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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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den Gardisten, der geblieben war, um mich zu beschützen. Der Mann war angespannt und wachsam. Auch andere näherten sich uns – fast alle, die sich auf der Plattform befunden hatten, darunter Westen, Avrell, Marielle und Eryn.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich und schob den Ärmel meines Kleides zurück, um die Scheide mit meinem Dolch freizulegen.
    »Alle Bürger begeben sich zum Palast«, verkündete Avrell. »Schließlich haben wir noch keine Tore.«
    »Die Garde ist unterwegs«, fügte Westen hinzu. »Catrell teilt die Leute ein, die geblieben sind und an den Docks kämpfen können.«
    Schweigend warteten wir, mit angehaltenem Atem und gespitzten Ohren. Die Stille war zermürbend. Das einzige Licht stammte von den Fackeln und Laternen entlang der Docks und von den Schalen mit brennendem Öl, die den Palast und die beschädigten Mauern erhellten. Wind wehte in Böen vom Meer heran, zerrte an meinem Kleid und zupfte an meinen Haaren.
    Dann zerbrach neuerliches Glockengeläut die Stille, und die Gardisten rings um uns seufzten vor Erleichterung.
    »Es sind nicht die Chorl«, verkündete Westen. »Es ist ein fremdes Handelsschiff.« Als die Glocken kurz verstummten und dann ein neues Zeichen läuteten, runzelte er die Stirn. »Und es lässt Anzeichen von Beschädigungen erkennen.«
    Sofort dachte ich an die Schiffe, die wir losgeschickt hatten. Waren sie bereits in Schwierigkeiten geraten? Aber Westen hatte gesagt, dass es sich um ein fremdes Schiff handelte. Außerdem konnte das einlaufende Schiff durch verschiedene Dinge beschädigt worden sein – durch einen Sturm oder durch Seeräuber.
    Aber das glaubte ich nicht.
    War es unseren Handelsschiffen begegnet? Hatte es sie überhaupt gesehen?
    »Es könnte eine Weile dauern, bis das Schiff anlegt«, meldete Avrell sich zu Wort. »Sollen wir zum Palast zurückkehren?«
    Ich zögerte. Einerseits wollte ich wissen, was dem Schiff widerfahren war und ob Gefahr für die Handelsschiffe bestand, die den Hafen erst vor etwas mehr als einer Stunde verlassen hatten. Andererseits hatte Avrell recht: Es konnte noch eine volle Stunde dauern, bis der Kapitän bereit war, mit mir zu reden.
    »Verbreitet die Kunde, dass es kein weiterer Angriff ist«, befahl ich, »aber belasst für alle Fälle ein Kontingent von Gardisten hier am Dock.« Ich wandte mich Westen zu. »Ich will mit dem Kapitän sprechen, sobald er bereit ist.«
    Der Hauptmann der Sucher nickte. »Ich werde ihn persönlich in den Palast begleiten.«

    Fast zwei Stunden später erschien ein atemloser Page am offenen Eingang zum Audienzsaal des Palasts.
    »Der Kapitän der Verlässlich ist hier, um Euch seine Aufwartung zu machen«, stieß er keuchend hervor.
    Auf mein Nicken hin huschte der Mann davon und ließ mich mit William, Avrell, Eryn und Keven allein. Keven stand unerschütterlichwie eine alte, knorrige Eiche neben jenem Bereich, in dem ich während der vergangenen Stunde unruhig auf und ab gegangen war. Seine Anwesenheit war nicht ganz so tröstlich für mich, wie es bei Erick gewesen wäre, aber dennoch beruhigend. Avrell stand ein Stück entfernt neben Eryn, die an einem Tisch am Ende des Raumes saß.
    Ich hatte William gebeten zu bleiben, was Avrells offenkundige Missbilligung gefunden hatte, doch ich hatte der finsteren Miene des Oberhofmarschalls keine Beachtung geschenkt. Da Erick kaum noch am Leben war, empfand ich Williams Gegenwart als ermutigend.
    »Die Verlässlich ?«, fragte Eryn.
    Avrell schaute nachdenklich drein. »Ich glaube, es ist eines der Schiffe von Fürst March aus Venitte. Sie müssen die Stadt fast am ersten Frühlingstag verlassen haben, um so schnell hierherzugelangen.«
    Westen tauchte in Begleitung zweier Männer am Eingang auf.
    »Darf ich vorstellen: Das ist Tristan, Kapitän des venittischen Schiffes Verlässlich . Und dies ist Brandan Vard«, Westen suchte meinen Blick und vermittelte mir eine deutliche Warnung, »Begabtendiener des Fürsten von Venitte.«
    Eryn versteifte sich. Avrells Hand krampfte sich um die Rückenlehne von Eryns Stuhl.
    Tristan betrat den Raum. Er trug die formelle, dunkelblaue Jacke eines Kapitäns, die an die eines Händlers erinnerte, allerdings keine Stickerei aufwies, die den Rang anzeigte. Goldbesatz zierte die Manschetten und den Kragen, und an den Schultern prangten goldene Knöpfe und Epauletten mit roten und goldenen Quasten. Der Mund des Kapitäns bildete eine schmale, verkniffene Linie, die dunkle Haut unter seinen Augen zeugte von

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