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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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aber wir haben keine Ahnung, was auf dem Spiel steht. Tatsächlich wissen wir nicht einmal, wie derzeit die politische Stimmung in Venitte ist.«
    Ich dachte daran zurück, wie Brandan in Ericks Zimmer gestürzt war und wie verwirrt er ausgesehen hatte, als er Erick erstmals wahrnahm. »Ich glaube nicht, dass er lügt, was Erick angeht. Und ich weiß, dass er den Bann sehen kann, weil er ihn und seine Wirkung nur allzu gut beschreiben konnte.«
    »Trotzdem könnte er lügen.«
    Ich drehte mich Eryn zu. »Ich habe keine Wahl. Keiner von uns kann Erick helfen, nicht einmal Ottul.«
    Eryn nickte. »Ich weiß. Es ist nur …«
    Weiter unten am Kai krachte eine Kiste auf die Planken und brach knirschend auf. Äpfel kullerten heraus. In der Nähe flatterten Hühner in Käfigen aufgeregt mit den Flügeln, und eine Ziege meckerte. Der Hafenmeister brüllte vor Zorn, und dunkelhäutige Zorelli rannten los, um die Äpfel einzusammeln.
    Avrell beobachtete das Geschehen mit düsterer Miene vom Ende des Docks aus. Eryn legte besorgt die Stirn in Falten und hustete. Das Geräusch klang halbherzig und leer, erschien mittlerweile fast wie eine Gewohnheit.
    Ich schaute auf das Wasser des Hafens hinaus. »Avrell kann hierbleiben«, sagte ich. »Ich überlebe Venitte auch ohne ihn.«
    Ich spürte Eryns Blicke und konnte fühlen, wie sie nachdachte; dann seufzte sie. »Nein. Du brauchst ihn mehr als ich. Wir waren auch früher des Öfteren durch Pflichten voneinander getrennt, oder weil wir es wollten. Diesmal ist es nicht anders.«
    Es mochte den Anschein haben, aber es stimmte nicht. Das blutbespritzte weiße Tuch, das Eryn im Ärmel versteckt bei sich trug, legte Zeugnis davon ab.
    Dennoch erwiderte ich nichts, weil ich wusste, dass ich Avrell in Venitte brauchen würde.
    »Die Kutschen sind da«, sagte Eryn.
    Ich drehte mich zur Stadt um und erblickte die drei Kutschen, die soeben an das Dock der Trotzig rollten. Die Menge wurde von Catrell und einer Gruppe der Gardisten zurückgedrängt. Die meisten Leute am Kai kümmerte es nicht, was auf den Docks vor sich ging. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, einander schluchzend zu umarmen und sich von ihren Lieben zu verabschieden, während Gardisten und Seeleute die vier Schiffe bestiegen. Doch als der Fahrgast der ersten Kutsche ins Freie trat, senkte sich Stille über jene, die am nächsten standen. Durch den Fluss schwappte eine dunkle Welle aus Hass und Groll.
    »Ich bin immer noch der Meinung, du solltest Ottul hierlassen«, murmelte Eryn.
    Ich erwiderte nichts.
    Die Dunkelheit im Fluss schwoll an, als Ottul von vier Begabten und zehn Gardisten den Pier entlang zu uns geführt wurde. Seit dem ersten Versuch, sich zu befreien, nachdem wir sie gefunden hatten, hatte sie uns keine wirklichen Schwierigkeiten mehr bereitet, aber ich wollte kein Wagnis eingehen.
    Auch sie spürte den Hass im Fluss. Ihr Blick verfinsterte sich. Sie warf ihr langes, schwarzes Haar zurück, straffte die Schultern und ging mit stolzen Schritten über den Pier, als wäre sie ein Ehrengast, keine Gefangene.
    »Regentin«, sagte Marielle. Sie, Trielle, Heddan und Gwenn waren die vier Begabten, die Ottul bewachten. Gwenn war dazu auserkoren worden, weil Ottul bei ihren Ausflügen zum Übungsgelände eine gewisse Verbindung zu ihr aufgebaut hatte.
    »Der Raum ist vorbereitet«, sagte ich.
    Marielle nickte. Die anderen taten es ihr gleich; dann gingen sie an mir vorbei zur Trotzig . Ich hatte die Gedanken an Ottul bereits verdrängt und begab mich ans Ende des Piers zur zweiten Kutsche.
    Catrell und drei weitere Gardisten halfen Isaiah aus dem Gefährt. Dann zogen sie die Trage heraus, auf die Erick geschnallt worden war, damit er transportiert werden konnte. Man hatte es ihm mit Kissen und Decken so bequem wie möglich gemacht; dennoch zuckte ich zusammen, als die Männer die Trage mit den seitlich angebrachten Griffen kippten.
    Die lodernden Schmerzen durch die Nadeln, die zweifellos von den Fesseln und den ruckenden Bewegungen verursacht wurden, mussten schier unerträglich sein.
    »Bringt ihn aufs Schiff und befreit ihn so rasch wie möglich«, sagte ich zu Isaiah.
    »Gewiss, Regentin.«
    Als sie vorsichtig an mir vorbeigingen, tauchte ich in dasFeuer in Ericks Innerstem und sandte ihm einen Schwall Hoffnung und Mitgefühl, zog mich jedoch schnell wieder zurück.
    Die Schmerzen waren schier unerträglich.
    In der dritten Kutsche saßen William und Borund. Beide trugen ihre formellen Händlerjacken.
    »… und

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