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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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seinem trunkenen Zustand zu haben. Er schob die zusammengebrochene Tischhälfte von seinem Schoß, zückte seinen Degen und rannte mehrere Haken schlagend von der Seite aus auf den Bären zu.
    Dieser musste ihn gewittert haben, denn sofort wandte er sich mit einem bedauernden Grunzen von seiner Beute ab. Genauso flink wie wenige Minuten zuvor richtete er sich erneut auf die Hinterbeine zu seiner vollen Größe auf und drehte sich zu seinem Angreifer herum.
    Mit einem einzigen kühnen Stoß rammte Justus von Zimmer die in der Abendsonne funkelnde Klinge in die Brust des Tieres.
    Der Bär brüllte auf. Seine Pranken schlenkerten in der Luft. Nur der goldverzierte Griff des Degens ragte noch aus dem zotteligen Fell heraus.
    Mit einer unkoordinierten Bewegung versuchte der Neffe des Schultheißen seinen Degen aus dem Bären zu ziehen, als ihn ein Prankenschlag des taumelnden und gurgelnde Laute ausstoßenden Tieres an der Wange traf.
    »Hoppla!«, rief er und warf sich zur Seite.
    Der Bär sackte neben ihm auf alle viere. Aus seinem Rücken ragte die Spitze des Degens. Seine winzigen Augen nahmen einen glasigen Ausdruck an. Er versuchte sich noch einmal aufzubäumen, doch er war zu geschwächt. Langsam knickten seine Beine unter ihm ein, und er sank zu Boden. Ein Zucken ging durch den großen schweren Körper, dann rührte sich das Tier nicht mehr.
    »Luzi!«, heulte Gottfried Hoffmann auf.
    In seiner wütenden Verzweiflung fing der Apfelweinwirt an, wie von Sinnen auf seine Frau einzuschlagen. Mit beiden Fäusten prügelte er auf sie ein.
    Johanna hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen. Oh, Gott, wo war sie hier wieder hineingeraten! Sie stöhnte auf und verbarg das Gesicht in den Händen.
    Als sie sich aus ihrer Erstarrung löste und losrannte, traf sie im selben Augenblick bei Elisabeth ein wie die Bijoutiersgattin.
    »Lass sie in Ruhe, du widerliches Schwein!«, fauchte die schwarze Frau und drosch mit ihrem Sonnenschirm auf Gottfried Hoffmanns Kopf ein.
    Johanna zerrte Elisabeth auf die Beine, die mit blutender Unterlippe und aufgelösten Haaren sofort zu Ludwig Haldersleben eilte. Sie drehte sich zu Gottfried Hoffmann und der schirmschlagenden Bijoutiersgattin um, als sie sah, wie deren Mann und Justus von Zimmer sich auf Jockel Lauer und den Pferdeschwanzträger stürzten. Der dritte Kumpan, der mit den Tätowierungen, schien die Flucht ergriffen zu haben.
    »Jockel, hilf mir, verdammt noch mal!«, brüllte Gottfried. »Du musst mich von dieser Furie befreien!«
    »Kann nicht«, röchelte der Schnapsbrenner, der sich mittlerweile im Würgegriff von Herrn Haberkorn befand.
    »Wo sind die anderen hin? Sag Scholli, er soll den Kerl kaltmachen, der meinen Luzi auf dem Gewissen hat!«
    Gottfried war es endlich gelungen, der Bijoutier sgattin den Schirm zu entringen. Schon holte er aus, um das Gerät mit dem Knauf voran auf ihren Kopf niedersausen zu lassen wie eben noch die Axt auf die Tischplatte, als Johanna ihm in den Arm sprang.
    »Das wirst du nicht tun, Gottfried Hoffmann!«, knirschte sie wutentbrannt.
    »Die sind abgehauen«, hörte sie Jockel Lauer sagen. »Was ich jetzt auch tun werde …«
    Der Schnapsbrenner hatte den Moment ausgenutzt, als der Bijoutier seinen Würgegriff gelockert hatte, um seiner Frau zu Hilfe zu eilen, und war im Begriff, aus dem Tor hinauszurennen. Als Gottfried Hoffmann erkannte, dass sich neben dem Bijoutier nun auch noch Justus von Zimmer auf ihn zu bewegte, stieß er Johanna von sich weg, die im Fallen die Bijoutiersfrau umwarf, und setzte hinter seinem Kumpanen her.
    »Los, wir müssen ihn verfolgen!«, brüllte der Neffe des Schultheißen. »Hinterher!«
    Mit beiden Armen wedelnd stand er unter dem Torbogen und versuchte die anderen Gäste zum Mitmachen zu animieren. Aber außer zwei sturzbetrunkenen Schreinergesellen schien sich ihm niemand anschließen zu wollen.
    Johanna rappelte sich auf, half der Bijoutiersgattin auf die Beine und trat zu Elisabeth, die den Kopf des Kartenmachers in ihren Schoß gebettet hatte. Tränenüberströmt, mit einer dünnen Blutspur, die ihr von der verletzten Lippe aus über das Kinn lief, strich sie ihm immer wieder über Stirn und Wangen. Ludwig Haldersleben hatte das Bewusstsein verloren und eine beängstigend wächserne Gesichtsfarbe angenommen.
    »Lebt er?«, fragte Johanna besorgt.
    »Ich glaube, ja«, schluchzte Elisabeth, die dem Kartenmacher eine Hand vor Mund und Nase hielt, um zu sehen, ob er noch atmete.
    Ännchen

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