, trotz unserer Jugend.« Sie seufzte. »Manchmal werde ich traurig und denke voller Bitterkeit daran, warum er so früh sterben mußte, ohne eine Gelegenheit zu bekommen, diese Pracht zu genießen. Aber meistens genieße
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