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Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.

Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.

Titel: Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Schneidmüller
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römischen Fundamente der westlichen Kaiserwürde programmatisch zum Ausdruck. Das von vielen Siegen verwöhnte ottonische Heer erlitt dagegen am 13. Juli 982 im süditalienischen Columna Regia gegen sarazenische Truppen eine furchtbare Niederlage. Schließlich brach im Sommer 983 an der sächsischen Ostgrenze ein gewaltiger Aufstand tributpflichtiger Slawen aus. Er machte die Herrschaftssicherung und Mission zweier Generationen zunichte. Mit Zukunftsängsten betrieb der Kaiser von Italien aus die Königswahl seines erst dreijährigen Sohns Otto III. Am 7. Dezember 983 starb Otto II. in Rom. Als einziger Kaiser fand er sein Grab im römischen Petersdom.
    Mutter und Großmutter sicherten mühsam die Nachfolge des königlichen Kinds. 990 urkundete Theophanu nicht nur als Kaiserin, sondern auch mit dem männlichen Titel «Kaiser von göttlicher Gnade». Als Otto III. mit 14 Jahren seit 994 selbstständig herrschte, entfaltete er eine erstaunliche Dynamik. Von einem illustren Kreis berühmter Lehrer aus vielen Teilen der christlichen Welt erzogen, übertraf er seine Vorgänger an Bildung und kultureller Vielfalt. Wieder warb man für ihn um eine byzantinische Kaisertochter als Braut. Auf einen Hilferuf des Papstes Johannes XV. trat der König 996 seinen Italienzug zur Kaiserkrönung an. Als er Rom erreichte, war der Papst verstorben. Das gab dem künftigen Kaiser Gelegenheit zum personellen Zugriff. Selbstbewusst betrieb er die Papstwahl seines Hofkaplans und Vetters Brun, der als erster «deutscher Papst» den Namen Gregor V. (996–999) annahm. Sogleich krönte er Otto III. am Himmelfahrtstag, dem 21. Mai 996, zum Kaiser. Der 16-jährige Jüngling trug bei der Zeremonie einen Mantel mit Darstellungen aus der Apokalypse des Johannes. Das letzte Buch des Neuen Testaments wurde Programm für ein Kaisertum am Ende des ersten christlichen Jahrtausends. Nach dem Tod Gregors V. machte Otto III. seinen Lehrer Gerbert als Silvester II.(999–1003) zum neuen Papst. Der Großvater Otto I. hatte als erster Kaiser für die Absetzung eines Papstes gesorgt, sein Enkel behandelte das Papsttum wie ein Bistum seines Reichs.
    Wie einst Kaiser Konstantin der Große und Papst Silvester I. wollten Kaiser Otto III. und Papst Silvester II. ordnen und regieren: «Unser, unser ist das römische Reich», schrieb Gerbert an den Kaiser. Rom als Haupt der Welt wurde jetzt zum Ziel kaiserlicher Sehnsüchte. Für Bischof Leo von Vercelli bedeuteten Papst und Kaiser die beiden Himmelslichter, durch die das christliche römische Reich in seiner Weltherrschaft wieder erstrahlte. Das Neue schlug sich im Oktober 997 in einem neuen Siegel nieder: der Kaiser als Ganzfigur majestätisch auf einem breiten Thron, auf dem Haupt eine Plattenkrone, in den beiden erhobenen Händen ein Stabzepter und den mit einem Kreuz geschmückten Globus. Dieses erste Thronsiegel bestimmte die Zukunft der europäischen Herrschaftspräsentation.
    Doch der Widerstand der Römer störte den Glanz. Gegen den kaiserlichen Papst erhoben sie ihren Gegenpapst Johannes XVI. Ottos Strafgericht beim zweiten Italienzug hätte grausamer kaum sein können. Nach der militärischen Einnahme Roms wurde das Stadtoberhaupt Crescentius mit zwölf Anhängern als Majestätsverbrecher auf den Zinnen der Engelsburg öffentlich enthauptet. Den Gegenpapst Johannes verstümmelte man an Augen, Nase, Zunge und Ohren, riss ihm die Kleider vom Leib und jagte ihn rücklings auf einem Esel sitzend durch die Straßen Roms. Solche kaiserliche Grausamkeit ließ keine Liebe erstehen. Den selbstbewussten Deutschen wurden die Römer zu unberechenbaren Verrätern. Und den selbstbewussten Römern erschienen die Kaiser mit ihren Heeren als Barbaren aus dem Norden. Später schlich sich das antike Wort vom «teutonischen Schrecken»
(furor teutonicus)
wieder in die Texte.
    Dem stellte Otto III. eine sublime imperiale Repräsentationskultur entgegen. Wie die Päpste ließ er seit 998 Metallsiegel (Bullen) für seine Urkunden verwenden, auf der Vorderseite den Kaiser in antikisierender Präsentation, auf der Rückseite die Waffen tragende Roma als Allegorie der Macht. «Erneuerungder Kaiserherrschaft der Römer»
(Renovatio imperii Romanorum
) – das war die neue Devise. Auf dem altrömischen Palatin entstand ein neuer kaiserlicher Palast. Die Absicht des Kaisers zum längeren Verweilen in Rom löste höchste Bestürzung aus. Vermutlich präsentierte man dem Kaiser damals die so genannte «Konstantinische

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