Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
Vom Netzwerk:
Vorbereitungen zu treffen, damit das Florian seine Türen öffnen konnte. Sie war sich nicht ganz sicher, ob noch genug Kaffeebohnen vom Vortag übrig waren oder ob sie noch eine Rösttrommel anwerfen musste. Dafür war sie allerdings schon ziemlich spät dran, wie sie mit Blick auf die große Standuhr erkannte. Immerhin würden noch genug Küchlein und Pasteten, sowohl süße als auch salzige, da sein, das hatte ihr Giuseppina gestern noch versichert, bevor Johanna auf den Planken über die Markusplatz-Pfütze zum molo geeilt war, wo die Gondel des Conte schon auf sie gewartet hatte. Und dem köstlichen Geruch nach Frischgebackenem, der durch die geöffneten Fenster eindrang, konnte sie entnehmen, dass gleich Ernesto mit seinen cornetti - und pandolce -Blechen aus der nebenan liegenden Bäckerei herbeigeeilt kommen würde.
    Ein lautes Klopfen an der Eingangstür schien ihre Annahme zu bestätigen. Schnell fuhr sich Johanna noch einmal über die hochgesteckten Haare, band die Schürze über ihr schlichtes dunkles Kleid und lief nach vorne in den Gastraum, um die Tür aufzuschließen. Doch die Silhouette, die sie hinter dem Spitzenvorhang vor dem Türfenster erkannte, gehörte nicht dem dürren Ernesto, der seine üppig beladenen Kuchenbleche auszubalancieren suchte. Die elegante Gestalt in dem schwarzen tabarro mit dem Dreispitz auf dem edlen Kopf war ihr indes mindestens genauso vertraut.
    »Andrea, so früh?«, rief sie erstaunt.
    Erst als sie sich vergewissert hatte, dass niemand sie beobach tete, drückte sie dem Mann vor ihr einen Kuss auf die Lippen.
    »Möchtest du einen Kaffee, bevor du nach drüben gehst?«
    »Drüben«, das war der Dogenpalast, von dem Johanna noch immer nicht wusste, welche Aufgaben den Conte dort erwarteten. Auf ihre Fragen nach seiner Tätigkeit hatte er jedes Mal seltsam verschlossen reagiert und irgendetwas von Amtsgeschäften gemurmelt, um gleich darauf wieder das Thema zu wechseln.
    »Sind wir allein?«, antwortete der Conte mit einer Gegenfrage und ließ den Blick flüchtig durch den Raum schweifen.
    »Ja, ich habe gerade erst aufgemacht«, erwiderte Johanna.
    Sie ärgerte sich über sich selbst, dass sie schon wieder den Anflug eines schlechten Gewissens verspürte, weil sie hier im Kaffeehaus war, statt sich zwischen den seidenen Laken in Andreas Baldachinbett zu aalen. Dieses hatte sie zwar wenige Stunden zuvor erst verlassen, aber dennoch meinte sie, seinen Unwillen zu spüren.
    »Ich muss mit dir reden.«
    Er zog sie zu seinem üblichen Platz am Fenster und klopfte auffordernd auf den Sitz neben sich. Seine Züge wirkten angespannt, und dunkle Ringe umkränzten seine Augen. Er sah aus, als hätte er kein Auge mehr zugetan, nachdem sie gegen Mitternacht von ihm fortgegangen war.
    Fragend blickte Johanna ihn an. Seine Finger, die nervös mit einem liegen gebliebenen Löffel spielten, zitterten leicht, wie sie verwundert feststellte. Mit der anderen Hand nestelte er in der Tasche seines tabarro herum. Er schaute sie nicht an, als er nun mit belegter Stimme sagte:
    »Ich muss fort von hier, Giovanna. Eine dringende Angelegenheit, die sich nicht aufschieben lässt. Ich weiß nicht genau, wann ich wieder hier sein werde. Aber ich möchte, dass du auf mich wartest.«
    Er zog die Hand aus der Tasche und legte ein kleines schwarzes Kästchen vor ihr auf die Tischplatte.
    Johanna hatte das Gefühl, ihr würde die Kehle zugeschnürt. Sie ahnte, was nun gleich folgen würde. Sie hoffte, es würde nicht geschehen, aber da sprach der Conte schon weiter.
    »Das ist für dich, Giovanna. Mach es auf!«
    Widerwillig öffnete sie das Kästchen. Der Atem stockte ihr, als sie den Deckel aufgeklappt hatte: Sie hatte noch nie ein so schönes Schmuckstück gesehen, ein breiter, schwerer Goldreif, verziert mit zierlichen Girlanden und gekrönt von einem Diamanten, der von Brillanten eingefasst war.
    »Ein Erbstück. Von meiner Großmutter. Dem einzigen Menschen aus meiner Familie, der mir je etwas bedeutet hat. Jetzt sollst du ihn tragen.«
    Noch immer hatte der Conte ihr nicht in die Augen gesehen. Erst als sie weiterhin schwieg, wandte er ihr sein Gesicht zu. Seine Finger waren eiskalt, als er nach ihrer Hand griff.
    »Giovanna, ich möchte, dass du ganz die Meine wirst. Ich muss nur noch ein paar Formalitäten erledigen. Sobald ich wieder da bin, können wir heiraten.«
    Was sagte er da? Johanna spürte, wie die Tränen in ihr hochstiegen. Der Conte – Andrea, korrigierte sie sich mechanisch –,

Weitere Kostenlose Bücher