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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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die Anrufe, die man entgegennahm, Schwierigkeiten ein. Als das Klingeln nicht aufhörte, schlenderte er gemütlich in den Billardraum, wischte die Hände an der Hose trocken und klemmte sich den Hörer zwischen Ohr und Schulter.
    »Hinterlassen Sie eine Nachricht, wenn es unbedingt sein muss«, leierte er.
    »Hören Sie, Dante –«, bellte eine Frau.
    Ein stechender Schmerz brandete von hinten gegen Martins Augenhöhlen. »Sie haben sich verwählt«, knurrte er und legte auf.
    Fast augenblicklich klingelte das Telefon erneut. Martin drückte sich die flache Hand, auf der die Telefonnummer stand, an die Stirn und starrte den Apparat eine halbe Ewigkeit an, bevor er den Hörer wieder abnahm.
    »Dante, Dante, legen Sie mir jetzt nicht wieder auf! Das ist unhöflich. Herrgott nochmal, ich weiß doch, dass Sie es sind!«
    »Wie haben Sie mich gefunden?«, fragte Martin.
    Die Frau am anderen Ende der Leitung unterdrückte ein Lachen.
    »Sie stehen auf der kurzen Liste von Exagenten, über die wir uns auf dem Laufenden halten«, sagte sie. Ihre Stimme wurde ernst. »Ich bin unten, Dante. An einem Tisch hinten im Chinarestaurant. Mir ist schon ganz schwummrig vom vielen Monosodiumglutamat. Kommen Sie runter und gönnen Sie sich auch eine Dosis, auf meine Rechnung.«
    Martin holte tief Luft. »Angeblich soll es fünfundsechzig Millionen Jahre her sein, dass Dinosaurier auf dieser Erde ihr Unwesen trieben. Sie sind der lebende Beweis, dass es noch immer welche gibt.«
    »Schluss mit dem Geplänkel, Dante«, sagte sie und fügte mit gepresster Stimmer hinzu: »Ich gebe Ihnen einen guten Rat: Kommen Sie lieber runter. Im Ernst.«
    Die Verbindung wurde unterbrochen.
    Augenblicke später ging Martin an dem Fenster vorbei, in dem lauter gerupfte Enten an Fleischhaken hingen, und trat durch die schwere Glastür in Xings Mandarin-Restaurant unter dem Billardsaal. Tsou Xing, der außerdem sein Vermieter war, hielt wie immer die Stellung auf dem hohen Hocker hinter der Kasse. Er winkte Martin mit seinem einzigen Arm. »Hallo«, rief der alte Mann mit hoher Stimme. »Wollen Sie hiel essen odel was zum Mitnehmen, hä?«
    »Ich bin verabredet …« Er ließ den Blick über die gut ein Dutzend Gäste in dem langen, schmalen Restaurant schweifen und sah Crystal Quest an einem Tisch nicht weit von den Schwingtüren, die in die Küche führten, sitzen. Quest war bei einer Generation von CIA-Leuten besser unter dem Namen Fred bekannt, weil sie eine unheimliche Ähnlichkeit mit Fred Astaire hatte. Laut einer Geschichte, die einst die Runde machte, soll der amerikanische Präsident einmal auf einer Besprechung mit führenden Geheimdienstmitarbeitern im Oval Office auf sie aufmerksam geworden sein und einem Staatssekretär einen Zettel zugeschoben haben mit der Frage, wieso ein Transvestit die CIA vertrete. Jetzt saß Quest, ein Urgestein ihrer Zunft, mit dem Rücken zu den Tischen, aber mit Blick in einen Spiegel, in dem sie beobachten konnte, wer kam und ging. Sie sah Martin in dem Spiegel näher kommen.
    »Sie sehen fit aus, Dante«, sagte sie, als er ihr gegenüber Platz nahm. »Was ist Ihr Geheimnis?«
    »Ich hab mir eine Rudermaschine gegönnt.«
    »Wie viele Stunden am Tag trainieren Sie?«
    »Eine morgens vor dem Frühstück. Eine mitten in der Nacht, wenn ich in kaltem Schweiß gebadet aufwache.«
    »Wieso wacht jemand mit einem reinen Gewissen mitten in der Nacht schweißgebadet auf? Erzählen Sie mir bloß nicht, der Tod dieser Hure in Beirut macht Ihnen noch zu schaffen, Mann.«
    Martin hob eine Hand an die Stirn, wo es noch immer pochte.
    »Ich denke manchmal an sie, aber das bereitet mir keine Kopfschmerzen. Wenn ich wüsste, was mich aus dem Schlaf reißt, könnte ich vielleicht durchschlafen.«
    Fred, eine schlanke Frau, die sich in der männerdominierten CIA hochgearbeitet hatte und jetzt die erste Stellvertretende Leiterin für Operationen – kurz DDO für »Deputy Director of Operations« – war, trug einen ihrer berühmten Hosenanzüge mit breitem Revers und eine Rüschenbluse. Ihr Haar war wie immer kurz geschnitten und in einem Rostton gefärbt, um die grauen Strähnen zu verbergen, die sich bei allen führenden Mitarbeitern zeigten, die, so behauptete Fred immer, über Standardarbeitsabläufe nachgrübelten: Sollte man zuerst eine Hypothese aufstellen und die Daten entsprechend analysieren oder bei den Daten anfangen und sie auf eine nützliche Hypothese hin durchsieben?
    »Wonach ist Ihnen?«, fragte Fred und schob den

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