Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
Land wieder unter römische Klientel brachte, allerdings auch seiner Christianisierung Vorschub leistete. Denn
Tiridates war zum Christentum übergetreten und gab nun Gregor dem Erleuchter die Möglichkeit, den christlichen Kult an die
Stelle des von den Persern oktroyierten Feuerkults zu setzen.
291 kam Diocletian zu einem zweiten Treffen mit Maximian in den Westen, diesmal nach Mediolanum/Mailand (Paneg. Lat. 11 [3],
4, 2 + 11, 1). Einer der wichtigsten Tagungsordnungspunkte dürfte die Beseitigung des Usurpators Carausius gewesen sein. Bei
diesem handelte es sich um einen aus Gallien stammenden Offizier, der von Maximian im Anschluß an die Kämpfe gegen die Bagauden
mit dem Schutz der Küsten Galliens gegen die Seeräuberei der Saxonen und Franken betraut worden war. Nach Differenzen mit
Maximian wegen der Ablieferung der Beute hatte Carausius den Augustus-Titel usurpiert und Britannien in Besitz genommen (Eutr.
9, 21). Ein Versuch Maximians, Carausius mit einer Flotte zu bekämpfen, war 289 fehlgeschlagen, so daß er sich gezwungen sah,
dessen Herrschaft über Britannien und Gesoriacum/Boulogne auf dem Festland zu tolerieren (Eutr. 9, 22, 2). Auf der Konferenz
von Mailand scheint nun die Beseitigung des britannischen Sonderreiches mit der Erweiterung des Kaiserkollegiums verknüpft
worden zu sein, die Diocletian vorzunehmen gewillt war. Jedenfalls erfolgte das Vorgehen gegen Carausius 293 in unmittelbarem
Zusammenhang mit der Einsetzung zweier Caesares (vgl. unten S. 251).
Zu diesem Schritt entschloß sich Diocletian offenbar in der Erkenntnis, daß die Vervielfachung der obersten Gewalt und ihre
regionale Auffächerung genau die Mittel seien, um die immer neuen kriegerischen Aufgaben und das gestiegene Bedürfnis nach
Kaisernähe zu erfüllen. Vier Kaiser mit Residenzstädten in verschiedenen Teilen des Reiches sollten nach Diocletians Vorstellung
das Kaisertum allgegenwärtig machen und die Kriegsschauplätze jweils mit einem obersten Befehlshaber versehen. Indes war er
auch bestrebt, die Einheit der kaiserlichen Gewalt nicht zu gefährden. Wie er schon seinen eigenen Vorrang gegenüber dem zweiten
Augustus (Maximian) gewahrt hatte (oben S. 245), so stellte er nun durch die Bezeichnung der beiden neuen ‘Kaiser’ als Caesares
deren Abstufung gegenüber den Augusti sicher.
In die Konzeption des Kaisertums als einer vierfach ausgeübten Herrschaft (Tetrarchie) waren die Erfahrungen aller Fälle früherer |248| Zeit eingangen, in denen aus unterschiedlichen Gründen mehrere Träger des Kaisertums an der Spitze des römischen Staates gestanden
hatten. Trotzdem, nämlich auf Grund der Verzahnung seiner Elemente, konnte Diocletians Entwurf für sich in Anspruch nehmen,
ein neues Herrschaftsmodell zu sein. Es trat mit der Erhebung des Constantius Chlorus zum Caesar am 1. März 293 ins Leben.
Die Zeremonie fand wahrscheinlich in Mailand statt, und Maximian nahm sie vor als derjenige, dem der Caesar zugeordnet sein
sollte. Constantius war der Schwiegersohn Maximians. Jetzt wurde er auch sein Adoptivsohn und übernahm den Gentilnamen Valerius
sowie den Beinamen Herculius. Wie es scheint, erfolgte die entsprechende Zeremonie für Galerius, den Erwählten Diocletians,
einige Zeit später am 21. Mai 293 in Nicomedia. Da die verwandtschaftliche Verbindung fehlte, mußte er nach Scheidung von
seiner Frau die Tochter Diocletians (Valeria Galeria) heiraten. Wie bei Constantius trat die Adoption hinzu. Galerius wurde
ein Valerius Iovius. Die beiden Caesares stammten wie die Augusti aus Illyrien, so daß das Herrscherkollegium insgesamt ‘rein’
illyrisch besetzt war. Auf höherer Ebene stammten die Caesares von Göttern (Diocletian und Maximian) ab, die ihrerseits Söhne
von Göttern (Iupiter und Hercules) waren (Corp. Inscr. Lat. III 710). Insofern bildeten die Tetrarchen eine Götterfamilie.
Constantius und Galerius waren Männer in den besten Jahren (um die 40) und besaßen reiche militärische Erfahrung; vielleicht
hatten sie vor ihrer Erhebung zu Caesares das Amt des
praefectus praetorio
bei Maximian bzw. Diocletian inne. Ihre Stellung war der der Augusti soweit wie möglich angenähert. Vor allem besaßen und
zählten sie ihre
tribunicia potestas
; auch die imperatorischen Akklamationen wurden ihnen mit den Augusti zuteil. Nichtsdestoweniger bestand ihr Kaisertum zu
einem Gutteil in der Erwartung, einmal selbst zu Augusti aufzusteigen. Daß Diocletian
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