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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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unsere Zahl verdoppelt. Und wir haben gerade mit der Ausbildung einer neuen Miliztruppe begonnen. In einem Monat werden wir über eine beachtliche Streitmacht verfügen – eine Armee, die ich ohne Gewissensbisse gegen die Chorl in die Schlacht schicken würde.« Mit ernster Miene suchte er erst Avrells Blick, dann den meinen. »Diese Männer aber jetzt schon den Chorl entgegenzuschicken würde nur dazu führen, dass sie getötet werden. Dadurch erreichen wir gar nichts.«
    Stille trat ein. Catrell und ich verharrten in Angriffsposition. Ich wollte den Chorl offen entgegentreten, da ich es leid war, im Dunklen zu sitzen und nur darauf zu warten, dass etwas geschah. Ich wollte den Angriff übernehmen, denn ich war enttäuscht und fühlte mich machtlos – außerstande, Erick zu helfen, und nicht fähig, sofort Schiffe instand zu setzen oder Mauern und Tore errichten zu lassen.
    Der Umstand, dass ich Catrell vertraute und wusste, dass er recht hatte, half mir da wenig.
    »Allerdings …«, setzte Darryn an.
    Das Wort hing in der Luft und zog die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich.
    »Was?«, fragte ich.
    »Wir haben nicht genügend Männer, um eine Armee loszuschicken, aber wir könnten genug für eine Kundschaftergruppe erübrigen. Wenn wir vorhaben, uns den Chorl irgendwo unterwegs zu stellen und gegen sie zu kämpfen, müssen wir wissen, wo sie sich aufhalten. Wir brauchen Informationen. Haben sie Temall bereits eingenommen? Wo sind ihre Streitkräfte? Wo befindet sich ihr Versorgungstross? Wie wollen sie sich uns nähern? Auf dem Landweg oder übers Meer?«
    Catrell nickte. »Das stimmt.«
    »Wir könnten ein Schiff nach Süden entsenden«, schlug Westen vor. »Eine Gruppe könnte in der Nähe von Temall an Land gehen und auskundschaften, was die Chorl im Schilde führen. Wir wissen nichts über ihre Streitkräfte. Über wie viele Männer, wie viele Schiffe verfügen sie?«
    Über wie viele Begabte?, dachte ich grimmig.
    »Also gut«, sagte ich. »Stellt eine Gruppe aus so vielen Männern zusammen, wie ihr erübrigen könnt. Trotzdem muss sie klein genug sein, um nicht auf den ersten Blick entdeckt zu werden.« Catrell und Darryn nickten. An Catrells Miene konnte ich ablesen, dass er bereits plante. »Wie lange wird es dauern?«
    Catrell zuckte mit den Schultern. »Die Männer können binneneines Tages ausgerüstet und marschbereit sein. Genauso schnell können wir eines der geborgenen Chorl-Schiffe vorbereiten, sobald das nächste seetauglich gemacht ist, was wahrscheinlich in ein paar Tagen der Fall sein wird. Aber es dauert fünf Tage, um Temall zu erreichen.«
    »Keven«, sagte ich und hörte, wie er vortrat. »Stell eine Eskorte zusammen. Stimm dich dabei mit Catrell und Darryn ab.«
    »Wozu?«
    »Weil ich an Bord sein will, wenn das Schiff nach Temall ausläuft.«
    »Kommt gar nicht infrage!«, erboste sich Avrell und stand jäh auf. Bisher hatten er und Eryn geschwiegen. Nun aber war seine Miene finster und störrisch.
    »Was meint Ihr damit?«
    Avrell musste den gefährlichen Unterton in meiner Stimme gehört haben, doch er schenkte ihm keine Beachtung.
    »Ihr könnt nicht auf dieses Schiff gehen. Allein der Gedanke ist lächerlich! Nicht so kurz nach einem Angriff auf die Stadt. Nicht wenn die Bewohner Amenkors all ihre Kraft und ihr Durchhaltevermögen aus Euch beziehen, aus Euch allein! Für sie verkörpert Ihr den einzigen Grund, warum wir den vergangenen Winter überlebt haben. Ihr seid der Grund dafür, dass wir den Angriff der Chorl überstanden haben. Wenn Ihr jetzt abreist, wo die Stadt sich kaum erholt hat und der Thron gesprungen und nutzlos ist, hätten die Menschen von Amenkor unweigerlich das Gefühl, im Stich gelassen zu werden, ganz gleich, was Ihr ihnen sagt. Nein.« Er schüttelte entschieden den Kopf. »Ihr könnt nicht abreisen. Nicht jetzt, und erst recht nicht für irgendeine Kundschaftergruppe!«
    Mir lag eine heftige Antwort auf der Zunge, doch als ich den Blick über die anderen Gesichter schweifen ließ, sah ich, dass alle am Tisch Avrells Meinung teilten.
    Doch der heiße Wunsch, etwas zu tun, irgendetwas , brannte in meinen Armen und Beinen.
    »Varis«, sagte Eryn, beugte sich vor und streckte die Hand aus, um sie mir auf den Unterarm zu legen. »Avrell hat recht. Auch ohne den Thron verkörperst du Amenkor. Für die Menschen bist du im vergangenen Winter zu Amenkor geworden . Und wenn Catrell dabei ist, kannst du die Kundschaftergruppe ja mithilfe des Feuers im Auge

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