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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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würden? Eine Armee?«
    »Ich hatte damit gerechnet, hier Verstärkung anzutreffen«, knurrte er. »Männer von den Mauern, um unsere Streitmacht zumindest zu verdoppeln.«
    »Hier ist aber niemand«, gab ich zurück. »Also greifen wir mit dem an, was wir haben.«
    Sorrenti schnaubte. »Und werden hingemetzelt! Wir würden nicht einmal bis auf dreißig Schritte an die Ratskammer herankommen.«
    »Dann können wir vielleicht helfen.«
    Alle wirbelten zu der neuen Stimme herum. Die Protektoren und die Gardisten Amenkors umringten uns sofort, bildeten eine Mauer, die uns gegen die drei Männer abschirmte, die hinter uns auf der Straße standen. Sie trugen vom Kampf gezeichnete Rüstungen. Das Sonnenlicht fing sich in Kratzern und Kerben. Staub und Schmutz von der Straße bedeckte die Wappenröcke, die fleckig waren vor Schweiß und Blut. Zwei der Männer hattendie Haare zu einem dicken, mit Zwirn befestigten Zopf zurückgebunden. Der dritte Mann, der Anführer, war kahl.
    Die Worte waren völlig ruhig, fast beiläufig ausgesprochen worden, von einer rauen Stimme, die an Stein erinnerte, der über Stein schabt. Es war eine mir vertraute Stimme.
    »Wer seid Ihr?«, fragte Sorrenti schroff.
    Ich sah das Banner, das einer der Männer an einer langen Stange hielt. Der Stoff war an einer Querstrebe befestigt, hing herab und war in der Nähe der Stelle gesichert, wo der Mann die Stange in der Hand trug.
    Und auf dem schwarzen Stoff prangte in leuchtendem Rot der Geisterthron.
    Mein Blick huschte zurück zu dem Kahlköpfigen, zu seinem Gesicht, das vom Banner teilweise in Schatten getaucht wurde. Meine Nasenflügel blähten sich. Ich roch den Mann in den Tiefen des Flusses, spürte seine Präsenz und die Strömungen, die ihn umgaben, schmeckte die Bitterkeit von Verrat …
    Die Wut stieg so schnell und unverhofft in mir auf, dass es sich wie ein Schnitt vom Bauch bis zur Kehle anfühlte. Mit zorniger Stimme stieß ich hervor: »Baill.«
    Baill, der ehemalige Hauptmann der Palastgarde von Amenkor, bewegte den Kopf, wodurch sein Gesicht ins Sonnenlicht geriet. Seine Miene wirkte verbissen, allerdings nicht vor Zorn, sondern vor Bedauern und Achtung.
    Er schloss die Augen und senkte den Kopf. »Regentin.«
    Ohne nachzudenken, setzte ich mich in Bewegung und zog den Dolch. Mit einer flüssigen Bewegung glitt ich durch die Mauer der Gardisten, die mich schützen sollte. Doch bevor ich mich vollends hindurchzwängen konnte, umklammerte eine Hand meinen Arm so fest, dass ich wusste, es würde ein Bluterguss zurückbleiben, und hielt mich zurück.
    Ich fuhr zu Erick herum und fauchte: »Lass los!«
    »Nein«, erwiderte er knapp. Wäre es jemand anders gewesen – Sorrenti, Marielle, vielleicht sogar William –, ich hätteden Dolch benutzt und mich durch einen blutigen Schnitt befreit.
    Aber es war Erick.
    Er suchte meinen Blick, schaute mir in die Augen. Ich hörte mich atmen. Die Luft rasselte durch meine Nase, da ich die Zähne zusammengebissen und den Mund fest geschlossen hatte. Ich verengte die Augen zu Schlitzen. Die Wut siedete heiß und tief in mir, kribbelte in meinen Armen, kochte in meinem Blut. Ich spürte es auch im Fluss – dasselbe Gefühl ging von allen aus, von Marielle und Avrell, von William und von Erick selbst. »Er hat uns an die Chorl verraten«, zischte ich. »Er hat unsere Lebensmittel gestohlen und sie ihnen verkauft!«
    Bevor Erick etwas erwidern konnte, rechtfertigte Baill sich mit fester Stimme: »Ich habe Amenkor nicht verraten. Nicht an die Chorl.«
    Avrell schnaubte verächtlich. »Ihr habt unsere Lebensmittel verscherbelt, die wir gehortet hatten, um den Winter zu überleben!«
    Baill schüttelte den Kopf, und ein harter Ausdruck trat in seine Augen. Er kam einen Schritt näher. »Ja! Aber ich habe sie an Alendor verkauft. Er hat sie an die Chorl weiterverkauft, was ich aber erst erfahren habe, nachdem Ihr uns während unseres Treffens an dem Brunnen angegriffen und ihn gefangen genommen habt. Er hat uns an die Chorl verraten, nicht ich.«
    »Und deswegen sollen wir Euch vergeben?«, stieß Avrell angewidert hervor und schien drauf und dran, Baill anzugreifen.
    »Nein«, entgegnete dieser. Anders als bei Avrell war seine Stimme ruhiger geworden. »Nein. Denn ich habe Amenkor sehr wohl an Alendor verraten. Und ich habe Euch verraten, Regentin. Ich hatte Euch nicht zugetraut, über Amenkor zu herrschen. Ihr wart ein Gossenkind. Ich dachte, Ihr würdet versagen.«
    Ich spürte, wie Ericks Griff um

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