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Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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in dem Versuch, die Erinnerung daran, Ixtar in ihrem Bett gesehen zu haben, auszulöschen. »Wir glauben, wir seien wunderschön«, meinte ich, »dabei stammen wir davon ab.«
    »Einst war sie ebenfalls wunderschön«, erwiderte Nezahual mit Verachtung in der Stimme. »Und wenn sie sich genährt hat, dann kehrt die Jugend ihrer frühen Jahrhunderte zurück. Ihr Gesicht rötet sich. Ihre Brüste werden wieder rund. Sie verfügt über einen Zauber wie kein anderes Wesen auf der Erde, wenn sie die Opfergabe verschlungen hat.«
    Ich konnte ihn nicht ansehen. »Du bist Teil von... ich bin Teil von einer Rasse von Ungeheuern.«
    »Das ist der Sterbliche in dir, der so spricht. Wenn du rein wärest, so würdest du die Schönheit ihrer Gestalt sehen. Du wurdest durch das sterbliche Leben verdorben.«
    »Siehst du überhaupt so aus, wie du mir erscheinst?«, fragte ich, indem ich zu ihm hinüberblickte. Sein Antlitz war so männlich und gesund, so dunkelhäutig und voller Leben. Er entsprach durch und durch dem Idealbild eines Königs, der
über ein großes Land herrschte. War dies wirklich er selbst? Oder war es eine Verkleidung durch Zauberei, um Sterbliche in die Falle zu locken?
    Ärgerlich spie er auf den Felsvorsprung. »Du bist ein wandelnder Leichnam. Du wirst dich nicht als Richter über uns oder über unsere Mutter Ixtar aufspielen. Würden deine Kräfte schwinden, Aleric, würden wir dann nicht den Schädel unter der Haut sehen? Würden diese dichten Haarborsten nicht zu dünnen Strähnen auf der Kopfhaut eines toten Mannes werden? Wäre dies« – er packte mich an der Kehle und hielt sie fest – »nicht eine Reihe von Knochen – nein, vielleicht sogar Staub und Asche – wenn du einen Tag der Sonne ausgesetzt wärest?« Als ich hustete und nach Luft schnappte, ließ er mich los. »Wie viele Jahre warst du am Leben? Achtzehn? Neunzehn? Und wie viele Jahre bist du nun tot? Zehn? Zwölf? Du befindest dich noch immer im Schoße deiner Mutter, soweit es mich betrifft. Du konntest bisher noch kaum Erfahrungen mit dem Blut von Sterblichen sammeln. Du besitzt kein nennenswertes Wissen. Du darfst dir kein Urteil über die Alten erlauben, denn die Zeitalter der Erde rauben ihnen vieles. Sie ist deine Vorfahrin, obwohl du Mischlingsblut in deinen Adern hast. Sie ist deine wahre Mutter.«
    »Meine Mutter war eine schöne Frau«, entgegnete ich. »Aber dies... dies ist eine Dämonin.«
    »Ich werde nicht weiter streiten. Es liegt daran, dass du noch jung bist. Wenn du tausend Jahre erlebt hast – falls du denn so lange überleben wirst -, so wirst du sehen, dass unsere großartige Mutter die wahre Schönheit dieser Welt besitzt.« Als er sich wieder beruhigt hatte, legte er mir den Arm um die Schulter und flüsterte mir zu: »Diese Welt hier ist fremd und neu für
dich. Es ist nicht die Lüge, die dir deine Priester erzählt haben. Mischlinge stehlen und lügen. Du aber bist anders. Du bist nicht wie sie. Du darfst nicht auf ihre Lügen hören.«
    Ich hatte viele Fragen, die ich ihm stellen wollte. Daher setzten wir uns eine Weile hin, und ich fragte nach der Großen Schlange, Ixtar, ihren Kindern und der Blutlinie, der ich geboren war, wenn auch vermischt mit der sterblichen Welt. Und schließlich fragte ich nach der schwarzen Kugel, die ich gesehen hatte. »Ist sie zum Wahrsagen bestimmt?«
    »Ixtar ist die Nachtbringerin«, erklärte er. »>Schwester des Mondes<, dieser Name wurde ihr von den Sterblichen gegeben. Dies ist das, was sie hält – die Nacht, in einem Obsidian. Er wird >Auge der Schlange< genannt, und in seinem Inneren wacht sie über uns.« An seinem Tonfall konnte ich erkennen, dass er der Fragen überdrüssig war. Ich hatte jedoch bemerkt, wie sich in dieser Kugel Gestalten bewegten. Und sie ähnelte so stark der Kugel aus schwarzem Stein, die ich in einer Vision von Datbathani gesehen hatte, dass meine Neugierde auf diesen Gegenstand, welchen Ixtar selbst in ihrem tiefsten Schlaf umklammerte, noch wuchs.
    Da begannen seine Augen zu glitzern. »Heute Nacht wird sie erwachen, um Nahrung zu sich zu nehmen.«
    »Dies ist der Grund, warum du mir ihr Nest gezeigt hast«, meinte ich.
    »Du wirst sehen, wie sich die Mutter von uns allen von ihren Jungen nährt.«
    Gerade als er diese Worte sprach, vernahm ich ein Kratzen entlang den Felsen im Gang. Plötzlich hallte ein schrilles Geräusch durch den Tunnel.
    Nezahual packte mich am Arm. »Komm schnell. Wenn sie
uns in ihrer Höhle erblickt, so wird sie uns

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