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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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hatte, in der anderen ein großes Kuchenblech.
    »Die können mich mal gernhaben, die im Rat mit ihrer Luxus kleiderordnung!«, hörte Gabriel die dicke Frau auf dem Sofa sagen.
    Sie wirkte auf ihn, als hätte sie bewusst jedes Stück, das sie trug, so ausgesucht, dass es garantiert gegen die Verordnung des Rates verstieß, die den unterschiedlichen Ständen vorschrieb, was sie tragen durften und was nicht. Es musste ihr schwerfallen, die Finger zu bewegen, dachte er, so dick saßen die Klunker darauf, aber es gelang ihr tatsächlich, den aus der Auktion stammenden Meissener Teller mit den Petits Fours näher an sich heranzuziehen. Eine rosa Süßigkeit aus Blätterteig wanderte zu dem Marienkäfer in den dunkelrot geschminkten Mund.
    Gabriel stimmte eine Sonate von Albinoni an. Er kam sich ein wenig seltsam vor zwischen lauter Frauen. Doch diese achteten gar nicht weiter auf ihn, sodass er frei war, seine Gedanken und Blicke umherwandern zu lassen. Seine Finger bewegten sich ohnehin von allein, er konnte sich ruhig auf andere Dinge als auf sein Spiel konzentrieren. Zum Beispiel auf die Bergerin. Wie schön sie doch war!, durchfuhr es ihn. Die Frisur mit dem kleinen Schleier betonte ihren grazilen Hals und den schmalen Nacken. Er hatte sich die Entscheidung, für sie zu spielen, wahrlich nicht leicht gemacht, aber als er nun ihre glückliche Miene sah, wusste er, dass es richtig gewesen war herzukommen. Lächelnd sah sie vom Sofa, wo sie neben der aufgetakelten Dicken mit dem Fuchsschwanz saß, zu ihm herüber. Am liebsten hätte er seinen Blick für immer mit dem ihren verschränkt.
    Es kam ihm vor, als würde er schon seit Stunden spielen. Ein ums andere Mal musste er sich zwischendurch verbeugen, weil der Applaus nicht aufhören wollte. Irgendwann wechselte er zu dem Spinett über, das Johanna eigens für die Eröffnung des Damensalons angemietet hatte, und stimmte ein Konzert für Solocembalo von Johann Sebastian Bach an.
    »Bravo!«, rief die Dicke auf dem Sofa, als er seine Darbietung mit einem selbst komponierten Allegretto beendete.
    Der Gehilfe mit dem schlafmützigen Blick, der offenbar die ganze Zeit schon an der Tür gewartet hatte, trat zu Johanna und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie drehte sich zu Gabriel um und vergewisserte sich, dass er mit seinem Konzert fertig war.
    »Werte Damen«, sagte sie in das aufkommende Geschnatter hinein, »ich freue mich, dass Sie sich alle so gut unterhalten haben. Wir werden sicher noch häufiger die Gelegenheit haben, ein solch gemütliches Zusammensein ganz unter uns zu wiederholen – das hoffe ich doch sehr! Und Sie werden bestimmt auch wieder in den Genuss eines Konzertes von Gabriele Stella kommen – ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dass er seinen Aufenthalt in unserer Stadt verlängert oder uns bald wieder besuchen kommt.«
    Sie war einen Schritt auf Gabriel zugetreten und hatte die Hand in seine Richtung ausgestreckt, um ihn dazu zu ermuntern, sich vor seinem Publikum zu verbeugen. Doch stattdessen ergriff der Musiker die ausgestreckte Hand und drückte unter dem tosenden Applaus der Damen einen Kuss darauf.
    »Reizend, Ihr Musikant, meine Liebe! Ich habe mich lange nicht mehr so gut amüsiert«, rief die Dicke mit dem Fuchsschwanzcape Johanna zu, während sie zusammen mit den anderen Frauen in den Innenhof wechselte, wo die beiden Bräter gerade einen großen Spieß für das Spanferkel aufbauten.
    Plötzlich war der Damensalon wie leer gefegt. Johanna bemerkte, dass nur noch sie und der Geiger im Raum waren.
    »Was für ein Erfolg!«, seufzte sie erschöpft. »Sie werden alle wiederkommen …«
    Ihre Wangen glühten, als sie mit zwei beherzten Schritten zu Gabriel eilte, der gerade das Instrument in den zugehörigen Kasten gelegt hatte, und seine beiden Hände ergriff.
    »Wir haben es geschafft, Gabriel! Gemeinsam haben wir es geschafft. Ich bin Ihnen so dankbar! Und niemand hat etwas gemerkt. Es war doch ganz einfach – oder nicht?«
    Sie wollte ihre Hände aus den seinen lösen, aber Gabriel hielt sie einfach fest. Er spürte, wie die Luft um sie herum knisterte. Am liebsten hätte er sie in seine Arme gezogen.
    »Johanna«, flüsterte er und trat einen Schritt näher, bis er so dicht vor ihr stand, dass nur noch eine Handbreit ihre Körper voneinander trennte.
    In dem Moment dröhnte Justus von Zimmers lauter Bass durch den Raum. Sofort riss Johanna ihre Hände aus Gabriels Griff und verschränkte sie vor der Brust.
    »Na, gratuliere, Frau

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