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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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Plattform fernzuhalten, auf der wir standen. Die ganze Stadt schien sich eingefunden zu haben, einschließlich der Bewohner des Siels. Ich spürte, wie eine Hand sich um mein Herz schloss. Schweiß trat mir auf die Stirn.
    Jemand berührte mich am Arm, beugte sich zu mir und murmelte: »Mach es kurz. Es braucht nichts Hochgestochenes zu sein. Vergiss nicht, die meisten Leute sind schon halb betrunken.«
    Eryn.
    Ich presste die Lippen zusammen, denn ich war alles andere als belustigt. Ich griff in den Fluss und warf ein Netz über die Menge aus, so weit ich konnte. Der Wurf gelang mir nicht so weit wie auf dem Marktplatz, als ich Yvan als Verräter verurteilt hatte, doch das spielte keine Rolle. Hören mussten mich nur jene, die der Plattform am nächsten standen.
    Ich trat vor, und unter leisem Gemurmel verstummten die vorderen Ränge der Menschenmenge. Weiter außen nahmen die Feierlichkeiten überschwänglich und laut ihren Fortgang, doch hier am Rand des Docks herrschte Totenstille.
    Ich hob beide Arme, benutzte das Netz, um meine Stimme zu verbreiten, und sprach: »Auf Amenkors Überleben.«
    Eine Pause entstand.
    Dann brach die Menge in ohrenbetäubendes Geschrei aus. Glocken und Hörner fielen aus allen Winkeln das Hafens in den Radau mit ein. Über das Getöse hinweg hörte ich, wie der Kapitän von Regins Schiff einen Befehl rief. Ich drehte mich um und sah, wie sich die Segel im Wind bauschten. Bei diesem Anblick überkam mich ein vertrautes Gefühl der Erregung. Ich beobachtete, wie das Handelsschiff sich vom Dock löste und seinen beiden Gefährten folgte, die bereits abgelegt hatten. Das Gebrüll der Menge breitete sich in beide Richtungen entlang des Kais aus und schwoll erst ab, als die Schiffe den Pier hintersich gelassen hatten und die Mitte des Hafens erreichten. Die Sonne stand tief am Himmel und ließ die Wolken wie Feuer lodern. Die Musikanten stimmten eine muntere Weise an, und der Kai wurde zu einer wimmelnden Masse von Menschen, die tanzten und tranken, aßen und feierten.
    Ich fragte mich, wie viele der Anwesenden vom Siel sich in diesem Augenblick als Taschendiebe betätigten. Ich hätte es jedenfalls getan, sofern ich überhaupt gewagt hätte, mich vom Siel hierherzubegeben.
    Unwillkürlich grinste ich. Die Freude, die das Fest vermittelte, war ansteckend.
    Neben mir räusperte sich William. Ich hatte bereits gespürt, wie er sich mir genähert hatte, und seine Gegenwart verursachte mir ein Kribbeln auf der Haut.
    »Nette Ansprache«, sagte er.
    Ich schnaubte. »Avrell wird mich umbringen.«
    »Ich weiß.«
    Ich drehte mich um, sah Williams spöttisches Grinsen und versetzte ihm einen freundschaftlichen Stoß. Hinter ihm erblickte ich Borund, der mit Regin sprach und zugleich mit einem seltsamen Ausdruck – einer Mischung aus Hoffnung, Traurigkeit und Bedauern – auf Williams Rücken starrte.
    Ich wandte mich wieder William zu, der sich die Stelle rieb, an der ich ihn geknufft hatte. »Borund ist fleißig gewesen.«
    Williams Grinsen erlosch und wich einer steinernen Miene. »Ja.«
    Erst dachte ich, er würde noch etwas hinzufügen, doch er stand stumm da und starrte auf die Menge. Hinter ihm hatten einige Leute auf der Plattform zu tanzen begonnen.
    Ich seufzte. »Was erwartest du von ihm, William? Er kann es nicht ändern, dass er am Kai davongerannt ist. Er kann nicht ungeschehen machen, dass er dich zurückgelassen hat.«
    »Ich weiß«, presste er zornig hervor.
    »Was willst du dann?«
    Einen Augenblick lang schürte er noch seinen Zorn; dann seufzte er verdrossen. »Ich weiß es nicht. Ich weiß selbst nicht, was ich will.«
    »Hast du mit ihm gesprochen?«
    »Ich habe getan, was für die Gilde getan werden musste. Ich habe getan, was er von mir verlangt hat. Aber wir haben nicht darüber geredet.«
    Ich nickte. Ich hatte die beiden weder am Kai noch im Palast zusammen gesehen und wusste, dass sie nicht darüber gesprochen hatten.
    Weit draußen im Hafen passierten die Schiffe die schützenden Landarme, die weit in die Bucht ragten, und glitten dann hinaus aufs offene Meer. Zwei der Handelsschiffe drehten südwärts in Richtung Venitte ab; das dritte segelte Richtung Norden.
    Sobald die Schiffe außer Sicht waren, löste Regin sich von Borund und hielt auf William und mich zu. Ich straffte die Schultern. William tat es mir gleich, als er Regin nahen sah.
    »Seid Ihr bereit?«, fragte ich.
    Regin nickte mit unverbindlicher Miene. »Wann immer Ihr bereit seid.«
    »Lasst mir noch

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