Die kalte Koenigin
zurück. Er lächelte traurig. »Ich rieche dir deine Abstammung an. Nicht den Heiligen Kuss. Sondern deine ursprüngliche Herkunft. Ich rieche eine Mutter, die aus einem Stamm von Magiern kommt. Und ich rieche deinen Vater. Er war einer von ihnen.«
»Ihnen?«
Er hob eine Hand, um mich zum Schweigen zu bringen. »Du bist wirklich von Bastardblut, sowohl im sterblichen als auch im unsterblichen Leben. Dies ist nicht als Beleidigung gemeint. Er war einer der Diebe. Ich rieche ihn auf deiner Haut. Du bist etwas Besonderes unter den Mischlingen... Denn deine Geburt kann kein Zufall gewesen sein, wenn ein Priester der Medhya dir Leben einhauchte. Nur wenige von ihnen hatten die Fähigkeit dazu. Nur ein mächtiger Mischlingspriester konnte einen solchen Akt vollführen.«
Bei seinen Worten überschlugen sich meine Gedanken. Ich
fragte mich, ob Merod selbst mein Vater war, oder vielleicht einer der anderen Priester, die ich nicht gekannt hatte. Oder möglicherweise sogar ein Priester der Nahhashim. Alles, was ich über meinen leiblichen Vater wusste, war, dass er das Leben meiner Mutter in mancher Hinsicht zum Schlechten verändert hatte. »Wer war mein Vater?«
»Ein Mischling wie du, aber ein Priester vom Stamme meiner Schwester«, antwortete Nezahual. »Du wurdest als Sterblicher erschaffen, um ein Schicksal zu erfüllen, mein Freund. Kein Priester, der mir bekannt ist, hätte die Prophezeiungen deines Stammes erfüllen können, und dennoch rieche ich jenen Priester an dir, so wie ich auch deine Mutter riechen kann. Du entstammst einem Mischlingspriester, der die Prophezeiung der Schlange in seinem Samen trug. Du bist ein Maztera.« Maz-Sherah, dachte ich bei diesen Worten.
»Maz-Sherah, ja«, erwiderte er, als hätte er meine Gedanken gelesen. Er warf mir einen wissenden Blick zu. »Dein Volk verfügt über ewiges Leben, selbst in einer Art von lebendigem Tod. Dafür gibt es keinen Erlöser, glaube ich.«
»Und Ihr?«, entgegnete ich, indem ich meinen Zorn unterdrückte. »Euch ist die Auslöschung ebenfalls gewiss, wenn jemand Euch der Sonne aussetzte oder Euch einen spitzen Speer ins Herz triebe.«
»Das haben sie versucht.« Er lächelte. Dann streckte er die Hand aus und ließ seine Finger durch mein Haar gleiten, zog sie wieder zurück und roch an ihnen, als suchte er erneut nach meinem Geruch. »Du verstehst nichts von unserer Reinheit, Aleric. Die Reinen können in der Sonne wandeln. Ihr Licht setzt uns den Sterblichen auf eine Weise aus, wie es die Nacht nicht vermag, so dass wir uns nicht oft dafür entscheiden.
Doch es fügt uns keinen Schaden zu. Der Pflock im Herzen – er bereitet uns Schmerzen. Wenn wir in Stücke gehackt werden, so werden unsere Hände unsere Arme wiederfinden, unsere Köpfe, unsere Hälse. Aber das bedeutet nicht die Auslöschung für uns. Ihr seid Nachahmungen der Götter. Wir sind selbst die Götter.«
»Dann gibt es keine Götter«, meinte ich.
»Und doch erschaffen wir sie aus denjenigen mit größerer Macht oder größeren Zauberkräften«, erwiderte er. »Wir haben hier Götter, Mischling. Wir kennen unsere Mutter. Sie existiert. Sie beschützt uns mit ihrer Zauberkraft. Mit ihrem ewigen Leben.«
Ich bat nicht um das, was ich mir wünschte, denn ich begann mich zu fragen, wie diese Unsterblichen vernichtet werden konnten, wenn nicht durch Sonnenlicht oder durch Pflöcke. Welche Kräfte besaßen sie noch? Ich verspürte hier einen sehr starken Sog des Stromes, und dennoch konnte ich mich nicht mitteilen, so wie ich es bei meinem eigenen Stamm gekonnt hatte. Es war, als spürte ich einen Druck gegen meine Wirbelsäule, während mein Kopf unaufhörlich schmerzhaft pochte. Die Dichte des Stromes gab mir ein Gefühl der Schwere und Langsamkeit.
Ich folgte Nezahual hinaus zu einer Brüstung, die den Blick auf die Stadt eröffnete. Der Fackelschein wirkte wie das Licht von tausend Kerzen in der Stadt, die unter uns lag, während die Sterne über uns flackerten. »Und als Götter vollbringt Ihr Wunder?«
»Ich wünschte, ich könnte es«, entgegnete er. Seine Stimme klang traurig, als er seinen Blick über die Stadt schweifen ließ. »Unsere Zeit hier wird eines Tages vergehen, ob nun aufgrund
der Kriege, die meine Brüder führen, oder durch Eindringlinge aus den Bergen im Norden.«
»Wenn Ihr unsterblich seid, was habt Ihr dann von Menschen zu befürchten?«
»Meiner Schwester wurde mittels Ritualen und Zeremonien ihr Umhang aus Fleisch entrissen, und ihr Blut wurde ihr
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