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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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hatten Sie in diesem Moment den Kopf voll mit anderen Dingen. Jedenfalls, auch wenn Sie Radeks Dienste nicht in Anspruch genommen hätten –«
    »Für umgerechnet einen lausigen Dollar in der Stunde«, stöhnte Radek an der Wand.
    »Dann wären Sie bestimmt in eines der drei Taxis gestiegen, die draußen standen. Die Fahrer heißen auch alle Radek und arbeiten für uns.«
    Martin entdeckte ein noch fehlendes Puzzleteilchen: Woher hatten sie gewusst, dass er nach Prag kommen würde? Offenbar hatte der Leiter der Prager CIA-Station mit seinem tschechischen Kollegen über Martin gesprochen. Und der Stationschef war Crystal Quest unterstellt. Womit Martin wieder bei der Frage angekommen war, die er vor einer halben Ewigkeit dem inzwischen verstorbenen Oskar Alexandrowitsch Kastner in der fensterlosen Kammer auf der President Street in Brooklyn gestellt hatte: Ich möchte wissen, warum die CIA nicht will, dass dieser spezielle verschwundene Ehegatte gefunden wird.
    »Ihr hiesiger Stationschef«, sagte der hagere Mann jetzt, »behauptet, Sie sind nicht mehr bei der CIA. Er sagt, Sie arbeiten als Privatdetektiv. Könnte sein, dass er die Wahrheit sagt, könnte aber auch sein, dass er damit nur jede Verbindung der CIA zu Ihnen verschleiern will, weil Sie in flagranti erwischt wurden. Also, Mr. Odum, raus mit der Sprache. Welche Waffensysteme wollten Sie im Vyšehrad-Bahnhof kaufen? Und vor allen Dingen: für wen?«
    »Susanna Slánská verkauft generische Arzneimittel.«
    »Die Frau, die Sie Susanna Slánská nennen, war niemals mit dem Arzt Pavel Slánsk verheiratet, der, wie Sie sicherlich wissen, in der kommunistischen Zeit als Staatsfeind zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war. Ihr richtiger Name ist Susanna Dsurova. Sie hat den Namen Slánská angenommen, als sie von Pavels Tod im Gefängnis erfuhr. Was den Handel mit Generika betrifft, so haben wir Grund zu der Annahme, dass sich dahinter eine der größten Waffenschiebereien in Europa verbirgt.« Aus einem der Karteikästen auf dem Schreibtisch holte er einen Bericht hervor, bog mit dem Daumennagel eine Heftklammer auf und entnahm das dritte Blatt. Er setzte sich eine randlose Lesebrille auf und zitierte aus dem Text: »… operiert in Verbindung mit Taletbek Rabbani in London, der behauptet, Prothesen zum Selbstkostenpreis an Dritte-Welt-Länder zu verkaufen …« Der hagere Mann blickte von dem Blatt auf.
    »Ihnen ist sicherlich nicht entgangen, dass Mr. Rabbanis Prothesenhandel in London und Susanna Slánskás Generika-Handel hier in Prag von ein und demselben Geldgeber finanziert werden, einem gewissen Samat Ugor-Shilow, der bis vor kurzem in einer jüdischen Siedlung im Westjordanland gelebt hat, wo er vor dem in Moskau tobenden Mafiabandenkrieg Zuflucht gesucht hatte.«
    Martins Beinmuskulatur schmerzte allmählich von der unentwegten Anstrengung, nicht vom Stuhl zu rutschen. Er kniff die Augen zusammen, um sein Gegenüber deutlich zu sehen. »Sowohl Mr. Rabbani als auch Susanna Slánská haben Samat Ugor-Shilow als Wohltäter bezeichnet –«
    Radek schnaubte verächtlich. »Schöner Wohltäter!«, rief er von der Wand aus.
    Der hagere Mann warf ihm einen finsteren Blick zu, als wollte er ihn daran erinnern, dass es eine Hackordnung gab und dass die jungen Vögel zwar zu sehen, aber nicht zu hören sein durften. Dann hielt er das Blatt Papier ins Licht und las einen längeren Abschnitt vor. »Sowohl Mr. Rabbani als auch Susanna Slánská handeln mit einem französischen Produkt, mit dem sich der Fehler korrigieren lässt, den das US-Pentagon zur Abwehr feindlicher Raketen in das GPS-Satellitensystem einbaut … mit sowjetischen Radareinheiten aus der Ukraine … ach ja, mit gepanzerten Mannschaftswagen von einer staatlichen Firma in Bulgarien namens Terem, die an Syrien verkauft werden, um irgendwann in den Irak geliefert zu werden … mit Motoren und Ersatzteilen aus bulgarischen Rüstungsfabriken für die Sowjetpanzer T-55 und T-72 … mit Munition, Sprengstoff, Raketen, Handbüchern für Raketentechnik aus Serbien … mit Düsenjägerersatzteilen und Raketentriebwerken aus einer Flugzeugfabrik im Osten Bosniens. Und hören Sie sich das an: Das Londoner Prothesenlager und der Prager Generika-Handel dienen als Clearingstellen für Aufträge an eine Munitionsfabrik in der bosnischen Stadt Vitez und für Bestellungen von Raketenlenksystemen, die in einem Forschungszentrum in Banja Luka hergestellt werden … Zahlungen für Artikel auf der

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