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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Bellen
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Gefühl,
     nach Othos Tod und Ächtung die den Prinzipat begründenden Vollmachten vom Senat erhalten zu haben (Tac. hist. 2, 55, 2). Dieser
     Tag (19. April 69) bezeichnete den Beginn seiner rechtmäßigen Herrschaft
( dies imperii
). Vom Schlachtfeld aus zog Vitellius mit einem riesigen Heer (60   000 Mann und ebenso großem Troß) durch Italien nach Rom – in völliger Disziplinlosigkeit. Kolonien und Munizipien am Marschweg
     mußten für die Verpflegung aufkommen, Plünderungen waren an der Tagesordnung, die Felder wurden verwüstet „wie Feindesland“
     (Tac. hist. 2, 87, 2). Der Bürgerkrieg verbreitete alle seine Schrecken.
    Für den Einmarsch in Rom allerdings ordnete sich der Heereszug an der Milvischen Brücke zur Parade. Dann ritt Vitellius an
     der Spitze von 4 Legionen, 7 Legionsvexillationen und 46 Auxiliareinheiten in Rom ein (17.   7.   69). Dem farbenprächtigen Einzug folgte am nächsten Tag (18.   7.   69) ein schlecht gewählter Auftritt vor dem Senat. Der Tag war nämlich ein
dies ater
: die Niederlage an der Allia gegen die Gallier (387) war unter diesem Datum im Kalender vermerkt. Vitellius erhielt vom Senat
     den Augustus-Titel zuerkannt, den er selbst schon am Vortag seiner Mutter Sextilia als Geschenk dargebracht hatte – ganz in
     der Tradition des Hauses der Caesaren, dem er doch sein eigenes entgegensetzen wollte (oben S. 71)! Es dauerte nicht lange,
     bis er vollends erkannte, daß der Prinzipat |74| ohne die Berufung auf das julisch-claudische Kaisertum nicht auskam: Als seine Herrschaft ins Wanken geriet, verlangte er
     auf einmal, daß man ihn „Caesar“ nenne, obwohl er den Namen bisher abgelehnt hatte (Tac. hist. 3, 58, 3). Das geschah zwar
     erst im November 69, aber der Vorgriff rechtfertigt sich dadurch, daß alles, was Vitellius seit seinem Einzug in Rom tat,
     überschattet wurde von den Ereignissen im Osten des Reiches, die schon am 1. Juli 69 begonnen hatten und im Dezember 69 zu
     seinem Ende führten.
     

Die Stadt Rom litt natürlich unter den Wirren, die seit Neros Tod einander ablösten. Sogar die Natur schien ihren Unwillen
     über die schrecklichen Dinge, die sich sozusagen täglich abspielten, kundzutun. Vor Othos Auszug zum Kampf gegen Vitellius
     schwoll plötzlich der Tiber so gewaltig an, daß die Pfahlbrücke (Pons Sublicius) beim Forum Boarium einstürzte. Die Überschwemmung
     brachte viele Häuser zum Einsturz und hatte auch noch eine Hungersnot im Gefolge (Tac. hist. 1, 68, 2). Dann kamen mit Vitellius
     Unmengen Soldaten in die Stadt und blieben mehrere Monate. Es half nicht viel, daß Vitellius 20   000 von ihnen für die Prätorianergarde und die
cohortes urbanae
bestimmte (16 bzw. 4 Kohorten zu 1000 Mann, Tac. hist. 2, 93, 2), haufenweise trieben sich die übrigen in der Stadt herum.
     Da sie großenteils in der ungesunden Gegend des Vaticans kampierten, griffen Krankheiten um sich und führten zu zahlreichen
     Todesfällen. Als schließlich im Oktober 69 das germanische Heer, wie man die Truppen des Vitellius in Rom nannte, zum Kampf
     gegen die Legionen Vespasians ausrückte, bot es ein geradezu jämmerliches Bild (Tac. hist. 2, 99, 1).
    „Legionen Vespasians“ im eigentlichen Sinne waren es nicht, gegen die das Heer des Vitellius zu Felde zog, vielmehr handelte
     es sich um die in Pannonien (2) und Mösien (3) stationierten Legionen, die Vespasians Partei ergriffen hatten. Vespasians
     „eigentliche“ Legionen (3) standen in Judäa; sie waren zusammengestellt worden, um den Jüdischen Krieg zu führen (oben S.
     60). Judäa, Syrien und Ägypten bildeten das Zentrum der Macht Vespasians, hier hatte seine Erhebung stattgefunden, genauer:
     in Alexandria durch die Initiative des
praefectus Aegypti
Ti. Iulius Alexander, der am 1. Juli 69 seine beiden Legionen den Eid auf Vespasian schwören ließ (Tac. hist. 2, 79, 1). Vorhergegangen
     war schon Ende April 69 der Versuch einer Kaiserwahl durch die drei mösischen Legionen: Sie hatten nach Othos Tod Vespasian
     zum Imperator erhoben (Suet. Vesp. 6, 1   –   3). Seitdem war er als Kaiser ‘im Gespräch’, und er selbst mußte Überlegungen anstellen, wie er sich gegenüber Vitellius |75| verhalten sollte, dessen Prinzipatsübernahme er mißbilligte (Jos. bell. Iud. 4, 10, 2). An Gehorsam gewöhnt, ließ er seine
     Truppen den Eid auf Vitellius schwören (Tac. hist. 2, 74, 1). Dann aber wurde er geradezu bestürmt, die Herrschaft an sich
     zu reißen.

Es waren zunächst die Soldaten

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