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Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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einem gewagten Sprung erwischt es die Kralle. Ich renne hinterher, springe und halte mich an seinen Beinen fest. Die Kralle zieht uns weiter in die Mitte des Hangars und dann nach oben. Ich lasse mit einer Hand los und ziehe mein Handy aus meiner Hosentasche.
    »Was machst du denn da?«, ruft das Känguru aufgebracht.
    »Ich habe ’ne neue App runtergeladen, die spielt das Indiana-Jones-Thema ab, wenn ich mein Handy wie eine Peitsche schwinge! Und eine bessere Gelegenheit wird sich mir nicht mehr bieten.«
    DEEH DE DE DEEEEH! DEEH DE DEEEEH!

Die Kralle zieht uns durch ein Loch in der Decke, und wir landen auf einem Förderband, welches uns und das im Beutel piepsende Küken bis in eine Halle transportiert, deren Boden nicht zu sehen ist, so viele piepsende Pinguinküken drängen sich darauf. An der Wand hängen große Bildschirme, auf denen Chinesisch-Lern-Videos laufen. Vorsichtig waten wir durch die Küken. Am Ende der Halle ist ein Gatter und dahinter eine Rolltreppe. Wir springen auf.
    »Ruhe, Ruhe«, wispert ein Lautsprecher, als wir im nächsten Stock ankommen. Das Känguru öffnet eine Tür mit der Aufschrift HYPNOPÄDIESTATION, und wir treten ins Zwielicht eines lamellenverdunkelten Schlafsaals. Gitterbetten stehen in Reih und Glied an der Wand. In jedem liegt ein kleiner Pinguin und macht Mittagsschlaf.
    »Unfassbar«, flüstere ich. »So sind sie noch niedlicher!«
    Ich höre leises, gleichmäßiges Atmen und ein anhaltendes Murmeln – wie sehr fernes Getuschel. Ich nähere mich einem der Betten. Unter dem Kopfkissen singt ein Lautsprecher leise: » Wer will fleißige Handwerker seh’n, der muss zu uns Kindern geh’n . Stein auf Stein, Stein auf Stein, der Flugplatz wird bald fertig sein. Wer will fleißige …«
    Ich gehe ein paar Betten weiter und lausche wieder. Da singt die Stimme unter dem Kissen leise: »Danke für meine Arbeitsstelle, danke für jedes kleine Glück. Danke …«
    Ich lausche am nächsten Bett.
    » Tatsächlich fördert er in der Regel nicht bewusst das Allgemeinwohl «, sagt die Stimme, » noch weiß er, wie hoch der eigene Beitrag ist. Er wird in diesem wie auch in vielen anderen Fällen von einer unsichtbaren Hand geleitet, um einen Zweck zu fördern, der keineswegs in seiner Absicht lag. Indem er seine eigenen Interessen verfolgt, fördert er oft diejenigen der Gesellschaft auf wirksamere Weise, als wenn er tatsächlich beabsichtigt, sie zu fördern. Geiz ist geil … «
    Unsere Verfolger betreten leise watschelnd den Schlafsaal. Hastig verlassen wir den Raum durch die Tür am anderen Ende.
    Vor uns ist wieder eine Rolltreppe. Wir fahren nach oben und gelangen in einen langen Flur. Alle zehn Meter eine Tür. In den Türen Bullaugen. Ich bleibe stehen und starre durch eines hindurch, über dem Alpha-Plus-Controller steht.
    Ein Königspinguin doziert vor einer Klasse flauschiger, grauer Minikaiserpinguine, die alle aussehen wie umgestülpte Daunenkissen und in kleinen, weißen Eierschalensesseln sitzen.
    Ein einsamer Schüler in der letzten Reihe meldet sich.
    »Wie ich sehe, hat jemand eine Frage«, sagt der Lehrer.
    »Ähm ja«, sagt der kleine Pinguin. »Entschuldigung. Vielleicht haben Sie’s ja schon beantwortet, aber warum genau sind wir eigentlich hier?«
    Ein anderer Minipinguin meldet sich.
    »Ja?«, sagt der Lehrer.
    »Wir sind hier, weil wir die Besten der Besten der Besten sind, Sir!«, piept er.
    Der Lehrer nickt.
    »Fahren wir im Unterricht fort«, sagt der Lehrer. »Was ist eine Million plus eine Million?«
    Ein Schüler meldet sich.
    »Ja?«, fragt der Lehrer.
    »Nicht genug«, piept der Minipinguin.
    »Korrekt!«, sagt der Lehrer.
    Der einsame Pinguin in der letzten Reihe wendet sich gelangweilt zur Tür und starrt mich traurig an. Das Känguru kommt zurückgehüpft und reißt mich mit sich.
    »Los jetzt!«
    Ich renne dem Känguru hinterher, bis es vor einer Seitentür mit der Aufschrift »Zutritt verboten« stehen bleibt. Es kramt in seinem Beutel nach einem Dietrich. Ich drehe am Knauf. Die Tür ist offen. Wir schlüpfen hinein und schließen die Tür. Ich höre unsere Verfolger heranschlittern. 16
    16 Um die fast unerträgliche Spannung aus diesem Cliffhanger zu nehmen, sei an dieser Stelle schon verraten, dass unsere Verfolger an uns vorbeischlittern werden. (Anm. des Chronisten)

»Warum bist du hier, Fremder?«, fragte das namenlose Schattengewächs.
»Ich bin auf der Suche nach dem Medaillon des Greifenkönigs MacGuffin. Die uralte Trullala schickte mich

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