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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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durch den Alkohol und die mehrfach gebrochene Nase etwas Grobes angenommen hatten, aber dennoch war für sie schon bei ihrer ersten Begeg nung klar gewesen, dass er ein brutaler Schläger war, der andere gern erniedrigte. Als sie dann selbst das erste Mal das Bett mit Adam geteilt hatte, war sie sehr gespannt gewesen, was da wohl auf sie zukommen würde. Nach Halderslebens und Elisabeths vagen Ausführungen dürfte es eher keine Leidenschaft gewesen sein, was sie in jener ersten Liebesnacht und auch später im Zusammensein mit ihrem Mann empfunden hatte, das wusste sie mittlerweile. Zum Schmelzen hatte er sie nie gebracht, und auch verzehrt hatte sie sich nicht nach ihm. Ihre Trauer war groß und aufrichtig gewesen, als er starb, und in den ersten Wochen hatte es immer wieder Momente gegeben, in denen sie gedacht hatte, es ohne ihn nicht aushalten zu können. Aber dann hatte sie gemerkt, dass sie ihn zwar sehr vermisste, aber dass das Leben auch ohne ihn weiterging. Adam war sicher nicht ersetzbar, aber sie war nicht abhängig von ihm. Wie eine reife Frucht war ihr diese Erkenntnis eines späten Abends in den Schoß gefallen – als sie nach getaner Arbeit bei einer letzten Tasse Kaffee allein in der Gaststube gesessen und über ihr Leben nachgedacht hatte, ja, womöglich war das sogar nach ihrem ersten Besuch bei Jehuda in der Judengasse gewesen und ihrem ersten gemeinsamen Geschäftsabschluss. Ohne Kaffee hingegen konnte sie es keinen einzigen Tag aushalten. Wie waren die Menschen in früheren Jahrhunderten nur ohne dieses fantastische Getränk ausgekommen?, fragte sie sich immer wieder. Was hatten sie gemacht, um diesen wundervollen Zustand vollendeter Gemütlichkeit zu erreichen? Was hatten sie in ihren Pausen getan? Wie sich für den Tag geweckt?
    Denn allzu lange war es ja noch gar nicht her, dass der Kaffee seinen Siegeszug rund um die Welt angetreten hatte. Unzählige Legenden rankten sich darum, wie die stimulierende Wirkung und damit der Kaffee entdeckt worden waren. Johanna mochte die Geschichte von dem äthiopischen Hirten und seinen Ziegen am liebsten, die an den Kaffeekirschen herumgeknabbert hatten und plötzlich auffällig munter wurden. Aus ihrem Ursprungsland war die Pflanze dann nach Arabien gelangt und von dort in die anderen Länder des Islam. Den Muslimen kam entgegen, dass das Getränk keinen Alkohol enthielt, denn den hatte ihr Prophet verboten. Johanna konnte nicht anders, als das zu befürworten, auch wenn sie das natürlich nicht laut vor ihren Gästen sagte, denn selbstverständlich gab es in der Coffeemühle auch Wein und Bier zu trinken. Der Gast war schließlich König.
    Das Wort »Kaffee« stammte vom arabischen »qahwa« ab und bedeutete ursprünglich »Alkohol«, wusste Johanna, man hatte also einfach das verbotene Getränk durch ein anderes ersetzt und ihm denselben Namen gegeben. Adam hatte ihr die Geschichte des Kaffees und der Kaffeehäuser immer wieder vorgebetet, bis sie diese genauso auswendig kannte wie er selbst. Das sei wichtig, hatte er jedes Mal im Anschluss an seinen Vortrag erklärt, ein Kaffeehauswirt müsse um die Tradition seiner Zunft wissen, sonst fehle ihm die Voraussetzung, um sein Geschäft mit der nötigen Inbrunst führen zu können. Das erste Kaffeehaus hatte gegen 1500 in Mekka seine Pforten geöffnet, erinnerte sich Johanna an seine Ausführungen. Kurz darauf schlossen sich Medina, Kairo, Bagdad und Damaskus an. Pilger und Kaufleute brachten den Kaffee schließlich nach Konstantinopel, und von dort aus gelangte er endlich auch nach Europa. Die ersten europäischen Kaffeetrinker waren venezianische Kaufleute und Mat rosen in den Hafenkneipen von Marseille gewesen. Im westlichen Europa wurde das erste Kaffeehaus 1647 in Venedig am Markusplatz gegründet. Sechs Jahre später eröffnete in London das Virginia Coffee-House . 1665 schickte Sultan Mehmet IV. seinen Gesandten Kara Mehmed Pascha auf eine diplomatische Mission nach Wien, und die Kaiserstadt verfiel der Kaffeesucht: Das erste Kaffee haus gab es hier seit 1685. Nachdem der osmanische Gesandte, Soliman Aga, nicht nur den Kaffee am Hofe Ludwigs XIV. eingeführt, sondern eine regelrechte Orientalismusmode ausgelöst hatte, begann ab 1672 der Armenier Pascal in Paris erstmals öffentlich Kaffee auszuschenken. Während die deutschen Hafenstädte Bremen und Hamburg ihre ersten Kaffeehäuser schon 1673 und 1677 bekamen, folgte das süddeutsche Regensburg erst gute zehn Jahre später. Dann schloss sich 1689

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