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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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Bewegung erspähte ich flüchtig Marielles Gesicht und sah ihren vielsagenden Blick, bevor sie von Keven im Kreis gedreht wurde. Dann tollten Avrell und Eryn an uns vorüber, wobei Eryn verzückt lachte.
    Drei Tänze später verlangsamte William seine Schritte und hielt schließlich inne, als die Musik endete und die Tanzenden in Beifall ausbrachen. Eine Bö wehte erneut den Duft von gebratenem Schweinefleisch herbei, und mir knurrte der Magen.
    »Ich brauche eine Pause«, erklärte ich keuchend und verschwitzt. Mein Herz pochte, als hätte ich stundenlang mit Westen geübt. Dennoch fühlte ich mich froh und ausgelassen, nicht müde und erschöpft.
    »Wie du möchtest«, sagte William mit gerötetem Gesicht und leuchtenden Augen.
    Wir gingen zu den mit Speisen beladenen Tischen. Entlang des gesamten Kais und auf den verbliebenen Schiffen erhellten Laternen und Fackeln die Nacht, und die Menschenmenge breitete sich allmählich weiter in die Unterstadt aus.
    William reichte mir ein Glas Wasser, häufte ein paar Gabeln geschnetzeltes Schweinefleisch auf einen Teller, legte ein Stück Brot dazu und führte mich von der Plattform aufs Dock. Wirsetzten uns auf ein Kiste, aßen schweigend und beobachteten das Treiben am Kai. Hinter mir spürte ich die Anwesenheit einiger Gardisten – meiner allgegenwärtigen Eskorte –, aber ich schenkte ihnen keine Beachtung. William hatte sie wahrscheinlich nicht einmal bemerkt.
    »Catrell hat mir erzählt, dass du vorhast, eine weitere Mauer zu errichten«, sagte er, als der Teller nur noch wenige Fleischstreifen und Krümel enthielt. »Eine Mauer, die den gesamten östlichen Teil der Stadt umgibt.«
    »Ja.« Es entfuhr mir etwas barsch.
    William zögerte. Ich spürte seinen Blick auf mir. »Was ist denn?«
    Kurz spielte ich mit dem Gedanken, nicht darauf einzugehen, da ich mich nicht von Belangen des Palasts stören lassen wollte; dann aber seufzte ich. »Avrell sagt, es ist unmöglich. Wir haben nicht genug Geld. Nicht nach dem vergangenen Winter und dem Angriff der Chorl.«
    »Ah.« William verfiel in nachdenkliches Schweigen. Schließlich meinte er leise: »Du hast jetzt vier neue Händler. Hast du schon daran gedacht, dich an sie zu wenden?«
    Ich geriet ins Grübeln, doch bevor ich etwas erwidern oder es mir richtig durch den Kopf gehen lassen konnte, fuhr William fort: »Wir hatten zwar noch keine Gelegenheit, unsere eigenen Häuser zu errichten, und fangen erst ganz von vorne an, aber in der Regel überlassen uns unsere Meister, die Händler, unter denen wir als Lehrlinge gedient haben, ein Geschenk, einen Teil ihrer Häuser, etwas, womit wir beginnen können. Es wird nicht viel sein, aber es ist immerhin etwas. Vielleicht können wir zu viert genug aufbringen, um den Bau der Mauer zu ermöglichen.«
    Ich starrte William an, sah das stumme Flehen in seinem Gesicht, die Inbrunst in seinen Augen. Er wollte helfen, unbedingt – allerdings weder wegen der Stadt noch wegen seines neuen Händlerhauses.
    Er wollte mir helfen.
    »William …«, setzte ich an. Dann beugte ich mich vor und küsste ihn flüchtig. Bevor unsere Lippen sich berührten, spürte ich das Zittern seines Körpers und nahm seinen Duft wahr: Sägemehl aus den Lagerhäusern und Meersalz.
    Dann zog ich mich zurück und hörte ihn seufzen.
    Mit einem Mal erklang schrilles, eindringliches Glockengeläut. Es kam von den Mauern, die den Hafen schützten. Verwirrt drehte William sich dem Geräusch zu. Ich sprang auf. Aus der Dunkelheit erschienen zwei Wachen und stellten sich an meine Seite.
    »Was ist das?«, fragte ich angespannt. Doch ich wusste es bereits.
    »Eine Warnung«, antwortete einer der Gardisten mit rauer Stimme und gab dem anderen ein Zeichen, worauf der Mann sich im Laufschritt in Richtung des Kais in Bewegung setzte. »Unbekannte Segel am Horizont.«

D RITTES K APITEL
    A ngst breitete sich am Kai auf, als die Kunde sich verbreitete. Die ausgelassenen Feierlichkeiten kamen zum Erliegen. Menschenmassen entfernten sich von den Docks und bewegten sich wie riesige Flutwellen zu den Palastmauern, als die Warnglocken verstummten. Doch genauso viele Leute suchten eilends Waffen und schlossen sich den Gardisten an, die am Ufer postiert waren, wie Darryn es ihnen eingebläut hatte. Der Fluss brodelte vor Gefühlen – Furcht, Verzweiflung, Entschlossenheit. Ich spürte, wie mein Inneres sich verhärtete.
    »Sind es die Chorl? Haben sie unsere Handelsschiffe angegriffen?«, fragte William. Er trat neben mich und

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