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Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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es unter ihren Fingernägeln mit, als sie von dem Berg zu den Sterblichen der Erde kam.«
    »Dies sind ungeheure Reichtümer«, meinte ich. »Ich hatte gedacht, Euer Volk wäre primitiv. Ich hatte gedacht, dieses Land würde von Wilden und von der Ignoranz unter den Sterblichen nur so wimmeln.«
    »Wer sind die Wilden?«, fragte er. »Diejenigen, die die großen Städte der Aztlan, Tihuac und Cuz erbaut haben? Oder diejenigen, die hierher kommen, um sich das zu nehmen, was ihnen nicht gehört?«
    Ich blickte zu Ixtar hinauf, als ich die Werke aus Gold wieder auf den Felsabsatz legte, auf dem sich ihre Krallen bogen.
    Sie war aus Onyx und in unterschiedlichen Farben gemeißelt worden – ihr Leib war schwarz und ihr Antlitz braun
und weiß, während ihre Flügel aus einem marmorierten roten Onyxstein zu bestehen schienen. Doch es wirkte so, als wäre sie aus einem einzigen großen Stein gemeißelt worden, einem vielfarbigen Travertinstein, der Jahrhunderte überdauert hatte. Ihre Gesichtszüge waren so abgenutzt, dass sie beinahe völlig glatt waren, so als ob diese Kammer lange Zeit vollständig überflutet gewesen wäre. Ihre Brustwarzen waren abgerieben. Ihre Augen wirkten rund und hohl, aber doch so, als wären sie einst sehr detailliert gearbeitet gewesen, da hier und da Linien zu sehen waren, die eine Iris und ein Augenlid erkennen ließen. Ein Teil ihres Gesichtes lag hinter langem, wirrem Haar verborgen, das aus weißem Onyx bestand. Ihr Hals war glatt und vollendet gearbeitet, und ein Ring aus Totenschädeln umgab ihn als Halskette. Ihre Arme waren gestreckt, nach oben gebogen und auseinander gespreizt. Die Flügel einer Fledermaus erstreckten sich von ihren klauenartigen Fingern bis zu ihren Hüften. Stachelige Domen bohrten sich durch ihre Arme. Sie wirkten vortrefflich gemeißelt und nur durch die Zeit ein wenig glattgeschliffen. Ein weiteres, kleineres Armpaar war an den Schultern mit ihren Armschwingen verbunden. In ihrer linken Hand hielt sie eine Kugel, in ihrer rechten einen Kristallschädel. Ihre Brüste hingen schwer herab, als befände sich Milch in ihnen. Trotz der Fremdartigkeit ihrer Gestalt lag in ihren Rundungen und der Wölbung ihrer Brüste sowie in der Kurve ihrer Arme eine Sinnlichkeit, die die befremdliche Beschaffenheit ihres Leibes ausglich. Mit einem keilförmigen Meißelwerkzeug war etwas erschaffen worden, das wie Schuppen aussah und von dem Bereich um ihren Busen herum bis zu ihrer wohlgeformten Taille reichte. Ihr Torso strahlte eine große erotische Anziehungskraft aus, obgleich ihr Körper
in jeder anderen Hinsicht monströs wirkte. In Höhe ihres Unterleibs, direkt über den Oberschenkeln, war Jade eingesetzt worden, als sollte so der heilige Ort hervorgehoben werden, von dem aus sie Leben auf die Welt brachte. Darunter spreizten sich ihre aus Jade gefertigten Schamlippen. Aus dieser Öffnung zwischen ihren Schenkeln strömten gemeißelte Schlangen heraus, und an ihren Schenkeln glitten eingeritzte Blumen und Lebewesen ihre Beine hinab, um sich dann vermutlich in der Welt auszubreiten. Sie ergossen sich über ihre Knie und ihre klauengleichen Füße. Ixtar war die Mutter von Ungeheuern – von Vampyren, von Kreaturen mit den Leibern von Schlangen und Schuppen, die wie Federn wirkten, ebenso wie von einem Schlangenvogel, der mich an den Basilisken und den Greif erinnerte, die auf dem Helm von Artephius zu sehen waren. Der kleine Teil ihres Gesichts, den ich sehen konnte, war mit Jade bedeckt und verborgen. Sie sah den legendären Harpyien der Griechen sehr ähnlich, jenen Frauen mit Flügeln und Klauen.
    »Königin Ixtar«, sagte er, als er hochsprang und neben mir zu stehen kam. »Die Mutter der reinen Rasse. Siehst du ihr Gesicht? Es gleich dem Mond. Ihre Brüste bringen die Meere zur Oberfläche des Landes. Ihre Schenkel bereiten der Schlange Vergnügen, und durch sie kamen wir einst in die Welt.«
    Dieses Gesicht mit seinen runden, ausdruckslosen Augen und den Lippen, die sich teilten, um die gespaltene Zunge einer Schlange sowie die Fänge eines Jaguars zu enthüllen, wirkten, als stammten sie von einem wilderen Ort innerhalb der vampyrischen Abstammung. Handelte es sich bei Ixtar um die reinste Form der Vampyrmutter? Vor unserer Auferstehung, derer des gemischten Blutes, war sie da eine Tiermutter gewesen?
Hatte sie damals Kreaturen hervorgebracht, die das Aussehen von Sterblichen nachgeahmt und sich von Säuglingen zu Kindern entwickelt hatten, indem sie an den Brustwarzen

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