Die kalte Koenigin
erblickte, der Alkemara gestürzt und Merods Grabkammer eigenhändig konstruiert hatte.
Sein Gesicht unter dem Helm bestand aus nicht mehr als einem Schädel, der in dünne Streifen aus Stoff gewickelt war, als reichten diese als Fleisch aus. Seine Augen lagen tief in seinem Schädel, und Strähnen aus flachsfarbenem Haar drangen durch den dünnen Stoff, der irgendwie auf den graubraunen Schädel geklebt worden war. Sein lippenloser Mund teilte sich und sagte: »Unsterblichkeit ohne Jugend. Das habe ich von den Geheimnissen, die aus Alkemara gestohlen wurden. Das ist es, was mir Pythia durch ihre Liebe brachte, Falke. Sieh mich an, und wisse, was du ohne den Zauber deines Stammes wärest! Er schloss das Visier wieder und lachte über den Ausdruck auf meinem Gesicht. »Wir haben hier eine Stunde Zeit, bevor ich dich auf deine nächtliche Reise schicken muss. Ich hasse dich nicht, Falke. Weit gefehlt. Ich verstehe dich. Du hast Furcht und Größe in dir. Du bist ein Wesen, das auf diese Art zu studieren ich mir viele Jahre lang gewünscht habe. Ich würde noch viel mehr mit dir teilen, wenn ich könnte, mein Junge. Heute Nacht werde ich dir das erzählen, was zu wissen du ersehnst.«
Und dann erzählte er mir, wie er unsterblich geworden war.
»Ich wurde, kleiner Falke, in einem Land geboren, das weit entfernt liegt, in einer Zivilisation, die blühte und gedieh und von Weisheit und Wissen erfüllt war, lange bevor sich diese barbarischen Königreiche entwickelten, und auch bevor deine Vorfahren von den Römern geschändet und abgeschlachtet wurden, bevor selbst Rom entstand; und in dem fruchtbaren
Tal, in dem ich geboren wurde, waren wir die Herren der Welt. Ich war der Sohn einer Tempelpriesterin. Als ich neun Jahre alt war, wurde ich zu den Priestern eines Gottes geschickt, der aus einer Lüge bestand, wie ich in diesem Alter bereits wusste. Denn ich hatte die Tricks und Kniffe gesehen, die meine Mutter und die anderen Priesterinnen vorführten, um die Wunder der Gottheiten zu zeigen. Dennoch war ich klug genug, um nichts darüber zu sagen, als die älteren Priester meine Kenntnisse über göttliche Angelegenheiten und die heiligen Künste des Landes prüften. Meine Mutter hatte mich auf diese Prüfungen vorbereitet, da sie selbst einem Leben entflohen war, das aus Schinderei bestanden hatte. Die meisten Menschen unseres Landes konnten diesem Schicksal nicht entrinnen, und viele von ihnen waren Bedienstete der königlichen Familie. Nur wenige besaßen selbst Macht. Meine Umrgroßtante war einst Königin dieses Landes gewesen, doch als ihr Ehemann ihre Untreue entdeckte, wurde sie lebendig begraben – ebenso wie viele meiner Verwandten. Aber diejenigen, die sich versteckt hielten, sprachen niemals außerhalb der Feuerstelle der Familie von ihrer Schmach, und auch dort nur im Flüsterton. Doch ich war von königlichem Blute, und meine Mutter und ich hatten beide die Absicht, dem Überfluss der Wohlhabenden so nahe zu kommen, wie wir nur konnten.
In meiner Jugend war die Hingabe an die Götter für einen Priester oder eine Priesterin der bevorzugte Aufgabenbereich, und viele konnten sich glücklich schätzen, zu dieser Arbeit bestimmt zu sein. Es war unsere Aufgabe, Tag und Nacht die Riten zu befolgen, die von den Göttern festgelegt wurden. Wir arbeiteten in Tempeln, die großartiger waren als diese düsteren
und trostlosen Schlösser und tausend Mal schöner als irgendeine Kathedrale der Christenheit.
Wie ich bereits erzählte, wurde ich von den Priestem eines bestimmten Gottes geprüft. Meine Mutter bestach den Anführer einer Bande von Grabräubem, mich in ein besonderes Grab zu schmuggeln, das inmitten der Grabstätten der großen Könige meines Landes lag. In diesem Grab hatten die Räuber einen großen Teil ihrer Schätze gelagert, und an den Wänden war über zahlreiche Leagues die Geschichte des Gottes niedergeschrieben. Dies erschien mir wie ein Wunder. Ich hatte Gefallen am Lernen gefunden und konnte die Bildworte lesen, die beinahe dreihundert oder sogar noch mehr Jahre vor meiner Geburt dort eingeritzt worden waren. Dort verbrachte ich die ganze Nacht mit einer Fackel in der Hand und las von dem Land der Toten. Dieser Gott war der Herr der Toten, und seine zahlreichen Geheimnisse standen überall in dem Labyrinth aus Räumen an den Wänden.
Doch als ich schließlich in jenen Raum gelangte, in dem der König, seine Familie und sein Hofstaat ruhten, da war ich sogar noch aufgeregter. In diesem
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