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Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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wurde. Ich verstand die Welt oder die Folgen solch schrecklicher Entscheidungen nicht.
    Aber all meine Pläne wurden von meiner Geliebten selbst vereitelt. Sie entschloss sich, den König zu warnen, und wir wurden beide verhaftet. Sehr bald sollten wir eingesperrt werden, und zwar in genau jene Gruft, die ich selbst entworfen hatte.
    Noch schlimmer aber war die Tatsache, dass wir nicht in der Grabkammer getötet, sondern dort eingeschlossen werden sollten. Wir sollten dem Durst und Hunger überlassen werden, bis unser letztes Stündlein geschlagen hätte. Ich liebte sie wahrhaftig, mein Freund. Ich liebte sie wie niemanden sonst. Wir sprachen über die Götter, obwohl ich selbst damals nicht an deren Existenz glaubte. Aber ich schwor ihr, dass ich sie von diesem Ort fortbringen würde. Ich schwor ihr, dass wir entkommen und zusammen im Exil leben würden, bis zum Ende der Zeit. Und sie glaubte mir. Wahrscheinlich glaubte ich selbst diese Worte. Ich sagte zu ihr, wenn ich den Hauptraum ausfindig machen könnte, von dem aus ich den Weg nach draußen finden konnte – denn ein solcher wurde in jede große Grabstätte eingebaut, nachdem ein Baumeister versehentlich in seinem eigenen Bau eingeschlossen und erst Jahre später wiedergefunden worden war, also lange nachdem der König zu Grabe getragen wurde -, so würde ich zu ihr zurückkehren und sie retten.

    Als ich den Hauptraum dann fand – eine kleine Kammer, kaum groß genug für einen Mann – und den Weg nach oben und nach draußen ins Tageslicht erblickte, war ich furchtbar durstig. Da kam mir der Gedanke, ich sollte bloß nach draußen gehen, um etwas Wasser zu holen, und dann mit Nahrung und Wasser zu ihr zurückkehren. Dann würde sie sich wieder erholen, so dass wir daraufhin fliehen könnten. Ich hätte umkehren, sie suchen und zu jenem Raum bringen sollen, aber ich nehme an, mein eigener Durst war mir wichtiger als ihr Leben. Als ich nämlich hinausgelangt war und das Tageslicht erblickte, kroch ich an dem Graben der Grabstätte entlang und stürzte vor Erschöpfung ab.
    Als ich erwachte, war es beinahe Abend. Ein Arbeiter von den Grabstätten hatte bereits damit begonnen, mir mit Honig gesüßtes Wasser in die Kehle zu träufeln. Ich hatte große Angst um meine Liebste und kehrte, sobald ich in jener Nacht genügend Kräfte gesammelt hatte, zu den Grabstätten zurück – wo ich allerdings entdecken musste, dass sie den Tod bereits gefunden hatte. Bevor sie starb, hatte sie noch versucht, ihr eigenes Blut zu trinken, um Feuchtigkeit aufzunehmen, und dann hatte sie die Klinge zu tief und zu oft ins Fleisch gegraben, um sich von ihren Verletzungen noch erholen zu können.
    Ich nehme an, dass ich in diesem Augenblick wahnsinnig wurde. Nun begann ich, durch die Welt zu ziehen. Ich lebte als Bettler, und viele Menschen hatten Mitleid mit mir. Ein Lehrer auf einer ägäischen Insel nahm mich auf. Er lebte dort im Exil und arbeitete bei dem König des Landes, indem er Arenen und Tempel baute, die mit besonderen geheimen Durchgängen und ungewöhnlichen Eingängen ausgestattet waren. Wie ich, so hatte auch er zahlreiche Geräte gebaut, und er
hatte einen Architekturstil entwickelt, der vollkommen auf den Sternbildern und ihrer Stellung zueinander basierte. Ich verbrachte zwanzig Jahre mit meiner Arbeit bei ihm, wobei ich die ganze Zeit sein Lehrling war, denn ich verspürte kein Bedürfnis nach einer besseren Stellung. Es war während dieses Aufenthaltes, dass ich durch ihn von jener Essenz der Unsterblichkeit erfuhr, die überall um uns herum existiert, auch wenn nur wenige ihre Kraft nutzbar machen.
    Er lehrte mich einiges über den Schleier, den auch du kennst. Seine Bezeichnung dafür lautete Glückshaube, und er erklärte, dass seine Membran überall um uns herum existiere und wir ihn dennoch nur durch eine Änderung in unserem Geist erleben könnten. Er brachte mir Dinge über das Gehirn bei, indem er das Hirn eines toten Mannes verwendete, um mir sein Äußeres zu zeigen. Er lehrte mich, an welcher Stelle der Tod dem Hirn eines Sterblichen innewohnt und wo das ewige Leben in den Unsterblichen existiert – denn ja, er hatte mehrere der Vampyre gefangen, die einst seine Insel heimgesucht hatten. Als er starb – er wurde von einem seiner zahlreichen Feinde ermordet -, setzte ich seine Arbeit und Forschung fort. Aber ich wollte lieber die Quelle dieser bluttrinkenden Kreaturen finden, statt nur die konservierten Überreste derjenigen, die er gefangen hatte,

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