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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ich.«
    Das freute Holly zunächst - doch als sie das Durcheinander um ihn herum beobachtete und sich fragte, wie sie dem Knaben helfen konnte, fügte er hinzu: »Ich spüre ihn nicht.«
    »Was spürst du nicht, Norby?«
    »Den Fuß. Komisch. Irgend etwas hält ihn fest, denn sonst könnte ich zu dir kriechen. Aber ich fühle den Fuß gar nicht, als sei er … verschwunden.«
    Diese Worte beschworen ein Vorstellungsbild, das Holly schaudern ließ. Vielleicht war es nicht so schlimm. Vielleicht ist sein Fuß nur eingeklemmt und taub, dachte sie - und begriff, daß sie schleunigst etwas unternehmen mußte. Wenn der Fuß wirklich fehlte, wenn Norby Blut verlor …
    Sie hatte nicht genug Platz, um sich an dem Jungen vorbeizuschieben, überlegte kurz, rollte sich auf den Rücken, winkelte die Beine an und stemmte ihre Füße gegen die Sitze über dem Jungen.
    »In Ordnung, Norby. Ich werde jetzt versuchen, die Sessel ein wenig anzuheben, nur um einige Zentimeter. Kriech darunter hervor, wenn du spürst, daß sie in Bewegung geraten.«
    Eine Schlange aus dünnem Rauch glitt aus der Dunkelheit hinter Norwood und tastete ihm übers Gesicht. Er schnaufte leise. »Da drüben l-liegen auch einige T-tote.«
    »Denk nicht daran, Norby«, erwiderte Holly und streckte die Beine versuchsweise, um festzustellen, welches Gewicht sie anheben mußte. »Du bleibst dort nicht mehr lange. Gleich bist du frei.«
    »Mein Sitz, ein leerer Sessel und dann die Toten«, sagte der Knabe mit zittriger Stimme.
    Holly fragte sich, wie lange das Trauma dieser Erlebnisse seine Alpträume prägen würde. Vielleicht litt er noch in Jahren daran.
    »Es geht los«, kündigte sie an.
    Holly streckte die Beine und drückte fest zu. Der Haufen aus Sesseln, Trümmerstücken und Leichen war schwer genug, aber hinzu kam die herabgewölbte Decke - sie gab nicht nach. Holly strengte sich noch mehr an, bis der metallene Boden, nur von einem dünnen Teppich bedeckt, stechende Schmerzen im Rücken hervorrief. Ein leises Stöhnen entrang sich ihrer Kehle. Sie biß die Zähne zusammen, stemmte sich mit ganzer Kraft gegen den Haufen, zornig darüber, daß er sich nicht von der Stelle rührte. Sie wurde regelrecht wütend, und …
    … die Barriere bewegte sich.
    Nur um wenige Millimeter.
    Aber das genügte, um sie mit neuer Hoffnung zu erfüllen.
    Holly drückte noch fester zu, fand eine Energie, von deren Existenz sie bisher überhaupt nichts gewußt hatte. Sie zwang die Füße nach oben, achtete nicht auf das Stechen, das nun auch die Beine erfaßte. Die Stützstreben und Aluminiumplatten an der Decke knarrten - und neigten sich einen Zentimeter weit zur Seite, dann noch einen. Die Sessel wackelten.
    »Ich stecke noch immer fest«, sagte der Junge.
    Mehr Rauch quoll aus der Finsternis hinter ihm. Er war nicht mehr grau, sondern dunkler, rußiger, öliger - und er stank. Holly betete zu Gott, daß die Flammen keine neue Nahrung gefunden hatten. Wenn sie den Schaumstoff und die Polsterung der Sitze erreichten, unter denen der hilflose Junge lag…
    Die Muskeln in ihren Beinen zitterten. Der Schmerz im Rücken fraß sich zur Brust. Jeder Herzschlag war ein Pochen der Pein, jeder Atemzug eine Qual.
    Holly glaubte nicht, daß sie die Masse noch höher stemmen konnte. Es fiel ihr immer schwerer, dem enormen Gewicht standzuhalten. Doch dann gab es nach, rückte noch einige Zentimeter weiter nach oben.
    Norby stieß einen schmerzerfüllten, wilden Schrei aus und kroch nach vorn. »Ich hab’s geschafft. Es hat mich losgelassen!« Holly ließ die Sitze langsam nach unten sinken, versetzte sich in die Lage des Jungen und begriff seinen besonderen Schrecken. Vielleicht war er die ganze Zeit über sicher gewesen, daß einer der Toten eiskalte Finger um seinen Fuß geschlossen hatte.
    Sie schob sich zur Seite, damit Norby ganz unter den Sesseln hervorkriechen konnte. Er blieb keuchend neben ihr liegen und schmiegte sich an sie.
    »Holly!« rief Jim weiter hinten im Flugzeug.
    »Ich habe ihn gefunden!«
    »Ich kümmere mich um eine verletzte Frau und bringe sie nach draußen«.
    »Gut«, erwiderte die Journalistin.
    Das Heulen der nahen Sirenen wurde dumpfer und verstummte ganz, als die Rettungsmannschaften eintrafen.
    Vorn quoll schwarzer Rauch unter den Sitzen hervor, aber Holly nahm sich trotzdem die Zeit, Norbys Fuß zu untersuchen. Er hing zur Seite und baumelte entsetzlich locker hin und her, wie der Fuß einer alten Puppe. Am Knöchel gebrochen. Sie streifte den

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