Die Kaempferin
wird das Hauptschiff, begleitet von der Kriegsbeute und der Plünderung .«
Regin lachte. »Ich erkenne ein Muster in den Namen der erbeuteten Chorl-Schiffe. Preis, Kriegsbeute, Plünderung … «
»Der letzte Name hat Avrell einen Schreck eingejagt«, sagte ich. »Er hat versucht, ihn zu ändern – in Schatz oder Bergungsgut –, aber er hatte sich bereits festgesetzt. Jemand hat sogar über Nacht Plünderung auf den Rumpf gemalt.«
Regin blickte die Docks entlang und wurde ernst. »Damit bleiben Amenkor nicht viele Schiffe übrig.«
Wir hielten inne. Zwei weitere Handelskähne lagen zusammen mit Tristans Schiff am Kai vertäut. Auf den letzten beiden Chorl-Schiffen, die gerade erst zu den Liegeplätzen geschleppt worden waren, tummelten sich Instandsetzungsmannschaften.In der anderen Richtung waren drei Docks an Borund übergeben worden, damit er dort neue Schiffe bauen konnte. Eine Art Gerüst war errichtet worden, und die Schiffszimmermänner waren eifrig zugange.
»Borund arbeitet, so schnell er kann«, sagte ich.
»Aber was ist mit der Verteidigung Amenkors, während Ihr fort seid? Was, wenn die Chorl zurückkehren?«
Mit hochgezogenen Augenbrauen und ein wenig überrascht von der Sorge in Regins Stimme erwiderte ich: »Durch Schiffe haben die Chorl sich damals nicht aufhalten lassen. Dafür haben William und die anderen neuen Händler bereits mit der Errichtung einer neuen Außenmauer begonnen.«
»Aber die Mauer wird nicht über Nacht gebaut. Es wird Jahre dauern, sie fertigzustellen. Außerdem werdet Ihr und Avrell einen beträchtlichen Teil der Armee mitführen. Keine Schiffe und ein Heer, das sich vorwiegend aus frisch ausgebildeten Bürgerwehrkämpfern zusammensetzt … nein, Regentin, weder mir noch sonst jemandem ist wohl dabei.«
»Ihr habt Eryn. Sie bleibt mit einigen der Begabten hier.«
»Nicht Eryn hat uns vor den Chorl gerettet«, gab Regin zurück.
Ich legte die Stirn in Falten. »Ich kann nicht hierbleiben, Meister Regin. Ich kann nicht mit dem Wissen in Amenkor hocken, dass die Chorl Venitte angreifen werden.« Die Worte sprudelten leidenschaftlicher als beabsichtigt aus mir hervor, und irgendetwas verhärtete sich in meiner Brust, etwas Heißes, tief Sitzendes. Ich musste tätig werden, musste handeln. Ich konnte nicht in Amenkor ausharren und Urteile über nichtige Streitigkeiten fällen, während die Chorl die Küste verheerten.
»Vor ein paar Monaten hättet Ihr noch keine Wahl gehabt«, gab Regin zu bedenken. »Der Geisterthron hätte Euch gezwungen , hierzubleiben.«
Mit geweiteten Augen wandte ich mich ihm zu. Genau daran lag es. Vor ein paar Monaten hatte ich mich in Amenkorgefangen gefühlt, vom Geisterthron eingesperrt. Es hatte mir widerstrebt, zumal ich eben erst erkannt hatte, dass die Welt aus mehr als nur den Straßen Amenkors bestand. Ertragen hatte ich es allein wegen der verzweifelten Lage der Stadt und dann wegen des Angriffs der Chorl.
Nun aber war der Thron tot. Ich war frei und konnte über Amenkors Grenzen hinausreisen. Und ich wollte es. Das Verlangen, die Welt zu erkunden, war wie ein Jucken unter der Haut, das ich nicht kratzen konnte. Deshalb wollte ich mit Westens Kundschafterschiff aufbrechen und hatte jedem gezürnt, der dafür eingetreten war, dass ich hierblieb.
Diesmal musste ich das nicht. Avrell bestand sogar darauf, dass ich ging. Wegen des Thrones war keine Regentin Amenkors je nach Venitte oder in eine der anderen Küstenstädte gereist. Aus diplomatischer Sicht müsste ich gehen, meinte er, als Zeichen von Treu und Glauben, und um die Ernsthaftigkeit der Bedrohung durch die Chorl sowie Amenkors Einhaltung des Pakts zu betonen. Und da ich unerfahren mit Diplomatie war, fühlte er sich verpflichtet, mich zu begleiten, um mir die Feinheiten der Politik von Venitte zu erklären und mir Geleit zu bieten.
Um dafür zu sorgen, dass ich es nicht vermassle , dachte ich süßsauer.
Doch all das kümmerte mich nicht wirklich. Ich wollte nur hinaus aus der Stadt. Ich wollte das Deck des Handelsschiffes unter den Füßen schaukeln spüren, wollte den Wind im Gesicht fühlen, während wir segelten, wollte das Salz der Gischt schmecken, die vom Bug des Schiffes aufstob. Seit ich zum ersten Mal zu den Docks gekommen war, hatte ich davon geträumt. Damals war es nur eine unbestimmte Sehnsucht, was sich jedoch geändert hatte, je länger ich als Borunds Leibwächterin in der Gegend des Kais tätig gewesen war.
Die Sehnsucht war gewachsen. Es war mir
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