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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Bedürfnis, das normale, banale Leben aufzugeben und etwas Bedeutungsvolles zu tun, die absolute Herrschaft des Schicksals in Frage zu stellen, die von Gott bestimmte Struktur des Universums zu verändern.
    Während sie auf dem Iowa-Acker stand und einen Wind spürte, der ihr den Gestank des Todes entgegenwehte, während sie beobachtete, wie der Mann Norby forttrug, der fast gestorben wäre … da fühlte sie sich für einige Sekunden Jim Ironheart näher als allen anderen Menschen.
    Sie machte sich auf die Suche nach ihm.
    In der Nähe des auseinandergebrochenen Flugzeugs herrschte jetzt ein noch größeres Chaos als unmittelbar nach der Bruchlandung. Feuerwehrwagen standen auf dem Feld. Dicke Schläuche spritzten dichten weißen Schaum, der weite Bögen über dem Wrack bildete, sich in schlagsahneartigen Klumpen am Rumpf sammelte und die Flammen erstickte. Noch immer drang fetter Rauch aus der mittleren Sektion, aus allen Rissen und gesplitterten Fenstern. Er blieb den Launen des Windes unterworfen, formte einen dunklen Baldachin über dem Acker und projizierte gespenstisch wechselnde Schatten, als er das Licht der Nachmittagssonne filterte. Vor Hollys innerem Auge entstand das Bild eines düsteren Kaleidoskops, in dem alle Glasfacetten entweder grau oder schwarz waren. Angehörige der Rettungsmannschaften, Ärzte und Krankenpfleger suchten in den Resten der DC-10 nach Überlebenden. Die Anzahl der Retter schien in keinem Verhältnis zu der Arbeit zu stehen, die auf sie wartete, und einige der unverletzten Passagiere halfen ihnen. Andere Reisende - einige schmutzig und schockiert, andere so unberührt von den jüngsten Ereignissen, daß sie den Eindruck erweckten, gerade geduscht und frische Kleidung angezogen zu haben - standen allein oder in kleinen Gruppen und warteten auf die Busse, die sie zum Dubuque-Terminal bringen sollten. Sie führten nervöse Gespräche oder schwiegen betroffen. Nur die vom Knattern der Statik untermalten Stimmen, die aus Funkgeräten und WalkieTalkies drangen, verbanden die einzelnen Aspekte der Szene miteinander und gaben ihr Kohärenz. Holly suchte nach Jim Ironheart, aber statt dessen fand sie eine junge Frau, die ein gelbes Hemdblusenkleid trug - Anfang Zwanzig, schlank, kastanienbraunes Haar und ein porzellanartiges Gesicht. Sie war unverletzt, aber ganz offensichtlich brauchte sie Hilfe. Die Fremde starrte auf den rückwärtigen Teil des Flugzeugs und rief immer wieder einen Namen: »Kenny! Kenny! Kenny!« Sie hatte ihn so oft gerufen, daß ihre Stimme zu einem heiseren Krächzen geworden war.
    Holly legte ihr die Hand auf die Schulter. »Wer ist er?« Die Augen der Frau waren so blau wie Kornblumen. Es flackerte in ihnen. »Haben Sie Kenny gesehen?«
    Holly wiederholte ihre Frage. »Wer ist er?«
    »Mein Mann.«
    »Wie sieht er aus?«
    »Wir haben gerade unsere Flitterwochen begonnen«, brachte die Fremde benommen hervor.
    »Ich helfe Ihnen bei der Suche nach ihm.«
    »Nein!«
    »Kommen Sie. Es wird alles gut.«
    »Ich möchte nicht nach ihm suchen«, sagte die Frau und ließ sich von Holly zu einem der Krankenwagen führen. Das Wrack blieb hinter ihnen zurück. »Ich will ihn nicht sehen. Nicht so, wie er jetzt ist. Tot. Zerfetzt und verbrannt und tot.«
    Sie gingen zusammen über den weichen, umgepflügten Acker. Im späten Winter würde man hier eine neue Saat ausbringen, die im Frühling grüne Keime trieb. Bis dahin waren sicher alle Spuren des Todes verschwunden und die Illusion des immerwährenden, sich ständig erneuernden Lebens wiederhergestellt.

5
    Irgend etwas geschah mit Holly. Eine grundsätzliche Veränderung fand in ihr statt. Noch verstand sie nicht, worum es dabei ging, was der Wandel bedeutete und wie sehr sich die neue Holly von der alten unterschied. Aber sie spürte profunde Bewegungen in den Fundamenten des Herzens und der Seele.
    Da in ihrem inneren Kosmos ein solches Durcheinander herrschte, konnte sie kaum Energie für die externe Welt erübrigen. Sie verhielt sich ebenso wie die anderen Passagiere: Sanft wie ein Lamm folgte sie dem StandardNotfallprogramm.
    Die emotionale, psychologische und praktische Hilfe, die man den Überlebenden des Fluges 246 gewährte, beeindruckte sie sehr. Die medizinischen Einsatzzentren sowie der Katastrophenschutz von Dubuque hatten sich offenbar auf einen solchen Fall vorbereitet und reagierten sofort. Darüber hinaus trafen wenige Minuten nach ihrer Ankunft im Terminal Psychologen, Berater, evangelische Pfarrer,

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