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Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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helfen, und dafür bezahlte er den Russen. Meine Finger blieben heil, man ließ mich weiterleben. Nur zu welchem Preis? Zu welchem Preis?« Urplötzlich flossen Tränen aus seinen trüben Augen.
    Es vergingen drei Minuten, in denen Sampo den Mauszeiger zweimal Richtung Vorlauftaste bewegte und jedes Mal von Kristina davon abgehalten wurde.
    »Vielleicht könnte ich ihn tatsächlich retten«, sagte der Biologe, als niemand mehr damit rechnete. »Mit Arthurs Hilfe oder umgekehrt. Aber er würde uns trotz allem nicht davonkommen lassen. Das wollte ich Ihnen, die mir da draußen zuhören, gesagt haben. Er hat vergessen, wie es ist, ein Mensch zu sein. Das hat er mir selbst gesagt. Seine Seele ist erfroren.«
    Wieder machte er eine Pause, um zu trinken. Daniel befürchtete, Achterberg würde mit seiner Aufzeichnung zum Ende kommen und dabei in seiner selbstmitleidigen Art vergessen, den Namen des Teufels zu nennen, der ihn in diesen Wahn getrieben hatte.
    »Keine Ahnung, ob es Sie interessiert, wie wir ihn am Leben halten. Aus medizinischer Sicht gesehen, meine ich. Was spielt das auch für eine Rolle? Ich weiß, was Sie jetzt denken! Er ist der Teufel, warum habt ihr ihn nicht verrecken lassen? Er ist clever, hat Arthur genauso in der Hand wie mich. Ja, ja, es geht ums Geld, was sonst.« Sein Zeigefinger tauchte überdimensional groß vor der Linse auf. »Wir sind moralisch verkommen. Das ist das Einzige, was uns wirklich erpressbar macht. Diese erbärmlich schwache Moral, diese Rückgratlosigkeit unserer rausgefressenen Generation … Der Doc, der will seinen Status nicht verlieren, den er sich so hart erarbeitet hat. Dabei müsste er ganz schön blechen.« Der Gedanke rang ihm ein irres Kichern ab. »Seine Alte kann wie keine andere mit Geld umgehen, und sie würde ihn ausbluten lassen wie eine Wildsau … Der Doktor hatte schon immer eine Schwäche für Dunkelhaarige, so sehr wie ich für mit grünem Filz bezogene Tische.« Er lachte schrill. Begann wieder zu husten. Keuchte. Speichel tropfte aus seinem Mund und blieb an den Bartstoppeln am Kinn hängen. »Arthur hat ihm dieses Betäubungsmittel besorgt. Er wollte es für sich selbst. Bevor die Kälte ihn auffrisst, hat er geschworen. Heilige Scheiße, ich hoffe, er benutzt es auch bei den Leuten, bevor er ihnen die Bäuche aufschlitzt.« Sein Blick verklärte sich ein weiteres Mal.
    Vielleicht dachte er darüber nach, wie die Morde abliefen.
    Erst nach einer guten Minute erinnerte er sich wieder an die Kamera. »Der Teufel hat uns beide durchschaut und seine Klauen genau in diese Wunden gerammt, tief und endgültig«, resümierte er. »Er bezahlte dem Russen gerade so viel, dass der mich nicht für immer verschwinden ließ. Ich habe gehört, wie die das machen. Mit Salzsäure in einer Badewanne. In speziellen Fällen halten sie es nicht einmal für nötig, einem vorher das Genick zu brechen. Sosehr wie mich der Spatz ins Herz geschlossen hat, gehöre ich ganz sicher zu Letzteren. Gefesselt und geknebelt in der Wanne, und du kannst dabei zusehen, wie die Säure Haut und Muskeln von deinen Knochen frisst. Verstehen Sie mich? Ich will nicht so enden. Aufgelöst und im Abfluss runtergespült. Daher blieb mir keine Wahl, ich musste ihm sein Zeug aufbereiten … Schon klar, dass Sie mich jetzt verurteilen. Mein Handeln macht mich in Ihren Augen nicht besser als ihn.« Achterberg verzichtete drauf, der Kamera zuzuprosten, und trank das Glas leer. »Er will am Leben bleiben, das ist alles. Genau wie ich. Nur muss ich niemanden dafür umbringen, ich muss lediglich das beschissene Fett verarbeiten, das er immer wieder anschleppt.«
    Die Kamera wackelte, als er danach griff. In derselben Sekunde schwenkte er sie durch den Raum. Die Küchenzeile wurde vom Licht in der Dunstabzugshaube erhellt. Es dauerte einen Herzschlag lang, bis sich das Objektiv wieder scharfstellte. Endlich wurde sichtbar, woher das einschläfernde Summen im Hintergrund kam. Die Zentrifuge surrte auf der Anrichte neben dem Spülbecken. Die Fliehkraft drückte die kleinen Glasröhrchen nach außen.
    Die gleichen, die sie in Achterbergs Abstellkammer gefunden hatten.
    »Wir suchen nach Erlösung. Arthur und ich. Wenn wir ihn retten, erlösen wir auch uns von diesem Joch. So hat der Doc sich ausgedrückt. Ich hab dem von Anfang an keinen Glauben geschenkt. Wunschdenken ist das. Der Teufel ist ein Blender, ein Drecksack, der immer gewinnt, egal wie mies sein Blatt ist. Gut möglich, dass ich ihm deshalb nicht

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