Die kalte Brut
entspricht. Und belegen Sie jedes Komma mit Beweisen. Das Übliche eben.«
Kein Grinsen, kein Gruß. Moe Marxx widmete sich wieder seinen Korrekturen.
»Wir sehen uns«, sagte Seven und ging.
In der Tiefgarage des Verlagsgebäude blieb Seven van Kees eine Weile in ihrem Wagen sitzen, ohne den Motor anzulassen. Ein paar Minuten verbrachte sie damit, sich über Moe Marxx zu ärgern, dann überlegte sie, wohin sie fahren sollte - zurück an den Tatort oder in die Paddington Street, wo die Geschichte eigentlich begonnen hatte?
Als sie endlich den Zündschlüssel drehte, hatte sie sich für die erste Möglichkeit entschieden. Nicht nur, weil sie dort die heißere Spur zu finden hoffte - - sondern auch, weil die Chancen besser standen, Darren Secada wiederzusehen.
*
Seven stellte ihren Wagen in einer Seitenstraße ab und ging den Rest des Weges zu dem Apartmenthaus, in dem Darren Secada wohnte, zu Fuß. Dabei sah sie sich unauffällig um, ob in der Nähe noch Polizei präsent war. Aber man schien den Tatort bereits geräumt zu haben.
Im Vorbeigehen schnappte die Reporterin ein paar Gesprächsfetzen von beisammenstehenden Anwohnern auf, die sich wohl auf dem Weg zum Einkaufen oder zur Arbeit begegnet waren und sich über die Ereignisse der vergangenen Nacht unterhielten. Doch allein dem Wenigen, das Seven hörte, konnte sie entnehmen, daß niemand Näheres oder gar Genaues wußte und die Leute letztlich nichts anderes taten, als einander in ihren Spekulationen zu übertrumpfen.
Der Ort des Geschehens brachte ihr keine weiteren Erkenntnisse. Außer einigen Kreidemarkierungen auf dem Asphalt war nichts zu finden.
Seven van Kees ließ ihren Blick an der Fassade des Apartmentkomplexes emporwandern, bis zum achten Stock.
Möglicherweise würde sie dort oben fündig werden. In Darren Se-cadas Wohnung.
Der Fahrstuhl brachte sie in die achte Etage des Hauses. Secada wohnte in 8F.
Seven klingelte. Lauschte. Nichts rührte sich hinter der Tür. Sie läutete ein zweites Mal. Weiterhin blieb alles ruhig.
Das konnte schlicht bedeuten, daß Secada nicht zu Hause war, weil er zur Arbeit gegangen war. Ebenso war es aber möglich, daß ihn die Polizei letztlich doch in Verbindung zu den Ereignissen gebracht und zum Verhör mitgenommen hatte. Oder er war kurzerhand untergetaucht, vermutlich mit dieser seltsamen Frau.
Seven van Kees überlegte einen Moment lang - oder tat zumindest so. Denn eigentlich hatte sie schon entschieden, was sie tun würde. Ihre Hand verschwand in der Tasche ihres Blazers und kam mit einem mehrgliedrigen Bund wieder zum Vorschein. Dieses Spezialbesteck hatte sie irgendwann einmal einem Police Detective abgeluchst, mit dem sie ein paar Nächte lang liiert gewesen war; so lange eben, wie sie gebraucht hatte, um ihm alle vertraulichen Informationen über einen Fall zu entlocken. Soweit sie wußte, stand der Ärmste mittlerweile nicht mehr im Dienst der Polizei .
Das Türschloß gab seinen Widerstand schon bei Sevens zweitem Versuch auf. Lautlos wie ein Schatten schlüpfte sie in die Wohnung und drückte die Tür hinter sich zu. Dann sah sie sich um.
Darren Secadas Wohnung lag zu weiten Teilen in dämmrigem Licht. Die Vorhänge waren zugezogen, Winkel und Ecken blieben im Dunkeln.
Auf den ersten Blick fand Seven nichts Auffälliges. Aber das hatte sie auch nicht erwartet. Im Grunde war ihr nicht einmal wirklich klar, wonach sie suchte. Sie würde es wissen, wenn sie darauf stieß.
Der kleine Flur hinter der Eingangstür öffnete sich nach zwei Schritten zu einem geräumigen Livingroom. Die Einrichtung wirkte ein wenig wahllos zusammengewürfelt und trug die fast schon klischeehafte Junggesellenhandschrift. Es war nicht wirklich unordentlich, aber auch nicht aufgeräumt.
Seven ging an einem Bücherregal entlang, ließ den Blick über die Titel wandern. Es befand sich einiges an Fachliteratur in der Sammlung, aber auch klassische Werke sowie triviale Lektüre - und ein paar zerlesene Kinderbücher.
»Wie süß«, fand Seven. Feiner Spott ließ ihre Lippen zucken.
Sie öffnete einen Schrank, fand ein paar Gläser, ein altes, aber heute wieder modernes Kaffee- und Eßgeschirr und einigen Krimskrams, wie er sich wohl in allen Schränken dieser Welt im Laufe der Zeit ansammelte.
Nichts Besonderes also.
Das gleiche Urteil mußte Seven nach der Inspektion von Secadas Küche fällen.
Als sie das Schlafzimmer betrat, lief ihr ein sachter Schauer über den Rücken. Dieser Raum hatte etwas Verbotenes (daß
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