Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
Vom Netzwerk:
nur in einem Gespräch beiläufig das Wort Geheimzahl sagen«, sagt das Känguru, »und schon denken die Leute an ihre Geheimzahl. Ob sie wollen oder nicht.«
    »Ah häha äh …«, sagt Gregor.
    »Geheimzahl …«, sagt das Känguru.
    »Ähm … Ich muss mal kurz für kleine dicke Männer«, sagt der kleine dicke Mann und torkelt rückwärts davon.
    »Zu spät«, ruft ihm das Känguru grausig lachend hinterher. »Zu spät.«
    »Warum tust du das?«, frage ich.
    »Weil ich es kann«, sagt das Känguru. »Aber du … Was stehst du hier noch dumm rum? Los, los, kleiner Oliver Twist, hinterher. Rechte Jacketttasche.«
    »Du kannst nicht wirklich Gedanken lesen«, sage ich.
    »Ah ja, richtig«, sagt das Känguru nachdenklich. Es dreht am silbernen Knauf seines Spazierstocks. Eine Messerspitze schnellt unten heraus. Damit ersticht es eine Gänsekeule auf dem Buffet und zieht sie zu sich heran.
    »Manchmal verliere ich mich in meinen Geschichten.«
    Ein Mann in einem etwas zu kleinen Anzug stapft energischen Schrittes auf uns zu. »Hab ich Sie endlich gefunden!« Er reicht dem Känguru einen Schlüssel.
    »Parkdeck A«, sagt er. »Stellplatz 38. Kein Kratzer!«

»Ich schaue mir meine Filme nie an.
Sie sind mir zu brutal.«
    Jennifer Aniston
    Ich warte mit Friedrich-Wilhelm und Krapotke vor einem großen, mäßig sympathischen Kino am Potsdamer Platz. Eigentlich wollte das Känguru die Verfilmung des ersten Teils der Wunderhure ankucken, aber die Tickets waren schon Tage vorher ausverkauft, deshalb wollen wir jetzt In der Sonne liegen in Island ankucken.
    »Der Film fängt gleich an«, sage ich, »und das Känguru ist noch nicht da. Das stresst mich.«
    »Du weißt erst, was Stress ist«, sagt Friedrich-Wilhelm, »wenn dir dein kleines Kind mit einer Intensität und auf einer Frequenz, die du nicht für möglich gehalten hättest, ›Gackgack‹ ins Ohr brüllt und du in der ganzen bekackten Packung Zookekse keine einzige verfickte Ente mehr findest.«
    »Irgendwie klingt das mit dem Kinderkriegen bei dir immer recht negativ«, sage ich.
    »Nein, nein«, sagt Friedrich-Wilhelm. »So ein Kind macht auch vieles einfacher. Zum Beispiel die Wünsche.«
    »Echt?«, fragt Krapotke.
    »Ja, ja«, sagt Friedrich-Wilhelm. »Habe ich letztens mit meiner Freundin drüber geredet. Früher wollten wir auch mal mit anderen schlafen. Heute wollen wir auch mal schlafen.«
    Das Känguru hüpft herbei und winkt schon von weitem mit den Onlinetickets. Es trägt ein weißes T-Shirt, Plastiksandalen, Sonnenbrille und über allem einen hellbraunen Bademantel. In seiner Pfote hält es einen Tetrapak Milch.
    »Es ist eine unfassbare Frechheit«, ruft es, ohne groß hallo zu sagen. »Habt ihr gewusst, dass man für Onlinetickets eine bekackte ›Servicegebühr‹ in Höhe von bekackten zehn Prozent des Ticketpreises bezahlen muss? Man muss also dafür, dass man diesem bekackten Kinokonzern Arbeit erspart, mehr von seinem hart verdienten Geld abdrücken.«
    Es wendet sich zu mir. »Ich meine, ich habe natürlich mit deiner Kreditkarte bezahlt, aber du hast ja auch hart für dein Geld … Oder sagen wir, es gibt bestimmt Leute, die hart für ihr Geld arbeiten mussten, und auch die werden da abgezockt.«
    »Du bist spät dran«, sage ich.
    »Ja, aber Schuld hat nur das bekackte Onlineticketsystem. Es will einen nämlich zwingen, pro Ticket eine komplette DIN-A4-Seite auszudrucken. Und diese Seite ist, bis auf den kleinen Bereich mit dem Ticket, voller Werbung! Farbige Werbung! Wahrscheinlich produziert der Kinokonzern auch Druckerpatronen, sonst ist mir völlig unklar, wie man auf so eine bekackte Idee kommen kann.«
    »Und das Ausdrucken der Tickets hat dich so lange aufgehalten?«, fragt Friedrich-Wilhelm.
    »Nein«, sagt das Känguru. »Beziehungsweise ja. Erst hab ich nämlich eine Stunde lang versucht, nur einen Teil der angezeigten Seite, also nur das Ticket, auszudrucken. Aber das ging nicht. Dann hab ich eine halbe Stunde ohne Erfolg versucht, auf der bekackten Website dieses Kinokonzernes eine Beschwerdestelle zu finden, bei der ich mich beschweren kann, und dann musste ich erst mal zwei Stunden World of Warcraft spielen, um mich abzureagieren. Dann musste ich meine Verkleidung zusammenstellen, und dann habe ich die Tickets ausgedruckt, aber beim vierten Ticket ist die Tinte alle gewesen, weil ich ja vorher schon drei Seiten Werbung – dreimal dieselbe übrigens, um den Wahnsinn perfekt zu machen – ausdrucken musste. Dann ist mir der alte

Weitere Kostenlose Bücher