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Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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Träumen erzähle, dass …«
    »Schluss jetzt«, gebietet das Känguru.
    »Du verstehst, worauf ich hinauswill.«
    »Nicht zu einhundert Prozent.«
    »Ich fürchte schlicht, ich könnte eine psychoanalytische Endlosschleife auslösen, die das Traum-Zeit-Kontinuum zur Implosion bringt.«
    »Ja, das klingt sehr wahrscheinlich«, sagt das Känguru.
    Ich gähne und lege mich wieder hin.
    »Stehst du nicht auf?«, fragt das Känguru.
    »Nein.«
    »Sicher?«
    »So sicher wie der grüne Daumen und Fort Knox. Da kannste einen drauf lassen. Da kannste Gift drauf nehmen. Da kannste drauf wetten.«
    »Wetten?«, fragt das Känguru. »Gerne. Der übliche Betrag? 9,95?«
    »Verschwinde.«
    »Aber mir ist langweilig«, sagt das Känguru.
    »Es ist mir ein absolutes Rätsel, dass ich deine Anwesenheit vermisst habe«, murmle ich und mache die Augen zu. Kurze Zeit später streichelt jemand meinen Kopf. Ich öffne langsam die Augen. Mein Psychiater sitzt an meinem Bett und singt: »Sandmann, lieber Sandmann, es ist noch nicht so weit …« Ich drehe mich um. Meine Mutter sitzt draußen auf dem Fenstersims und beobachtet mich. Neben ihr fliegt der Pinguin. Er öffnet seinen Schnabel und spricht: »Schon bald nennst auch du mich Meister.«
    Mein Wecker klingelt. Ich fahre hoch.
    Es ist 11 Uhr 30. Ich wühle mich aus der Decke und schlurfe aus dem Schlafzimmer.
    »Ehrlich, Alter!«, sagt das Känguru. »Ohne Wecker würdest du es immer wieder verpassen, mir rechtzeitig Mittag zu kochen.«
    »Ich hatte voll die merkwürdigen Schachtelträume«, sage ich gähnend. »Erst von meinem Psychiater, und dann habe ich geträumt, dass ich dir von dem Traum erzähle, den ich im Traum hatte. Total irre, muss ich dir gleich mal erzählen …«
    Das Känguru faltet seine Pfoten zum Gebet.
    »Herr, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber«, murmelt es. »Aber nicht, wie ich will, sondern wie du willst.«
    Ich schlurfe unter die Dusche. Als ich im Bademantel in die Küche komme, hat das Känguru schon Kaffee gemacht. Ich schütte eine Tasse in mich hinein.
    »Oh!«, sagt es beiläufig. »Du schuldest mir übrigens 9,95!«
    »Was? Wieso?«
    Das Känguru zeigt auf das Fenster. Es ist noch dunkel draußen.
    »Du hast den Wecker vorgestellt«, sage ich.
    Das Känguru nickt.
    »Razupaltuff.«

Ich laufe die Straße hinunter, um unseren Freund Otto-Von in der bekannten Imbissbude Snacks and the City 2 zu besuchen. Ich habe mein Ziel schon fast erreicht, da surrt das Känguru von hinten an mich heran. Es steht auf einem Segway Personal Transporter. 4
    4 Segway Personal Transporter, der: eine motorisierte Sackkarre für faule Touristen. (Anm. des Chronisten)
    »Wo haste das Ding denn her?«, frage ich, ohne anzuhalten.
    »Geborgt«, sagt es und fährt neben mir her.
    »Aha.«
    Das Känguru trägt ein halboffenes dreckiges Hemd, eine braune Lederjacke, einen Hut mit breiter Krempe und in der Pfote eine Peitsche.
    »Was lachst du?«, fragt es.
    »Ich habe mir nur gerade einen Transformer vorgestellt, der sich unter viel Getöse in einen Segway Personal Transporter verwandelt.«
    »Die anderen Transformer würden sich bestimmt über ihn lustig machen«, sagt das Känguru. »Intolerantes Pack.«
    »Und Der Herr der Ringe wäre ein viel witzigerer Film gewesen, wenn die Gefährten auf Segway Personal Transportern durch Neuseeland gerollt wären.«
    »An den Bauzäunen dahinten hängen übrigens Poster für eine neue Show im Friedrichstadtpalast«, sagt das Känguru. »Da spielen Kleinkünstler Der kleine Hobbit nach. Wollen wir da hingehen?«
    »Ich bin wirklich froh, dass ich nicht Kuchenbäcker geworden bin«, sage ich, »wo ich doch so gerne Kuchen esse. Verstehste? Kuchenbäcker essen bestimmt nicht mehr gerne Kuchen.«
    »War das ein kryptisches Nein?«
    »Was war daran kryptisch?«
    »Also du willst da nicht hingehen?«
    »Doch!«, sage ich. »Unbedingt.«
    »Das hast du jetzt erotisch gemeint, nicht wahr?«
    »Wie bitte? Erotisch? Du wolltest sagen: ironisch.«
    »Nein. Ich wollte sagen: erotisch. Ich meinte natürlich: ironisch. Aber ich wollte sagen: erotisch.«
    Ich seufze.
    »Ich habe nämlich beschlossen, bei einigen Wortpaaren die Bedeutungen auszutauschen«, sagt das Känguru. »So sage ich zum Beispiel statt ironisch jetzt immer erotisch. Oder statt aggressiv attraktiv. Oder statt Problem Ekzem. Und jeweils umgekehrt.«
    »Und warum machst du das?«
    »Na, warum wohl?«, antwortet das Känguru. »Es ist witziger!«
    »Gib mir ein

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