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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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während Radek eine Schlinge knüpfte, die er der Frau um den Hals legte und stramm zog. Dann sprang er von der Pritsche und stieß sie mit dem Fuß um, und die drei Männer traten zurück und sahen zu, wie Susannas Körper sich langsam an der Schnur drehte. Radek wurde ungeduldig und gab mit einem Finger ein Zeichen – einer der beiden Gorillas umfasste Susanna an den Hüften und zog sie mit seinem Gewicht nach unten, um die Exekution zu beschleunigen. Radek schnalzte mit der Zunge und schüttelte in gespieltem Bedauern den Kopf. »Das konnten wir ja nun wirklich nicht ahnen, dass du selbstmordgefährdet bist«, sagte er zu der Frau, die da in der Mitte des Raumes erstickte.
     
    Crystal Quests Gesichtszüge verfinsterten sich, als sie sich eine schmale Brille aufsetzte und den vertraulichen Bericht der Prager CIA-Station las, den ihr Referatsleiter ihr auf den Schreibtisch gelegt hatte. Die beiden anderen Mitarbeiter im Raum, die sie über die kürzlich in Bosnien entdeckten Massengräber gebrieft hatten, wechselten einen Blick. Sie kannten ihre Chefin gut genug, um zu wissen, wann sich bei ihr ein Stimmungsumschwung anbahnte. Quest blickte langsam von dem Bericht auf. Diesmal hatte es ihr anscheinend die Sprache verschlagen.
    »Wann ist das gekommen?«, fragte sie schließlich.
    »Vor zehn Minuten«, erwiderte der Referatsleiter. »Da ich weiß, wie wichtig Ihnen die Sache ist, dachte ich, ich bring ihn besser persönlich vorbei.«
    »Wo wurde der Skoda gefunden?«
    »In einer kleinen Straße nicht weit von der Prager Burg.«
    »Wann?«
    »Vor zwölf Stunden, anderthalb Tage nachdem die Tschechen ihn vom Kai haben losfahren sehen.«
    Die beiden anderen Mitarbeiter lehnten sich zurück und umklammerten die Armlehnen, um sich gegen das Donnerwetter zu wappnen, das sie jeden Augenblick erwarteten. Doch zu ihrer großen Verblüffung machte sich auf Quests knallroten Lippen ein merkwürdiges Grinsen breit.
    »Ich liebe diesen Mistkerl«, flüsterte sie heiser. »Wo hat man die Patronen gefunden?«
    Auch der Referatsleiter musste unwillkürlich schmunzeln. »Auf dem Fahrersitz«, sagte er. »Sechs Stück, 9-Millimeter-Parabellum, schön säuberlich in einer Reihe. Die Pistole wurde nicht gefunden.«
    Quest schlug mit der flachen Hand klatschend auf den Bericht. In den Ohren der beiden Mitarbeiter vor dem Schreibtisch klang es wie Applaus. »Natürlich haben sie die Pistole nicht gefunden. Die hat er sicher in der Moldau versenkt. Mensch, er ist gut, verdammt gut.«
    »Kein Wunder«, sagte der Referatsleiter. »Sie haben ihn schließlich ausgebildet.«
    Quest wackelte zufrieden mit dem Kopf. »Ja, das hab ich, und wie. Ich hab ihn ausgebildet und betreut und wieder aufgepäppelt, wenn er schlapp machte, und weiter betreut. Es ist einige Legenden her, da haben wir Martin als Dante Pippen eingesetzt. Ich weiß noch, wie er einmal von einer Operation zurückkam, und zwar bei der sizilianischen Mafiafamilie, die angeboten hatte, Sidewinders-Raketen an die Extremisten der Sinn Féin in Irland zu verkaufen. Wir haben uns vor Lachen nicht mehr eingekriegt, als er erzählte, dass die Sizilianer Pistolen herumliegen ließen, und jeder sich eine schnappen und damit herumballern konnte. Die Sache hatte nur einen Haken: Die Knarren waren nämlich mit Dummypatronen geladen. Die Dinger sind nicht so schwer wie richtige Patronen, was man aber nur merkt, wenn man sie in der Hand wiegt. Dante –«, Quest fing an zu kichern und hielt die Luft an, um sich zu bremsen, »Dante hat vorgeschlagen, dass wir hier in Langley Pistolen mit Dummypatronen rumliegen lassen. Er meinte das nur halb im Scherz. Er hat gesagt, so wüssten wir im Handumdrehen, welchen Agenten man vertrauen könnte und welchen nicht.«
    »Wenn er in Prag untergetaucht ist, finden sie ihn vielleicht noch«, warf der Referatsleiter ein.
    »Dante ist nicht mehr in der Tschechischen Republik«, sagte Quest trocken. »Über die alberne kleine Grenze da zu kommen ist für ihn ein Kinderspiel.«
    »Wir finden ihn«, versprach der Referatsleiter.
    Aber Quest, deren Kopf noch immer vergnügt auf und ab hüpfte, verfolgte schon ihre eigenen Gedanken. »Ich liebe den Kerl. Ich liebe ihn wirklich. Was für eine gottverdammte Verschwendung, dass wir ihn töten müssen!«
     
    »Ich muss was los werden«, sagte Stella und machte dem Smalltalk ein abruptes Ende. »Ich hatte noch nie eine erotische Telefonbeziehung.«
    »Ich wusste gar nicht, dass wir eine erotische Telefonbeziehung

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