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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Bestandsliste erfolgten in bar oder in Diamanten.«
    Der hagere Mann schnippte mit dem Nagel seines Mittelfingers gegen das Blatt Papier. »Ich könnte fortfahren, aber wozu?«
    In einer seiner Legenden – in welcher, wusste Martin nicht mehr – hatte er auf der »Farm« einen Kurs belegt, in dem die Agenten lernten, wie sie sich in einem feindlichen Verhör zu verhalten hatten. Zu den besprochenen Methoden gehörte auch die, die verhörte Person mit eklatanten Lügen zu verwirren. In einer solchen Situation sollten sich die Agenten strikt an die Fakten halten, von denen sie wussten, dass sie der Wahrheit entsprachen, und nicht auf die Märchen des Vernehmers eingehen.
    Martin, dem vor Erschöpfung schon ganz schwindelig war, hörte sich selbst sagen: »Ich weiß absolut nichts von irgendwelchen Waffenverkäufen.«
    Der Vernehmer nahm seine Brille ab und massierte sich mit Daumen und Mittelfinger der linken Hand den Nasenrücken.
    »Wenn das so ist, was hat Sie dann nach London zum Lagerhaus von Taletbek Rabbani und zum Vyšehrad-Bahnhof in Prag geführt?«
    Martin wollte nichts lieber, als sich endlich wieder auf der Pritsche in seiner Zelle ausstrecken. »Ich bin auf der Suche nach Samat Ugor-Shilow«, sagte er.
    »Warum?«
    In abgehackten Sätzen räumte Martin ein, dass er einmal Mitarbeiter der CIA gewesen war, beteuerte aber, dass er nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst in Brooklyn eine Privatdetektei aufgemacht hatte. Er erklärte, dass Samat seine Frau in Israel sitzen gelassen hatte und welche Folgen das für sie hatte. Er erzählte, dass er Samat im Auftrag von dessen Schwägerin und Schwiegervater suchen und davon überzeugen sollte, sich von seiner strenggläubigen Frau scheiden zu lassen, damit diese irgendwann wieder heiraten konnte.
    »Ich habe keinerlei Interesse, Prothesen oder generische Präparate zu kaufen. Ich verfolge lediglich eine Spur, die mich hoffentlich zu Samat führt.«
    Der Vernehmer hörte sich Martins Erklärung mit einem dünnen Lächeln an. »Und was wollen Sie machen, wenn Sie ihn gefunden haben?«
    »Ich bringe Samat in die nächstbeste Stadt mit einer Synagoge und zwinge ihn, vor einem Rabbi zu erklären, dass er sich von seiner Frau scheiden lassen will. Und danach kehre ich nach Brooklyn zurück und langweile mich den Rest meines Lebens zu Tode.«
    Der Vernehmer ließ sich Martins Geschichte durch den Kopf gehen. »Mir ist durchaus bekannt, dass Tarngeschichten von Agenten mitunter auch nach dem Motto ›je grotesker desto glaubwürdiger‹ zusammengeschustert werden, aber Sie treiben es eindeutig zu weit.«
    Er kramte in den Papieren auf dem Schreibtisch und zog einen weiteren Bericht hervor. »Wir beobachten seit Wochen, wer alles im Vyšehrad-Bahnhof ein und aus geht«, fuhr er fort. »Wir konnten in den oberen Büros sogar ein Abhörgerät installieren. Hier habe ich die Abschrift eines Gesprächs, das wir erst kürzlich aufgenommen haben. Vielleicht kommt es Ihnen bekannt vor. Ein Mann sagte: Ich muss Ihnen etwas gestehen. Ich bin nicht hier, um günstige Medikamente zu kaufen. Ich bin hier, um mehr über ein Projekt von Samat herauszufinden: den Tausch der Gebeine des litauischen Heiligen gegen jüdische Thorarollen. «Der Vernehmer hob die Augen von der Seite und blickte seinen Gefangenen direkt an. »Seltsam, dass Sie die Scheidung, von der Sie sprachen, mit keinem Wort erwähnen. Gebeine des litauischen Heiligen, jüdische Thorarollen – ich vermute, das sind Codenamen für Waffensysteme aus Litauen und Israel. Eines sage ich Ihnen, Mr. Odum: Ganz abgesehen davon, dass es illegal ist, Waffen und Waffensysteme zu verkaufen – was uns an Mrs. Slánská besonders fasziniert, ist ihr Motiv. Sie hat das nicht wegen des Geldes gemacht, Mr. Odum. Sie ist eine Idealistin.«
    »Wenn ich mich nicht täusche, ist Idealismus kein Verbrechen, nicht einmal in der Tschechischen Republik.«
    »Der amerikanische Schriftsteller Mencken hat einen Idealisten mal als einen Menschen definiert, der, wenn ihm auffällt, dass eine Rose besser riecht als ein Kohlkopf, zu dem Schluss kommt, dass sie auch eine schmackhaftere Suppe ergeben würde. Nun, Mrs. Slánskás Idealismus ist ebenso eigenartig wie der von Mencken – sie ist eine unbelehrbare Marxistin und kämpft für die Rückkehr des Kommunismus. Sie möchte die Uhr zurückdrehen, und angeblich finanziert sie mit den beträchtlichen Erlösen aus ihren Waffengeschäften eine Splittergruppe, die hier in der Tschechischen Republik

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