Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
Inscr. Lat. VI 31856).
Die Vertreibung der Germanen und Sarmaten aus dem Reichsgebiet stellte das römische Prestige gegenüber den Völkerschaften
jenseits der Donau wieder her. Das hatte zur Folge, daß eine ganze Reihe von ihnen Gesandtschaften zu Marcus Aurelius nach
Carnuntum/Petronell (bei Wien) schickte, wo sich von 170 bis 173 das kaiserliche Hauptquartier befand (Eutr. 8, 13, 1). Marcus
Aurelius nutzte die Gunst der Stunde zu vielfältigen Abmachungen: Die einen erhielten Geld, um gegen einen romfeindlichen
Nachbarstamm vorzugehen, andere wurden zur Gestellung von Soldaten verpflichtet, wieder andere bekamen Land innerhalb des
Reichsgebiets; mit den Quaden wurde gar ein regelrechter Friedensvertrag abgeschlossen (Cass. Dio 72, 1, 1 – 4). Letzteren dürfte Marcus Aurelius als besonderen Erfolg gewertet haben, weil er den Markomannen ihre wichtigsten Bundesgenossen
nahm. Doch als 172 der Feldzug gegen die Markomannen begann, stellten sich die Quaden auf deren Seite (Cass. Dio 72, 13, 2).
Die Kampfhandlungen der Jahre 172 / 3 richteten sich gegen Markomannen, Quaden und Naristen (einen germanischen Volksstamm in Oberösterreich). Dann verlegte Marcus
Aurelius sein Hauptquartier nach Sirmium (173 – 175) zum Kampf gegen die Jazygen (zwischen Donau und Theiß). Auf beiden Kriegsschauplätzen verliefen die Operationen erfolgreich,
so daß Marcus Aurelius die Siegerbeinamen Germanicus (172) und Sarmaticus (175) annahm. Aber es waren in der Regel keine großen
Schlachten, welche zum Erfolg führten, sondern Einzelunternehmungen wie die des M. Valerius Maximianus, der als Präfekt einer
Reiterschwadron den Fürsten der Naristen, Valao, „mit eigener Hand“ tötete (Année épigr. 1956, 124). Eine Ausnahme bildete
die Schlacht gegen die Quaden, in der sich das berühmte Regenwunder ereignete, das schon bald christlich interpretiert wurde
(Cass. Dio 72, 8 – 10). An dieser Schlacht war P. Helvius Pertinax (der spätere Kaiser) maßgeblich beteiligt (Euseb. chron. zur 238. Olympiade).
|166| Das Ergebnis der Jahre 172 – 175 bildeten Verträge mit Markomannen, Quaden und Jazygen, welche ihnen Bedingungen auferlegten, von deren Einhaltung der
Friede abhängig sein sollte. Eine dieser Bestimmungen schrieb ihnen vor, einen bestimmten Streifen Land auf dem linken Donauufer
ungenutzt zu lassen; 7,5 km betrug er für die beiden Germanenvölker, 15 km für die Jazygen (Cass. Dio 72, 15 – 16). Eine andere Bestimmung verlangte die Rückgabe der Gefangenen. Dabei handelte es sich um hohe Zahlen (Jazygen: 100 000, Quaden: 50 000), die u.a. zeigen, in welchem Maße die Zivilbevölkerung der Donauprovinzen unter den Raubzügen der „Barbaren“ gelitten
hatte. Eine dritte Klausel schließlich machte aus den Feinden Bundesgenossen, die Truppen für die römische Armee stellen mußten,
8000 Reiter allein die Jazygen. Eine aus Markomannen, Naristen und Quaden bestehende Reitertruppe wurde unter dem Kommando
des oben erwähnten M. Valerius Maximianus nach Syrien geschickt, um den Aufstand des Avidius Cassius niederzuschlagen.
C. Avidius Cassius, der Statthalter Syriens (oben S. 163) und selbst Syrer, hatte sich auf die Nachricht vom angeblichen Tod
des Kaisers zum Imperator ausrufen lassen (April 175). Das Gerücht wollte wissen, daß Faustina, die bei ihrem Gatten Marcus
Aurelius in Sirmium weilte, durch geheime Botschaften an der Erhebung beteiligt war. Cassius besaß den Vorteil, daß der Präfekt
von Ägypten ihm zur Anerkennung in der für die Versorgung Roms mit Getreide so wichtigen Provinz verhalf. Andererseits gelang
es Cassius nicht, die Provinz Kappadokien auf seine Seite zu ziehen und erst recht nicht, in den Donauprovinzen Anhänger zu
finden. Nach drei Monaten wurde er von seinen eigenen Soldaten getötet (Juli 175).
Die Usurpation des Cassius traf Marcus Aurelius um so mehr, als er sich alt und krank fühlte (Cass. Dio 71, 24, 4). Nichtsdestoweniger
ergriff er umsichtig seine Gegenmaßnahmen: Nach Rom schickte er eine starke Heeresabteilung, welche die Stadt gegen eine mögliche
Invasion von seiten des Cassius schützen sollte (Année épigr. 1920, 45). Diesen selbst ließ er vom Senat zum
hostis
erklären (Hist. Aug. Marc. Aur. 24, 9). Den fast 14jährigen „Caesar“ Commodus befahl er von Rom nach Sirmium zu geleiten,
wo er ihm die
toga virilis
anlegte und den Titel
princeps iuventutis
verlieh. Die Truppen für
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