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Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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meinen Handgelenken und Fußknöcheln lieferte mich den Fähigkeiten der Sterblichen aus. Nur meine Fangzähne konnten sich verlängern, aber sie waren nicht von Nutzen,
wenn ich keine menschliche Kehle erreichen und sie zerfleischen konnte.
    Während der Knabe in meine Richtung lief, wich ich einige Schritte zurück, auf den Bottich mit dem Gift zu. Aber ich berührte keine der Waffen, die da herumlagen.
    Ich konnte die selbstgefällige Siegesgewissheit auf dem Gesicht des Knaben erkennen, als er sich mir näherte. Hinter ihm erblickte ich jedoch, wie der Eber Ewen überwältigte, als wäre mein Freund ein Hirsch im Wald, der von Pfeilen durchbohrt worden war.
    Mir blieben nur Sekunden, in denen das Schwert des Knaben in der Luft sang, als er auf mich losging und es drohend schwang, bereit, mir den Kopf abzuschlagen.
    Dabei traf mich das Schwert am rechten Arm und fügte mir eine Schnittwunde zu. Das Blut sprudelte aus meinem Fleisch, ich schrie vor Schmerz auf, und das Quecksilber an der Spitze seiner Klinge schwächte mich schnell. Als mein Blut ihm jedoch ins Gesicht spritzte, streckte ich die Hände aus und packte ihn am Hals. Beinahe hätte ich ihn in den Giftbottich geworfen, um ihn darin zu ertränken, aber da überkam mich der Durst. Aus diesem Grunde beugte ich mich zu seiner Kehle hinab und riss ihm die Haut gierig mit den Zähnen auf. Sein Blut sprudelte hervor, direkt in meinen Mund, und ich kostete an diesem Jüngling das süßeste Leben, obwohl er sich mit aller Kraft gegen mich zur Wehr setzte. Er trat mit den Beinen aus, und mit den Händen griff er nach meinem Hals, als wollte er mich erwürgen. Ich hielt ihn fest, nicht dazu imstande, ihn loszulassen, nicht einmal fähig, mich zurückzuziehen, um Luft zu holen oder ihn fallen zu lassen, damit ich Ewen helfen konnte. Seit Jahren hatte ich keinen Sterblichen mehr in
den Händen gehalten, und obwohl dieser stark war, drangen meine Zähne tief in ihn ein, und der lebendige Wein floss in meinen Körper, bis ich den Jüngling, das nun leere Gefäß, zu Boden warf.
    Die Menge war still geworden, auch wenn die Trommeln noch immer ihren schrecklichen Rhythmus schlugen.
    Gesättigt von dem Lebenssaft des Jünglings, wie ich war, spürte ich eine größere Kraft in mir. Statt eine Waffe in den Giftbottich zu tauchen, sprang ich selbst hinein und tränkte meinen Leib mit dem Gift. Ich konnte den flüssigen Tod an mir riechen, der an meinem Haar und auf meiner Haut haftete. Dann stieg ich wieder heraus und lief zum anderen Ende der Arena, während mir das Schlagen der Trommeln in den Ohren klang und ich den blauen Weihrauch einatmete.
    Da lag Ewen, stark blutend. Die muskulöse junge Frau stach nun mit einem zweischneidigen Schwert auf ihn ein, während der Eber begonnen hatte, ihn in dem Silbemetz am Rande der Bühne entlangzuschleifen. So konnten diejenigen, die direkt darüber saßen, sehen, dass der Teufel unterworfen worden war.
    Ich stürzte mich auf die Frau, und bevor sie mich abwehren konnte, hatte ich ihre Kehle ebenfalls durchbohrt, so dass ich das Gift durch meine Haut in ihren Blutkreislauf übertrug. Dieses brannte offensichtlich wie Feuer, denn sie schrie, als wäre sie in einen Schmelzofen geworfen worden. Ich schleuderte sie zu Boden, wo sie sich vor Schmerzen wand, während ich sie festhielt und das Gift auf sie hinabtropfte. Kein Mitleid empfand ich für sie, sondern nur Zorn. Als sie die Schwelle des Todes betreten hatte, hob ich sie hoch und warf sie in Richtung der Mauer, die die Arena umgab.

    Der Eber ging nun mit einem Dreizack und der Axt, die die junge Frau hatte fallen lassen, auf mich los. An seinem Körper waren die Narben von zahlreichen Kämpfen zu erkennen. Erneut begann die Menge mit ihrem Jubel und ihren Beifallsrufen. »Rath! Rath! Rath!«
    Während die Leute ihn anfeuerten, brüllte er im Inneren seines Helmes und stach nach mir. Am Rande meines Blickfeldes konnte ich Ewen sehen. Er war im Silbernetz gefangen, schrecklich verwundet und nicht in der Lage, sich zu bewegen – aber sein Blick war auf mich gerichtet, während ich kämpfte. Hätte ich den Strom zwischen uns gespürt, so hätte ich in seinen Gedanken zu ihm gesprochen, um ihn zu beruhigen. Doch da gab es keine Strömung zwischen uns, keinen unsichtbaren Pfad, der uns verband.
    Ich tat so, als könnte er mich hören, und sprach in Gedanken, in der Hoffnung, dass er dies wirklich konnte. Ich werde dich nicht in die Auslöschung gehen lassen, mein Freund. Ich werde

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