Die kalte Nacht des Hasses
gemacht haben?«
Er grinste ungerührt, was mich nervte. »Detective Lieutenant Mario Ortega, demnächst zweiundzwanzig Jahre hier im Miami-Dade.«
Verdammt, er hatte auch noch den höheren Rang. »Detective Claire Morgan, Canton County Sheriff’s Department.«
»Vorher waren Sie beim LAPD , oder? Und ziemlich hochdekoriert, habe ich mir sagen lassen.«
»Das ist doch nur geraten.«
»Ich hab Sie überprüft.«
Ich wollte gar nicht wissen, was er noch herausbekommen hatte. Nichts Gutes, das war klar. »Okay, ich finde, jetzt wissen wir genug voneinander. Ich wüsste gern, wieso Sie hinter den Sanddünen auf der Lauer gelegen haben und es nötig fanden, mich umzunieten wie ein Verteidiger der Miami Dolphins.«
Mario tupfte mit dem Desinfektionsmittel auf meine offene Wunde und wartete, dass ich aufschrie. Es brannte höllisch, aber ich presste die Lippen aufeinander und ertrug es wie eine hartgesottene Süße. Vermutlich enttäuscht darüber, dass ich mit Schmerz einigermaßen gut umgehen konnte, sagte er: »Ich war Vasquez auf der Spur. Wir haben den Tipp bekommen, dass er Opfer eines Auftragsmordes werden soll.«
»Sie wollen mir erzählen, diese Killer-Geschichte, mit der Sie mir gekommen sind, stimmt?«
Ortega nickte. »Es soll noch diese Woche passieren. Das haben wir aus einer ziemlich zuverlässigen Quelle, aber wir wollen nicht, dass es so weit kommt.«
»Warum nur fürchte ich mich, nach dem Warum zu fragen?«
»Weil Vasquez undercover für uns tätig ist, müssen wir ihn beschützen, bis das durch ist. Das Gerücht könnte bedeuten, dass er entlarvt wurde. Das versuchen wir rauszukriegen.«
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, und sah zu, wie er gewissenhaft mit Fingern in der Größe von Hotdog-Würstchen das Schutzpapier von einem Pflaster abzog. »Also, Ortega, ich erzähle Ihnen das nur ungern, aber Vasquez ist der Hauptverdächtige in meinem Mordfall. Deswegen bin ich hier – um mit ihm zu sprechen und sein Alibi zu überprüfen.«
»Bedrohen Sie Ihre Verdächtigen immer mit einer Waffe, wenn Sie sie vernehmen?«
»Natürlich, wenn sie hinter einem Vorhang hervorspringen und mir ins Gesicht schlagen. Sie nicht?«
Ein langsames, breites, weißes Grinsen. »Okay, das ist nachvollziehbar. Warum hat er sich auf Sie gestürzt?«
»Das sollten Sie ihn vielleicht selbst fragen. Er ist doch Ihr Informant.«
»An der Sache ist noch mehr dran.«
»Na dann los.«
»Carlos Vasquez hat mit den Leuten zu tun, die das organisierte Verbrechen hier in der Hand halten. Die Familie Rangos, schon mal von denen gehört?«
»Toll. Und: Nein, ich habe nicht von denen gehört. Sollte ich?«
»Die Rangos halten Carlos für ein kleines Licht, aber sie lassen ihn in seinem Fitnessstudio Ocean Club ein bisschen Geld für sie waschen.«
»Er dealt mit Drogen, schätze ich.«
Ortega nickte, ließ sich dann auf einen Stuhl nieder und drehte ihn in meine Richtung. »So haben wir ihn dazu bewegt, mit uns zu kooperieren.«
»Was ist mit seiner Freundin, Hilde Swensen? Hat sie mit diesem Mist zu tun?«
»Nein. Er versucht sie zu finden. Er sagt, er kann sie nicht erreichen, das würde ihn wahnsinnig machen.«
»Er kann sie nicht erreichen, weil sie tot ist. Jemand hat sie ermordet und verstümmelt. Hat ihre Lippen abgeschnitten und sie dann erwürgt.«
Ortega richtete sich gerade auf und betrachtete mich mit gerunzelter Stirn. »Haben Sie gesagt, der Täter hätte ihr die Lippen abgeschnitten?«
»Allerdings. Mit einer Nagelschere, und dann hat er ihr den ganzen Krimskrams angezogen, den sie bei einem Schönheitswettbewerb gewonnen hat. Haben Sie was Ähnliches?«
»Ein Fall von vor ein paar Jahren erinnert mich daran.«
Ich horchte auf. »Dieselbe Sache mit dem Mund?«
»Ja.«
»Wann?«
»Zwei oder drei Jahre her. Wir haben die Leiche drüben in den Everglades gefunden. Ein Teil des Gesichts war weggebissen.«
»Weggebissen?«
»Das vermutete jedenfalls die Leichenbeschauerin. Die Alligatoren haben ihn vor uns gefunden, also hatte sie nicht viel, womit sie arbeiten konnte. Und raten Sie mal, wer es war. Einer von José Rangos’ Neffen. Ein junger Kerl, erst vor Kurzem aus Mexiko gekommen. Hieß Esteban Rangos. Sie ließen sich die Leiche überstellen, haben eine private Trauerfeier abgehalten und nicht im Geringsten mit uns kooperiert, genau genommen schien es ihnen sogar ziemlich egal zu sein, ob wir den Täter fanden oder nicht, also ist die Sache kalt geworden.«
»Damit sie den Typen
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