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Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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oder ein Gesetzesverstoß?«
    Er zuckte die Achseln. »Eine Hand am falschen Ort bedeutet eine Hand auf dem Richtblock, nicht wahr? Ich musste mir selbst die Hand abhacken, Aschling, so war es. So war das Gesetz, und die Weißen Roben standen um mich herum, um sich
zu versichern, dass ich es gut und richtig machte. Aber alles bedeutet ein Risiko, nicht wahr?«
    Sie hielt ihm zwei weitere Münzen hin. »Ist dies genug?« »Um so viel zu besitzen«, meinte Thomas Cutter, »musst du irgendwo Geldbeutel schneiden.«
    »Ich werde von denen bedacht, die vom Glück begünstigter sind, die meinen... Zustand... als Grund sehen, mir Zeichen ihres Mitleids zu geben«, entgegnete sie und händigte ihm das Geld aus.
    »Hurerei zahlt sich aus«, murmelte er, indem er einen Blick auf die Armbänder warf, die an ihrem Handgelenk klimperten, sowie auf die zwölf Ringe an ihrer linken Hand. Er leckte sich mit der Zunge über die Unterlippe, als könnte er die Armbänder essen. Sie ließ den Stoff über ihre Handgelenke fallen, um sie wieder zu bedecken.
    Thomas Cutter hob das Haupt des Toten an seiner Kopfhaut hoch. Die Augen waren geschlossen, der Mund geöffnet, und die Zunge hing heraus.
    Ich konnte das Gesicht des Mannes nicht erkennen, da es so verrottet war, dass die sprechenderen Gesichtszüge unkenntlich geworden waren.
    Cutter lachte in sich hinein und schüttelte leicht den Kopf, als erinnerte er sich an einen alten Witz. »Einst kannte ich den alten Bastard. Er war gut mit dem Schwert und zu Pferde, dabei zu einigen recht nett, zu anderen eher grob. Du würdest es nicht glauben, Aschling, aber einst ritt ich auf der Jagd neben ihm, als ich kaum mehr war als ein Knabe. Hätte nicht gedacht, dass er sich gegen uns wenden würde.«
    Der Aschling zog einen groben Sack aus den zahlreichen Falten seines Umhanges.

    Thomas Cutter legte den Kopf des Hingerichteten hinein und knotete die Enden der Kordel sorgfältig zusammen. »Zweifellos für irgendein abscheuliches Ritual. Bist du eine Akkadite? Ich bediene hier nämlich keine Akkaditen.«
    »Ich bin nur ein Aschling«, antwortete sie, »beladen mit Narben... wegen des Fiebers.«
    »Wenn es Zauberei ist, darf ich nichts davon wissen. Verstehst du? Wenn es irgendeine abscheuliche Magie ist, erwarte ich den Kopf trotzdem so zurück, wie er ist. Wie er ist. Keine Schnitzereien, keine Tätowierungen, keine fehlenden Stücke Fleisch. Und lass bloß nicht zu, dass heimliche Beobachter dich mit ihm erwischen. Sie sind vielleicht nicht so nachsichtig wie Thomas Cutter, Schwertkämpfer von Taranis-Hir. Ich erwarte dich bald wieder hier zu sehen, Aschling. Ja?«
    »Ihr sollt mich wieder sehen, Thomas Cutter, so sicher, wie die Sonne über dem Wald im Westen aufgeht«, erwiderte sie. Der Aschling übemahm den Sack von dem Mann und band seine Kordeln um das Band, das er unter seinem äußeren Umhang um den Leib geschnürt trug.
    Bevor sich die junge Frau weit durch die Gasse entfernt hatte, flüsterte Thomas Cutter: »Bring ihn mir vor Sonnenaufgang zurück, sonst wird dein Kopf als nächster auf den Piken am Nordtor stecken.«
     
    Mit Hilfe des zweiten Gesichts folgte ich dem Aschling, als er die schmale Straße hinunterging. Als der Aschling an der Bettler-Sängerin vorüberging, zog er sich einen Ring vom Finger und warf ihn der Bettlerin in den Schoß. »Es ist süß, sich an die Vergangenheit zu erinnern«, sagte der Aschling.
    Die Sängerin nickte und dankte der anderen Frau, indem sie
von den Zeiten sang, bevor jenes Land bebte und die Felsen brannten, von den Zeiten, als das Land der Bretonen im Frühling erblüht war – und von der Herrschaft des Herzogs, der Könige von Frankreich und England und der legendären Königinnen, die die höfische Liebe in die Königreiche gebracht hatten. Und außerdem von der Zeit, in der die Kriege fern gewesen waren und man für die Heiligkeit und Ehre gekämpft hatte; von jener Zeit nämlich, in der der Winter nur eine kurze Jahreszeit gewesen war und die Ernte eine lange Zeit voller Tanz und Freude bedeutet hatte; und auch von der Zeit, in der die Schiffe auf dem Meer gefahren und mit Schätzen beladen zurückgekehrt waren; ebenso von jenen Legenden aus alter Zeit, von König Artus, seinen Rittern und seiner untreuen Königin, von Prinz Tristan und Isolde, in jenen Tagen vor der Scheibe, vor den Weißen Roben, vor den Plagen; in jenen Tagen, als die Marschen noch dicht gewachsen waren, der Große Wald endlos gewesen war, und bevor die

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